ALPHA WOLF

Foto

Gekommen, um zu bleiben

Nach einem fantastischen Debütalbum ging es bei den australischen Metalcore-Durchstartern ALPHA WOLF erstmal drunter und drüber. Vorwürfe der sexuellen Belästigung an den Sänger und den damit verbundene Rausschmiss, weitere Besetzungswechsel, eine EP, jetzt endlich das zweite Album „A Quiet Place To Die“ – das nicht weniger stark, im gleichen Stil, und vor allem wütend daherkommt. Wie kommt man als junge Band durch diese Krisen, berufliche und private? Leadgitarrist Scottie Simpson hat das Rezept: Standhaft bleiben, sich nicht unterkriegen lassen, das Richtige tun.

Ihr habt einige Veränderungen durchgemacht in den letzten Jahren, die drastischste war die Trennung von Aidan Ellaz. Trotzdem habt ihr weiter geschrieben und veröffentlicht, erst die „Fault“-EP und jetzt das zweite Album. Wie war es, das im neuen Line-up zu schreiben? Gab es jemals Sorgen, wie sich das auf das Songwriting und die Lyrics auswirken wird?

Überhaupt nicht, unser Gitarrist Sabian Lynch war sehr stark an den Texten für unser Debütalbum beteiligt, so dass sich die Entwicklung sehr natürlich anfühlte. Die EP „Fault“ war unsere Art, das Wasser mit der neuen Besetzung zu testen, wobei Sänger Lochie Keogh und Sabian die Texte gemeinsam geschrieben haben. Aber die Erfahrung, die wir jetzt bei „A Quiet Place To Die“ gemacht haben, war die, dass die Zusammenarbeit zwischen uns allen sehr viel enger war. Am Ende haben wir uns Zeit gelassen, wir haben die Dinge auf unsere Weise gemacht, wie wir es immer getan haben, und sind unsere größten Kritiker geblieben.

Es gibt viele viele Vorfälle im Musikgeschäft und in der Hardcore-Szene, bei denen Personen ausgeschlossen werden, ihr habt ja eure eigenen Erfahrungen damit gemacht. Denkst du, dass Fans und die Presse manchmal dazu neigen, zu schnell zu urteilen? Oder sollten wir als Subkultur, die sich selbst gerne als die toleranteste und offenste überhaupt sieht, in solchen Dingen sehr radikal sein?
Ich glaube, es ist in gewissem Sinne ein zweischneidiges Schwert. Wir akzeptieren und heißen alle willkommen, so wie es sein sollte, aber wir setzen uns gegen Dinge ein, die nicht richtig sind. Wenn du dich nicht richtig verhältst, bist du eben nicht willkommen. Ich denke, das ist eine sehr wichtige Sache, und etwas, das mit der Zeit nur noch stärker geworden ist, besonders mit dem Internet. Man sollte niemals Angst davor haben, gegen etwas einzustehen, das falsch ist, so sehe ich das.

Gibt es die Chance, sich zu rehabilitieren und wieder in die Szene zurückzukehren? Was bräuchte es in deinen Augen, um etwas wiedergutzumachen?
Das hängt von der Person ab, von den Handlungen, davon, wie es sich auf die Menschen um mich herum ausgewirkt hat, und noch mehr davon, wie es sich auf die direkt betroffenen Menschen ausgewirkt hat. Es gibt keine definitive Antwort auf diese Frage. Nur ein „Sorry“ reicht jedenfalls nicht.

Ihr kritisiert auf „A Quiet Place To Die“ die Szene an mehreren Stellen, auch in eurer ersten Single „Akudama“.
Ja, „Akudama“ ist für uns ein „Fick dich“ für jeden, der nicht glaubt, dass wir dort sein sollten, wo wir sind. Es gibt viele Leute, die die harte Arbeit, die wir leisten, nicht sehen oder nicht anerkennen wollen. Oder unsere Liebe und Leidenschaft dafür. Dieses Lied ist unsere Art zu sagen: Wir sehen euch, labert nur – wir werden weiter arbeiten.

Ein anderer Song geht in die ähnliche Richtung, „Creep“. Ihr sprecht von „Metalcore snitches“. Wen meint ihr damit?
Das sind die, die gute Miene zum bösen Spiel machen. Diese Szene kann manchmal viel zu sehr ein Popularitätswettbewerb sein, wo die Leute alles tun, um auf der sozialen Leiter ein bisschen höher zu steigen. Es gibt Bands, die Shows und Tourneen mit größeren Bands spielen, die sie eigentlich nicht respektieren, sondern nur benutzen, um Publikum zu gewinnen, aber dann hinter deren Rücken so tun, als wären sie zu cool für sie. Ich denke, das ist auch außerhalb dieser Szene ein Thema, aber wir haben das schon seit vielen Jahren beobachtet und uns damit befasst, also warum wird es nicht angesprochen?

Ihr setzt auf dem neuen Album auch die „Golden faith“-Serie fort. Ist es beabsichtigt, sie als Art Markenzeichen zu etablieren, oder braucht ihr einfach noch mehr Zeit, um die Ereignisse, über die ihr schreibt, zu verarbeiten?
Es ist der letzte „Golden faith“-Song. Wir hatten immer davon gesprochen, eine Fortsetzung dieser Serie zu machen, da sie als etwas erschien, die vielen Leuten etwas geben konnte. Es war schwer, einen Weg zu finden, sie zu beenden, und eine Richtung, die man einschlagen sollte. Aber da es das letzte Kapitel der Serie ist, geht es mehr um die Gefühle nach dem Verlust eines geliebten Menschen – und die damit verbundene Wut, selbst wenn das im ersten Moment wie eine merkwürdige Emotion in dem Zusammenhang erscheinen mag. Niemand weiß, was man fühlen soll, wenn man so etwas durchmacht. Es ist menschlich, Wut zu empfinden. Es war wichtig, diesen Song zu schreiben.