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NO-MAN

Housekeeping ­– The OLI Years 1990-1994

Auch wenn sich die Geister zusehends an den letzten Soloplatten des britischen Multi-Instrumentalisten Steven Wilson scheiden mögen, der dafür seine Progressive-Rock-Band PORCUPINE TREE nach langjähriger Pause reanimierte, schätze ich den Mann weiterhin für seine Professionalität in technischer Hinsicht und ausgeprägte künstlerische Vision, die immer authentisch wirkt, ob man ihr nun folgen mag oder nicht. Neben den 1987 gegründeten PORCUPINE TREE gehört zu Wilsons langlebigsten Projekten seine zeitgleich gestartete Zusammenarbeit mit Tim Bowness unter dem Namen NO-MAN (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Band des MISSION OF BURMA-Frontmanns Roger Miller). Mit dem Progrock von PORCUPINE TREE haben NO-MAN aber überhaupt nichts zu tun. Bei NO-MAN hält sich Wilson im Hintergrund und überlässt das Mikro Bowness, der oft wie ein schüchterner, weniger exzentrischer Marc Almond oder Andy Bell klingt. Musikalisch hat man es bei NO-MAN mit einem sehr vielschichtigen Art- oder Dreampop zu tun, in dem sich Elemente von Techno, Ambient, Jazz, Folk und Neo-Klassik wiederfinden lassen und der oft eine meditative Stimmung aufweist. Die ersten beiden Alben „Loveblows & Lovecries“ (1993) und „Flowermouth“ (1994) sowie die Single-Compilation „Lovesighs“ (1991) erschienen noch bei One Little Indian (inzwischen One Little Independent) und wurden jetzt neu gemastert in einem überformatigen, fast LP-großen Digibook mit reich bebildertem Booklet wiederveröffentlicht, auf zwei zusätzlichen Discs gibt es weitere Singles, Outtakes, alternative Versionen und Radio-Aufnahmen. Interessant an der Frühzeit von NO-MAN ist, dass sich die Band 1992 mit den Ex-JAPAN-Mitgliedern Steve Jansen, Richard Barbieri und Mick Karn die Bühne teilte – Barbieri war ab 1993 dann PORCUPINE TREE-Keyboarder. Jansen, Barbieri und Karn waren auch Gastmusiker auf „Loveblows & Lovecries“ und sind auch bei einigen Radio-Sessions als Begleitband vertreten, während auf „Flowermouth“ (eine ihrer gelungensten Platten) sehr prominent das Gitarrespiel von Robert Fripp zu hören ist. Gut dreißig Jahre später erweist sich das Frühwerk von NO-MAN als smarte wie zeitlose, vor allem elektronisch gefärbte und geschmackvolle Popmusik, der diese edel aufgemachte Veröffentlichung absolut gerecht wird.