Joey Ramone Nachruf

Fast dreißig Jahre Punkrock hat er unbeschadet überlebt, geprägt und das ganze Phänomen, wenn man so will, miterfunden, jetzt heißt es seinen Tod zu verkünden. Joey Ramone, Sänger der Punkrock-Originatoren THE RAMONES ist am Ostersonntag im Alter von 49 Jahren seinem Krebsleiden erlegen und hinterläßt eine fassungslose Anhängerschaft, die nicht nur einen großartigen Entertainer und Charakterkopf verloren hat, sondern eine der ganz großen Ikonen sowohl des Punk, als auch einer alternativen, nicht dem kommerziellen Erfolg versklavten Rockszene allgemein.

1974 im New Yorker Bezirk Queens gegründet, dürfen die RAMONES wohl als die Urväter des melodischen und eingängigen Punkrock gelten, wie er auch heute noch von regelrechten Heerscharen vornehmlich kalifornischer Bands wie GREEN DAY oder NOFX gespielt wird. Zwei, drei Akkorde, ein fast immer gleichförmiges Tempo und die sarkastischen Texte, vorgetragen von Joey Ramones unnachahmlich nöliger Stimme, reichten für die selten länger als zweieinhalb Minuten dauernden Songs, die Bassist Dee Dee Ramone live wie ein Drillsergeant anzuzählen pflegte und die ganzen Generationen geistesverwandter MusikerInnen als Blaupause dienten.

Schon nach dem Erscheinen ihres Debut-Albums 1976 und den gleich darauf folgenden Konzerten in London zeigte sich der enorme Einfluss, den die RAMONES auf eine damals bestenfalls im Entstehen begriffene Subkultur nehmen sollten. "Überall wo wir hinkamen, trafen wir Kids, die uns erzählten, dass sie noch in der selben Woche eine Band gründen wollten", sagte Gitarrist Johnny Ramone einmal. "Einige wurden dann zu THE DAMNED oder THE CLASH." Punk war geboren, was folgte war ein Kommen und Gehen von Stilrichtungen und Bands, eine Abfolge von Trends und Gegentrends, in der die RAMONES standen, wie ein sonnenbebrillter Coolness-Fels in der Brandung des Hypes. Waren sie doch in der seltenen Position, ihr Songwriting in maximal mikroskopischen Schritten weiterentwickeln zu müssen, ja, zu dürfen, denn die Fans wußten genau, was sie wollten, und wie bei ähnlich linientreuen Bands wie MOTÖRHEAD, AC/DC oder BAD RELIGION, bekamen sie es bis zur Auflösung im Jahre 1996 auch. Immer irgendwie gleich und doch immer hervorragend dargebracht.

Zu diesem Nimbus des Archetypischen, Unwandelbaren passte die cartooneske Erscheinung der Musiker, die alle den Nachnamen Ramone angenommen hatten und mit ihren schwarzen Lederjacken und Sonnenbrillen unter ebenso schwarzen Haarschöpfen wirkten, wie die Men In Black der Fanzine- und Skateboard-Kultur. Ein Ramone, so mochte man denken, existiert jenseits von Dingen wie Krankheit und Sterben. Das dem natürlich nicht so ist, nimmt dem Tod Joey Ramones bei aller Trauer und Wehmut nicht den irgendwie unrealistischen Beigeschmack des tragischen Endes einer Comic-Story. Zu sagen : "Joey Ramone ist tot", ist als würde man verkünden, Spiderman sei gestorben oder Lieutnant Uhura aus Star Trek. Und diese Vorstellung hätte ihm bestimmt gefallen.

Was bleibt ist die Erinnerung an einen der sympathischsten Protagonisten der Musikszene, eine Reihe unvergesslicher von ihm geprägter Bubblegum-Punk-Hits und Konzerte, die wohl kaum jemand einmal enttäuscht verlassen haben dürfte. In dem Sinne : Gabba Gabba Hey.