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VOIVOD

Synchro Anarchy

VOIVOD im Ox. Dritter Auftritt von Drummer Away im Interview in den letzten acht Jahren. Das ist ein beachtlicher Schnitt für eine „reine“ Metal-Band. Zum Verständnis lohnt ein genauerer Blick insbesondere auf eben Away, der eine sehr lange Proto-Metal- und Punk-Geschichte hat und nicht umsonst immer wieder in T-Shirts alter (Peace-)Punkbands abgelichtet wird und vor deren unrühmlichen Abgang bei TAU CROSS trommelte. Er ist seit vierzig Jahren die Konstante bei VOIVOD, gefolgt von Sänger Snake, der live immer etwas an einen lässigen Tanzbären erinnert, während er seine Weltraumgeschichten, die VOIVOD seit Jahren den inhaltlichen Hintergrund liefern, in sehr eigenem melodiösen Sprechgesang vorträgt. Gitarrist Chewy beerbte 2008 den tragischerweise an Krebs verstorbenen Piggy, der den Stand-Alone-Sound von VOIVOD mit seinen Tritonus-Zaubereien unverwechselbar machte. Und Chewy hat das eigentlich Unmögliche geschafft, nämlich keinen Millimeter von dessen Harmonien und dem komplexen Songwriting abzuweichen, die jetzt er verschmitzt grinsend auf der Bühne locker aus dem Handgelenk schüttelt. Auch schon seit 2014 ist der „Neue“, Bassist Rocky, dabei, der von einer Bluesband kommt und Groove in die Band gebracht hat. Die Musik von VOIVOD bringt nun das Problem mit sich, dass man den typischen Sound, der mittlerweile mit VEKTOR oder den Deutschen KHTHONIIK CERVIIKS mehr oder weniger originelle Nachahmer fand, kaum in Worte fassen kann. Den progressiven Thrash der ersten Jahren haben VOIVOD längst hinter sich gelassen, hatten je nach Mitwirkenden eine melodiöse und knallharte Phase und haben in der aktuellen Besetzung mit „The Wake“ von 2018 und nun „Synchro Anarchy“ alles zu einem schlüssigen und ganz einfach fantastischem Ganzen verwoben, das Drummer Away passend „Fusion-Metal“ nennt. Die dissonant wirkenden Tritonus-Melodien, nicht umsonst auch Teufels-Intervall genannt, dominieren die Musik, die auf einem soliden Schlagzeug-Fundament steht, das Away mit stoischer Gelassenheit und und ohne Egoprobleme entwickelt. Der Gesang klingt nach all den Jahren unverbraucht, frisch und vertraut. Business as usual auf hohem Niveau also? Nein. Der Lockdown in Kanada hat dem Quartett Zeit gegeben, seine Ideen im Detail auszuarbeiten, was insbesondere der Saitenfraktion zugute gekommen ist, die hier verworrene, aber seltsam passende Rhythmen und Brüche zaubert, die trotzdem immer wieder durch ihre Eingängigkeit beeindrucken. Dazu hat das Album einen perfekt austarierten organischen Sound, in dem dieses Gitarre-Bass-Gegen- und Miteinander hervorragend zur Geltung kommt. Zur Abrundung des Gesamtkunstwerks kommt dazu das von Away gestaltete SciFi-Cover in düsterer Schwarzweiß-Optik. „Synchro Anarchy“ hat das Potenzial zum Klassiker.