SWORD

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Heavy Metal!

Die Überschrift mag die Ox-Leserschaft eher weniger ansprechen und passt kaum zu der Maxime der Zeitschrift, die da wäre: „Punk, Hardcore, Rock’n’Roll“. Aber sie repräsentiert perfekt eine Band aus Arizona, Texas namens THE SWORD. Eine Band, die wesentlich älter klingt, als ihre Mitglieder eigentlich sind. 2003 gegründet, haben Mastermind, Sänger und Gitarrist J.D. Cronise und seine drei Mitstreiter problemlos große Bekanntheit erlangt. Hauptsächlich wegen des Videospiels „Guitar Hero“, in dem ihr Song „Freya“ vom Debütalbum „Age Of Winters“ nachgespielt werden kann. Das brachte der bis dato unbekannten Band einen hohen Popularitätsschub, der momentan auf seinem Höhepunkt ist. Denn einer der größten Fans der Band, der kleine Lars Ulrich von den riesigen METALLICA, hat den vier Mittzwanzigern ein Angebot gemacht, das sie unmöglich ablehnen konnten: Die „World Magnetic“-Welttournee zusammen mit MACHINE HEAD zu begleiten.

Das erscheint ungewöhnlich, da die Texaner eher dem „klassischen“ Heavy Metal zugeschrieben werden, so wie ihn ihre Vorbilder LED ZEPPELIN und BLACK SABBATH zelebrierten. Bei der Band bedeutet das konkret: ein hartes Gemisch aus Doom, Stoner und Thrash mit angenehmem Oldschool-Feeling im Riffing und im mächtigen Retrosound der beiden Alben, die passend zur Tour noch einmal als Boxset neu veröffentlicht wurden. Die Band ist also nicht nur musikalisch „Heavy Metal“, sondern auch optisch, thematisch, sowie in Sachen Attitüde und Musikgeschmack. Dabei ebenso sympathisch wie bodenständig, was Bolle Selke von Hellfire Radio und Arndt Aldenhoven im Interview mit J. D. Cronise und Gitarrist Kyle Shutt feststellten, ein paar Stunden vor ihrem Auftritt Mitte Mai in der protzigen Kölner Arena.

Eine Tour dieser Größenordnung ist kräftezehrend, die Tourmüdigkeit in den Gesichtern der Musiker deutlich zu erkennen. Daher sind beide auch nicht allzu traurig, dass diese Show die letzte der fast ein Jahr andauernden Tournee darstellt. Sänger J.D. geht sogar einen Schritt weiter und behauptet, dies sei „Die letzte Show. Für immer!“. Das ist ironisch gemeint. Aber erleichtert darüber, dass MASTODON danach ihren Platz auf der Tour einnehmen werden, ist er allemal. Beide Bands sind sehr eigen in Sachen Sound und meilenweit davon entfernt, sich bei dem nach Moshparts verlangenden Publikum anzubiedern. Da verwundert es, wie THE SWORD musikalisch zu MACHINE HEAD und dem Metal-Monolithen METALLICA passt. Zu zwei Bay Area-Bands, die seit Jahrzehnten Platten veröffentlichen und, glaubwürdig oder nicht, sich wieder das Etikett „Thrash Metal“ angeheftet haben. Und die auch im reifen Alter stets darauf bedacht sind, die „Kids“ zu ihren Shows zu locken, und dafür mit musikalischen Formeln jonglieren, die im Gitarrenbereich momentan angesagt sind. Da fragt man sich, ob eine gegen moderne Einflüsse resistente Band wie THE SWORD von den „Kids“ nicht mit matschigen Tomaten, faulen Eiern, rostigen Mistgabeln und Fackeln begrüßt wird. Aber J.D. hat keine sichtbaren Einstichwunden, Verbrennungen, Lebensmittel- oder Blutvergiftungen. Denn seine Band habe „genauso viel mit dem Headliner gemeinsam wie MACHINE HEAD. Wir thrashen wesentlich härter als irgendeine andere Doom-Metal-Band“.

Wenn man sich den Auftritt der vier anguckt, dann hat der schüchtern wirkende Mann nicht gelogen. „Wenn man auf ein METALLICA-Konzert geht, dann will man eine arschtretende Heavy-Metal-Band mit großartigen Riffs und schneidenden Soli sehen“ und das bieten J.D. und seine Mitstreiter den Fans. Auch wenn die Musiker backstage ruhig und gelassen wirken, so wenden sich ihre Gemütszustände ins Gegenteil, wenn sie die Bühne betreten. Das Publikum scheint es gutzuheißen, obgleich wenige mit der Band und ihren musikalischen Vorbildern vertraut sein mögen. Das wird sich aber in den kommenden Monaten wohl ändern. Derzeit ist ein Retrotrend zu beobachten, der Rockbands wie THE ANSWER, BLACK STONE CHERRY, PARLOR MOB oder, der Bruder im Geiste, WITCHCRAFT mit Erfolg verwöhnt. Dabei spielen sie Musik, die schon in der Zeit ihrer Eltern hip war.

Diese Bewegung konnte J.D. noch nicht komplett nachvollziehen, da er sich „all diese Bands mal anhören“ will, bis jetzt aber „noch nicht dazu gekommen“ sei. Zwar ist er anachronistisch veranlagt, aber nicht so offensichtlich wie die eben genannten Interpreten. Denn er „mag zwar Bands wie WITCHCRAFT. Aber auf Dauer sind sie zu sehr in der Vergangenheit verwurzelt“, und sie versuchen „nicht wirklich, diesen alten Sound auf eine andere Ebene zu bringen“, auch wenn sie handwerklich gut sein mögen. Cronise sieht sich auch nicht in der Position, „in der wir so tun, als sei es 1972. Unsere Musik ist progressiver und schaut nach vorne“. Bei vielen Bands wirke es so, „als würden sie ein und dasselbe Album zehnmal hintereinander aufnehmen“, bemängelt der Frontmann. Wenn man erst einmal herausgefunden habe, „was funktioniert und was nicht“, bleibt man bei diesem Masterplan, „denn das verkauft Alben und ist der bequemere Weg“.

Zumindest musikalisch hat THE SWORD diesen leichten Pfad nicht eingeschlagen, auch wenn die Band momentan vom Erfolg verwöhnt wird. Kyle hat dafür eine einfache Erklärung: „Wir waren alle vorher in anderen Bands aktiv, haben die typischen Fehler gemacht und unsere Lektionen gelernt. Nun wissen wir alle genau, was wir zu tun haben und was nicht und sind hundertprozentig bei der Sache.“ Ein einfaches Konzept, das Erfolg verspricht, auch wenn Glück dabei eine nicht unwichtige Rolle spielt. So merkt Kyle an, dass es darum gehe, „das Bestmögliche aus diesen Chancen, die man bekommt, herauszuholen. Das macht den Unterschied aus.“

Die konzeptuelle Inspiration hat hingegen andere Einflüsse. Sie komme „von der DIO-Schule, ‚Holy Diver‘ und so was“. Aktuelle thematische Bezüge in Lyrics und Artwork oder Metal-Standards und Phrasendrescherei sucht man auf „Age Of Winters“ oder „Gods Of The Earth“ vergebens. Sowohl Artwork wie auch Texte auf den Veröffentlichungen sind geprägt von Fantasy und Mystik. J.D. hat halt einfach keine richtige Lust darauf, „eine dieser Heavy-Metal-Bands“ zu sein, „die die ganze Zeit erzählt, wie angepisst oder deprimiert sie ist. Oder, dass sie jeden in den Arsch tritt.“ THE SWORD sind eben die andere Art von Band, denn „das macht einfach mehr Spaß“. Und ist außerdem mehr Heavy Metal.