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AM LIEBSTEN MAG ICH MONSTER

Emil Ferris

Hinter dem Vornamen Emil verbirgt sich kein Mann, sondern eine 55-jährige Dame aus Chicago, einst Illustratorin und Spielzeugdesignerin, jetzt frisch zur Comickünstlerin umgeschult. Auslöser für den Einstieg in die Welt der Graphic Novels war ein kompletter Neustart nach ihrer Genesung von einer kompliziert verlaufenen West-Nil-Fieber-Erkrankung inklusive Meningitis und Paralyse.

Insgesamt sechs Jahre hat die Spätstarterin an ihrem Debüt gearbeitet, danach erst einmal reichlich Klinken geputzt, bevor sie mit ihrer unkonventionellen visuellen Mischung aus Skizzenblock, alten Horrorschundheften und Comicelementen durch die Decke gehen konnte.

Satte 48 von 50 Verlagen haben ihr inzwischen gefeiertes Buch von vorne herein abgelehnt. Zeichnerisch irgendwo zwischen Robert Crumb und K.F.E. Weisgärber fein schraffiert, zelebriert Ferris oft die hässliche Fratze des Menschen, manchmal aber auch das Schöne.

Immer auf der durchschimmernden blauen Lineatur eines Spiralblocks mit Lochung, meist schwarzweiß gehalten, gelegentlich aber auch vielfarbig akzentuiert, durchzogen von regelmäßig eingestreuten abgewandelten Gemälden und Horror-Pulp-Titelblättern.

Selbst aufgrund einer Rückgratverkrümmung von klein auf eine Außenseiterin, zeichnet Ferris ein vielschichtiges Bild des Chicago im Jahr 1968 von unten. Dabei stößt sie in den hier zusammengefassten beiden Bänden so viele Unterthemen und Erzählstränge an (die Geschichte eines Holocaust-Überlebenden, Mordfälle, Familien- und Beziehungsdramen, die Homosexualität der Protagonistin), dass am Ende doch sehr viel offen bleibt von dem man manches – Deutungshoheit des Lesers hin oder her – ganz gerne fortgeführt wissen würde.

Spannend bis zur letzten Seite.