AUGUST BURNS RED

Foto© by Karo Schäfer

Come to the dark side

Mit „Death Below“ schlagen AUGUST BURNS RED überraschend düstere Töne an. Was es mit dem Album auf sich hat und warum er so sehr für die Zusammenarbeit mit KILLSWITCH ENGAGE-Sänger Jesse Leach schwärmt, erzählt uns Frontmann Jake Luhrs. Dabei scheut er nicht vor großen Emotionen und einem ehrlichen Lobgesang auf den Sängerkollegen zurück.

Jake ist bereits aufgeregt vor den anstehenden Shows, mit denen AUGUST BURNS RED ihr zwanzigjähriges Bandbestehen feiern wollen: „Wir haben letzte Woche geprobt und nächste Woche geht es dann los. Diese Anniversary-Tour ist was ganz Monumentales für uns. Natürlich wollen wir so gut wie nur möglich vorbereitet sein und sind schon unglaublich gespannt auf die Tour. Das Line-up ist der Wahnsinn.“. Dabei werden sicher auch erste Songs vom neuen Album gespielt. Schnell kommen wir auf dessen Entstehungsgeschichte zu sprechen: „Der Aufnahmeprozess von ‚Death Below‘ verlief sehr ähnlich wie bei den letzten Alben. Für uns ist es sehr wichtig, diesen Vorgang so gut wie möglich zu verstehen. Das müssen wir auch, um gut planen zu können, wann wer von uns im Studio sein muss. Auf diesem Album findet sich viel Schmerz, Verwirrung und Unsicherheit, weil es in Zeiten der Pandemie aufgenommen wurde. Die Musik gibt wieder, wie wir uns alle während dieser Zeit gefühlt haben. Als wir im Studio waren, haben wir die Sache so professionell durchgezogen wie bei allen anderen Alben, aber es waren sehr viel mehr Emotionen involviert. Besonders für mich als Sänger. Es floss wirklich viel Wut und Traurigkeit in dieses Album. Die Platte ist auch sehr progressiv, aber auf die Weise, die man oft im europäischen Metalcore hört. Diese düstere Seite von uns haben wir bisher nur sehr selten gezeigt. Es ist aber cool, denn wenn man über so viele Jahre in einer Band von diesem Kaliber spielt, ist es wichtig, Musik als Künstler zu machen, anstatt nur eine Platte oder einen Sound zu wiederholen. Für uns war es wichtig, etwas Neues zu erschaffen und uns auch verletzlich zu zeigen, vor allem in den Lyrics. Ich denke, viele Leute werden es mögen und sich mit ihren Emotionen darin wiederfinden“.

Kamen diese Gefühle, die so präsent auf „Death Below“ vertreten sind, nur durch die Pandemie oder gab es auch andere Faktoren, die hier hereingespielt haben? „Ich bin kein sehr politischer Mensch, aber ich musste oft erleben, wie Familienmitglieder sich wegen politischer Themen zerstritten haben. Ich bin ein Verfechter von Zusammenhalt, Verständnis und Mitgefühl und während der Pandemie schien es oft so, dass wir als Welt genau das nicht aufbringen können. Ich fühlte mich oft sehr einsam und traurig. Mir wurde zeitweise mein Job als Musiker genommen und damit auch alle Möglichkeiten, die dieser Job mit sich bringt. Ein enges Familienmitglied hat sogar versucht, sich selbst umzubringen. Das zu verarbeiten und die Realität zu akzeptieren, fiel mir sehr schwer. Es gab jede Menge gemischte Gefühle meinerseits für die Gründe, die diese Person für diese Entscheidung hatte. Das habe ich auch im Musikvideo zu ‚Ancestry‘ verarbeitet. Das war alles sehr schwierig für mich. Es ist für sehr viele von uns eine sehr harte Zeit und ich hoffe, dass viele sich davon abgeholt fühlen, wenn sie unsere Musik hören.“

Bei „Ancestry“ arbeiteten AUGUST BURNS RED mit dem aktuellen KILLSWITCH ENGAGE-Sänger Jesse Leach zusammen. Die Entstehungsgeschichte dieser Kooperation ist dabei für beide Seiten etwas Besonderes gewesen: „Jesse ist wirklich eine Legende! Vor allem für den Refrain war er die perfekte Ergänzung. Er hat sich so viel Zeit genommen für seine Lyrics und wusste von Anfang an, worum es in dem Song ging. Er hat mich sogar angerufen und wollte mit mir darüber reden, was mir einzelne meiner Textstellen bedeuten. Er meinte: ‚Hey, lass uns darüber reden.‘ Es war ihm sehr wichtig, meine Visionen und die Mission des Songs richtig zu durchdringen, um dann auch seine Texte damit in Einklang zu bringen. Das war wirklich eine große Ehre für mich. Ich meine, man fragt jemanden, ob er bei einem Track mitmachen will, und dabei respektiert man, dass diese Person ebenfalls ein Künstler ist. Das heißt auch, dass man ihn seine eigenen Lyrics für den eigenen Part schreiben lässt. Es wäre auch cool gewesen, wenn er das nicht gewollt hätte, aber er wusste von Anfang an, dass er seinen eigenen Text schreiben wollte. Genau das hat er auch getan. Er kam von New York, fuhr ins Studio und wollte uns seine Arbeit vor Ort zum ersten Mal präsentieren. Unser Toningenieur und ich schauten uns an und grinsten über beide Ohren, als er anfing, diesen perfekten Refrain zum ersten Mal zu singen. Wir waren erst fünf Minuten im Studio mit ihm und er hat uns direkt umgehauen. Er ist nicht nur eine Legende, er ist ein Paradebeispiel dafür, was amerikanischer Metalcore zu bieten hat! Zudem ist er einer der Pioniere des Genres. Für ihn war es auch sofort klar, dass er bei dem Video dabei sein wollte. Solche Musiker, solche Menschen findet man nicht oft. Menschen, die den ganzen Weg ohne Kompromisse gehen wollen. Er hat das Ganze genossen, es schien nie Arbeit für ihn zu sein.“ Dabei war die Zusammenarbeit eher spontaner Natur. „Wir waren gemeinsam auf Tour. Das war noch während der Pandemie und alles war sehr reglementiert und eingeschränkt und wir haben es geschafft, uns da durch zu navigieren und hatten eine gute Zeit zusammen, trotz dieser bedrohlichen Umstände. Auf dieser Tour wurde das Band so richtig geknüpft. Nach der Tour saßen wir dann an dem aktuellen Album und als wir ‚Ancestry‘ in seinen Grundzügen hörten, wusste ich schon, dass alles an diesem Song nach einem gut gesungenen Refrain schreit. Da kam mir Jesse sofort in den Sinn. Und da man nie weiß, was passieren wird, bis man sich aufrafft und die Person fragt, habe ich ihn kontaktiert. Natürlich ist auch er ganz schön beschäftigt und hat eine Menge zu tun, aber er hat sich die Zeit genommen und war von Beginn an begeistert.“