PACO

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08/14 statt 08/15

PACO aus Hastenrath, irgendwo im Niemandsland zwischen Aachen und niederländischer Grenze gelegen, haben mit „08/14“ eines meiner Lieblingsalben in der Kategorie „Deutschsprachiger Punk 2018“ veröffentlicht. Auch live sind sie eine Wucht. Wir sprechen mit der Band unter anderem über Punkrock fernab alternativer Strukturen und musikalische Grenzen. Vorneweg das aktuelle Line-up: Torsten (gt, voc), Walter (bs, voc) und Josch (dr, voc).

Seit wann gibt es PACO? Gab es schon Umbesetzungen? Und ist es schwierig, in eurer Gegend neue Mitglieder zu finden?

Walter:
Torsten und ich wollten schon lange eine Band gründen, 2013 war es soweit, damals mit Florian am Schlagzeug legten wir los. Vorgängerbands gab es so gesehen keine.

Torsten: Josch ist seit 2017 dabei – so viel zum Thema Umbesetzungen. Flo wollte und konnte nicht mehr trommeln, und deswegen waren wir eine Zeit lang zu zweit oder auch gar nicht im Proberaum. Da musste erst ein Fußballturnier für Amateure in Hastenrath stattfinden. Josch brauchte einen Torwart und ich einen Trommler. Als Vorgängerband ist bei mir HANS A. zu erwähnen. Ich würde das als Schlagerpunk bezeichnen.

Josch: Torstens Ablöse aus seinem eigentlichen Team war zwar hoch, aber dennoch bezahlbar – im Gegenzug habe ich mich dann verpflichtet, bei PACO einzusteigen. Und da alles passt und ich mit Torsten und Walter gut klarkomme, bin ich immer noch hier. Und ich denke, es ist leicht, in unserer Gegend einen Musiker zu finden – aber jemanden, der menschlich und musikalisch passt, das ist nicht so einfach.

Was bedeutet euer Name – und warum habt ihr ihn gewählt?

Walter:
Unsere ursprüngliche Idee war, eine „Paco de Lucia-Tribute-Revival-Band“ zu gründen. Wir sind aber sehr schnell an unsere musikalischen Grenzen gestoßen. Darum entschieden wir uns, dann doch Punkrock zu machen, PACO als Name behielten wir aber bei.

Torsten: ... und wegen der Droge. Klischees bedienen und so. Abfallprodukt und so weiter.

Welche musikalischen Einflüsse habt ihr?

Torsten:
Deutschpunk aus älteren Generationen, also DRITTE WAHL, Lindenberg, SLIME, SCHLEIM-KEIM und die anderen üblichen Verdächtigen. Aber eher das von „früher“. Heute sind es eher kleine, unbekannte Kapellen ohne Ambitionen. Da kann man schon mal Akkordfolgen stehlen, ohne dass es jemand merkt.

Walter: PET SHOP BOYS.

Nach zwei digitalen Alben habt ihr mit „08/14“ eure erste CD veröffentlicht. Warum erst jetzt?

Walter:
Wir hatten vorher schon mal eine CD in Kleinserie gepresst, eine Promo-CD mit neun Titeln drauf. Natürlich DIY.

Torsten: Also ich vermute, es lag an massiver Faulheit und Unvermögen. Aber seit unserem „Neustart“ mit Josch haben wir noch mal das Verlangen gespürt, die neuen Songs aufzunehmen und auch physisch in der Hand zu halten. Die Promo-CD, die Walter angesprochen hat, haben wir schnell aufgenommen, um was zum Zeigen zu haben. Die neue Platte hingegen haben wir für uns gemacht und deshalb mehr Zeit investiert. Ich höre die Songs selber manchmal gerne.

Und was bedeutet der Titel „08/14“?

Josch:
Die Platte heißt „08/14“, weil wir nicht 08/15 sind! Mit dem Namen wollten wir uns von den bekannten 08/15-Punkbands distanzieren. Klingt logisch oder? Also eigentlich ist uns nichts Besseres eingefallen!

Ihr habt euch kontinuierlich weiterentwickelt, vom klassischen Deutschpunk zu einem eigenen Sound.

Walter:
Eigentlich spielen wir wie am Anfang: Drei Instrumente und Gesang, keine Soli und bei den Aufnahmen werden keine Overdubs gemacht. Vielleicht hören sich die neueren Aufnahmen nur etwas besser an, liegt wahrscheinlich am Equipment. Wir machen alles DIY und für die „08/14“-CD haben wir uns wie schon gesagt ziemlich viel Zeit gelassen.

Torsten: Ich weiß zwar nicht, was Overdubs sind – aber vielleicht liegt es auch einfach am Üben ...

Verarbeitet ihr in euren Texten wie in „Egotherapie“ über Psychotherapien eigene Erfahrungen?

Torsten:
Es sind keine eigenen Erfahrungen, aber wir haben hier Erlebnisse von engen Bekannten als Inspiration genutzt. Und mittlerweile kommt es mir so vor, als wären es meine eigenen ...

„Alte Punks sterben nie“ – geht es in dem Song um andere? Oder beschreibt er euch selbst?

Josch:
Also ich als Jüngster in der Band enthalte mich bei der Frage. Aber wir können Torsten mal fragen – der ist schon alt.

Torsten:[/b] Danke. Der Song richtet sich sowohl an andere, aber er beschreibt auch uns. Die richtigen Zuhörer werden sich schon angesprochen fühlen und sich wiedererkennen. Falls denn einer von den „musikalischen Einflüssen“ dieses Lied hört.

Euer Song „Vom Hund und Baum“ erinnert mich an FEHLFARBEN. Liege ich damit falsch?

Walter:
FEHLFARBEN habe ich irgendwie nicht auf dem Radar.

Torsten: Kann sein. Deswegen stehlen wir die Akkorde lieber bei unbekannten Bands.

Euer Song „Halt doch das Maul“ ist unter anderem eine Aneinanderreihung von Standardphrasen von Menschen, die angeblich nicht rechts sind, aber trotzdem so denken. Beruht der Text auch auf Erfahrungen aus eurem eigenen Umfeld?

Torsten:
Dieser Alltagsrassismus trifft einen beinahe täglich. An den letzten Wahlergebnissen kann man ja auch sehen, dass das weiter verbreitet ist, als man dachte. Ich erlebe es oft, dass auch „normale“ Leute – also keine bekennenden AfD-Wähler – eine im Song erwähnte Floskel verwendet. „Die da!“ sind ja meistens alles Schuld. Stereotypen bestimmen immer mehr unseren Alltag, damit spielt man den Rechten leider in die Karten.

Josch: Es reicht ja, wenn man in der Kneipe die Dorfjugend beim Biertrinken beobachtet. Da wird nicht viel über das nachgedacht, was gesagt wird. „Ich hab ja generell nichts gegen die, aber ...“ oder „Die Merkel lässt doch jeden rein“ sind meistens die harmloseren Sachen. Wenn man dann mal eine Diskussion starten will, führt das aber meistens zu nichts. Dann bleibt einem nichts übrig als „Halt doch das Maul“ zu sagen.

Torsten: „Halt doch das Maul“ kann man auch mit „Denk doch mal nach, bevor du etwas sagst“ übersetzt werden.

Wie sind bisher die Reaktionen auf „08/14“?

Torsten:
Also ich denke, einige Liveauftritte haben wir den neuen Aufnahmen schon zu verdanken. Kritik gab es auch schon. Das versuchen wir professionell zu überhören, nehmen das aber heimlich doch teilweise zur Kenntnis. Viele hören rein und mögen auch, was sie hören, und andere sagen: Ja, geht so. Dass es ganz scheiße ist, hat sich noch keiner getraut zu sagen.

Josch: Meiner Tochter gefällt das Album gut. Sie will noch mehr von uns hören.

Wie lebt es sich in Hastenrath? Gibt es dort alternative Strukturen? Und was hält euch dort?

Walter:
Außer unserem Proberaum in Torstens Garten hat Hastenrath kaum alternative Strukturen zu bieten.

Torsten: Hastenrath ist ein Dorf mit etwas Natur drumherum. Schlimm ist es hier nicht. Die Ruhe wird meistens freitags durch uns und den Karnevalsverein gestört. Wir proben zeitgleich, um die Polizei zu verwirren, falls es zu Beschwerden kommt. Als alternativ gilt man hier, wenn man die Mülltonne nicht pünktlich vor die Tür stellt oder sich in keinem der ortsansässigen Vereine engagiert. Demnach gibt es diese Strukturen.

Josch: Für mehr alternative Strukturen müssen wir dreißig Minuten mit dem Bus fahren. Im Herzen von Eschweiler gibt es eine Kneipe namens Kleiner Gürzenich – da fühlen wir uns auch sehr wohl.

Pläne?

Torsten:
Das Dach von unserem Proberaum ist undicht. Das wollen wir unbedingt reparieren. Wir möchten Veranstaltern und Clubs mit unserer stümperhaft ausgearbeiteten „Bewerbung“ auf den Keks gehen, bis sie antworten.

Walter: Einmal das und dann wollen wir gerne so oft wie möglich live spielen. Wir lernen gerne neue Bands und Leute kennen. Deswegen machen wir das alles.

Wo habt ihr 2018 euer Lieblingskonzert gespielt?

Josch:
Das war definitiv in Duisburg im Djäzz Jazzkeller. Florian von den BLUE CHIPS TO EAT organisiert da die „Ganz und Gaar“-Konzertreihe und es waren ausnahmslos nur tolle Leute da. Toller Laden und die beste Atmosphäre. Der Ruhrpott ist sowieso eines unserer liebsten Reiseziele.

Torsten: Konzerte machen ja fast immer Spaß. Die schönsten waren im Sonic Ballroom in Köln und in Duisburg. Und natürlich in Herzogenrath, wo wir nach CHEFDENKER spielen durften und die Leute aus Mitleid dageblieben sind. Und das, obwohl es kein Bier mehr gab. Einfach klasse.