BLANKER HOHN

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Pogo-Fun-Rock aus Hamburg-Harburg

Wir schreiben das Jahr 1984. Ich stehe in Paderborn im Plattenladen vor der sehr gut sortierten Abteilung New Wave/Punk und ziehe die BLANKER HOHN-LP aus dem Fach „B“, lasse sie mir auf den Plattenteller legen – tja und wie immer keine Kohle ... Beim nächsten Besuch ist die Scheibe schon weg. 2023, praktisch vierzig Jahre nach Gründung hat die Band aus Hamburg-Harburg ihre zweite LP veröffentlicht und auch die hat es in sich. Nostalgie hin oder her. Wir sprechen mit Frank (gt), Lorenz (dr) und Oile (voc) über das Heute, aber auch über das Gestern, die Unterschiede, aber auch über die Gemeinsamkeiten und die Gründe, warum es nur 39 Jahre gedauert hat, bis sie ihre zweite LP veröffentlicht haben.

Was war der Anlass, es 2018 noch mal als BLANKER HOHN zu versuchen?

Frank: Es war das Angebot, im Monkeys zu spielen.
Lorenz: Genau. Ich hatte einen Kollegen, Perry, mit dem kam ich ins Gespräch, und wir stellten unsere gemeinsame Punk-Affinität fest. Dann kam raus, dass er über „Punkrock Hamburg“ extrem gut in der Szene vernetzt ist. Er hat unsere CD an das Monkeys in Hamburg gegeben, und die haben uns tatsächlich gebucht. Perry ist also schuld, kann man sagen.
Oile: Wir haben vorher zehnmal geprobt und hatten so viel Spaß, dass wir einfach weitermachen wollten.

Vierzig Jahre nach der Bandgründung ist euer zweites Album „Alles schon erlebt?“ erschienen. Hattet ihr jemals daran gedacht, dass es doch noch mal eine LP geben würde?
Frank: An eine LP nicht, an ein Album irgendwann später schon. Einige Stücke sah ich vor den Aufnahmen nur als Lückenfüller an. Die sind aber doch erstaunlich gut geworden.
Lorenz: Ich hätte das niemals gedacht. Aber als das alles so super lief, kam irgendwie die Idee auf, dass das doch eigentlich ganz geil wäre, eine Platte zu machen.
Oile: Die befreundeten Bands und Musiker sind durchweg begeistert. Selbst das Herz von Dennis, dem Sänger von NIXDA!, konnten wir mit dem Song „Lieblings-Punkrock-T-Shirt“ erwärmen. Dabei hört der lieber richtiges Deutschpunk-Geballer.

Was war beziehungsweise ist denn euer Lieblings-Punkrock-T-Shirt?
Oile: Mein UK SUBS-T-Shirt, 1981 in England für vier Pfund gekauft. Passt leider schon lange nicht mehr. Die passende Armbinde wurde für einen guten Zweck in der Corona-Zeit versteigert, die hat jetzt Luke von SPITFIRE STEVENS.
Frank: Mein Lieblings T-Shirt war von Fabsi und hatte Uwe Barschel in der Badewanne liegend mit der Frage: „Wann gehn die anderen baden?“ drauf. Ich habe es immer noch, es spannt nur etwas.
Lorenz: Ich habe nur ein Lieblings-Post-Punk-T-Shirt: JOY DIVISION, „Unknown Pleasures“.
Oile: Auf meinem Barschel-Shirt stand „In meiner Badewanne bin ich Kapitän?“ – das fand ich aber dann doch zu krass und hatte es nur einmal an.

Im Vergleich seid ihr ja nicht mehr ganz so schnell wie bei der ersten LP. Woran liegt das?
Oile: Das scheint nur so, die meisten Songs haben 180 bpm. Aber die Hardcore-Zeit Mitte der Achtziger ist vorbei. Die neuen Songs von Lorenz und vor allem Schwartau haben teilweise einen klitzekleinen Pop-Einschlag, kommen aber immer mit dem gewissen BLANKER HOHN-Witz.
Lorenz: Wir haben auf unserem vierzigsten Geburtstag die alte Platte komplett gespielt, und ich war beim nochmaligen Hören überzeugt, dass damals bei der Pressung was schiefgelaufen ist. So schnell habe ich doch niemals Schlagzeug gespielt! Scheint aber doch irgendwie gegangen zu sein. Was soll ich sagen, ist vielleicht eine Frage des Alters.
Frank: Also an mir lag es nicht, haha ...

Für euch gibt es „Keine Alternative zu Deutschpunk“ – ein Begriff, den so manche als nicht gerade wohlwollende Schublade empfinden. Bei euch scheint das anders zu sein ...
Oile: Schubladen sind doof, aber wir singen deutsch, es ist irgendwie Punk – für uns auf jeden Fall – und wer sind schon „manche“?
Lorenz: Ehrlich gesagt war mir bis eben gar nicht bewusst, dass das keine wohlwollende Schublade sein könnte.

Warum habt ihr „Angst vor Pogo“?
Oile: Die hat nur Schwartau, der Hasenfuß! Ich singe nur. Wenn ich müsste, würde ich, aber ich muss ja nicht.

„Wir sind mehr“, „Sie lesen in dir“, „So ist die Welt“ und selbst „Elektroroller“ – Songs, die klar kritisieren. Wie könnt ihr euch dem ganzen Druck entziehen?
Oile: Ich finde es manchmal zum Verzweifeln, wie wenig viele Menschen bereit sind, einen Schritt zurück zu machen, damit es für alle besser wird. Es hilft aber nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Ich hoffe, wir bleiben optimistisch und versuchen zur Diskussion anzuregen.
Lorenz: Die Stücke sind ja auch gerade eine Form, Druck abzulassen. Stellung beziehen. Den Mund aufmachen. Sagen, was man denkt. Aber unter uns: Ich bin mir manchmal nicht ganz sicher, ob Texte wie „So ist die Welt“ nicht einfach unter die Rubrik Altherrengemecker fallen. Früher war alles besser und so. Ich traue mir da selbst nicht über den Weg.

„Gemeinsam Punk“ – worum geht es euch in dem Song?
Oile: In den Achtzigern fand ich die „Punk-Polizei“ schlimm. Gerade als ich Ende 1979 anfing, mich punkiger zu kleiden, wurde man ohne Lederjacke als Pseudo beschimpft. Die Uniformierung entsprach gar nicht dem Punk-Gedanken. Das ist heute größtenteils entspannter. Aber die Freude am Punk, an der Musik und die eher linke Einstellung verbinden.
Lorenz: Für mich geht es um die Dualität zwischen einem arrivierten Leben und dem bleibenden Gefühl, irgendwie Punk zu sein. Es gibt in unserem Umfeld eine Menge Leute, die in sehr lukrativen Jobs sehr viel Geld verdienen und der Szene, der Musik und der Grundhaltung trotzdem treu bleiben. Das kann – bei Licht betrachtet – eigentlich gar nicht funktionieren. Zumindest ist es erlaubt, sich darüber ein bisschen lustig zu machen.

Gehen wir mal zurück zu den Anfängen von BLANKER HOHN. Wie seid ihr damals auf Punk aufmerksam geworden?
Frank: Auf NDR 2 gab es samstags die „Internationale Hitparade“ mit Wolf Dieter Stubel. Da wurden 1977/78 auch Songs wie „If the kids are united“ von SHAM 69 oder „Holidays in the sun“ der SEX PISTOLS angespielt, die etwas anders waren als der Rest, der da so gespielt wurde. Das war aber lange vor BLANKER HOHN.
Oile: Genau. Ich habe 1979 im Radio „Sound of the Suburbs“ von MEMBERS und „Jimmy Jimmy“ von UNDERTONES gehört und das war die Musik, die mir gefiel. Da wurde ich abgeholt und in der Siedlung hörten auch Freunde Punk und dann ging es los.
Lorenz: Ich bin ja das Küken. Erst habe ich in der Bravo darüber gelesen. Und als ich 1983 DEAD KENNEDYS mit „Holiday in Cambodia“ im Radio hörte, war das wie ein Erweckungserlebnis. Dann habe ich mir den Sampler „Burning Ambitions – A History Of Punk“ gekauft und da war es um mich geschehen.

Was bedeutete Punk damals und wie ist das heute?
Oile: Damals war Punk für mich Abgrenzung gegen das „Normale und Spießige“ um mich herum. Jetzt ist es die Musik, die linke Einstellung und die Abneigung gegen Nazis.
Lorenz: Für mich war es eine Form, mein Nichteinverstandensein mit so ziemlich allem auszudrücken. Was natürlich auch der Pubertät geschuldet war. Nicht dazugehören, nicht mitmachen, sich auch äußerlich abgrenzen. Darum ging es für mich. Heute ist es bei den Alt-Punks in unseren Kreisen eine Mischung aus Nostalgie, tiefer Freundschaft über viele Jahre und ungebremstem Querulantentum trotz Teilbürgerlichkeit. Kommt mir jedenfalls so vor.

Gab es von eurer Seite aus von Anfang an die Idee, Musik zu machen?
Oile: Der Gedanke: Ich kenne drei Akkorde, mache eine Band, das war für mich maßgeblich. Das wollte ich auch. Ich bin auch eher ein extrovertierter Typ. Zum Glück ließ man mich ans Mikro.
Frank: Ich besaß schon seit frühester Jugend eine Konzertgitarre. Die lag aber lange rum, bis ich mit 16 Jahren in der Schule einen Gitarrenkurs besuchte. „Mein Gott, Walter“ von Mike Krüger war das erste Lied, das ich gelernt hatte. Als ich dann den großen Barré beigebracht bekam, merkte ich schnell, dass man damit viele Sachen nachspielen konnte. Also im Gegensatz zu Oile: Ein Griff statt drei Akkorde.
Lorenz: Ich hatte vor BLANKER HOHN schon in Schülerbands gespielt. Und als ich den Punk für mich entdeckt hatte, war da diese Anzeige im Hamburger Stadtmagazin Oxmox: „Harburger Pogoband sucht Trommler“. Das war ja wohl ich!

Wer hatte die Idee zu eurem Namen?
Oile: BLANKER HOHN stammt aus dem Song „Telefon“ von IDEAL: „Ich sitze hier am Telefon / Von früh bis in die Nacht / Ich weiß, es ist der blanke Hohn / Was du mit mir machst.“ Der Name passte ganz gut zu uns Anfängern. Und er hat drei Silben wie Zu-ga-be.

Welche Einflüsse hattet ihr?
Oile: Englischer Punk, SLIME, RAZZIA, ZK, HASS, NORMAHL, TOXOPLASMA und so weiter.
Lorenz: Ich fand damals und heute immer noch finnischen Hardcore super. RATTUS, APPENDIX. Das war dann die Phase, wo wir immer schneller wurden. Außerdem mochte ich ADAM & THE ANTS und auch den ganzen 2Tone-Ska-Kram.
Frank: SHAM 69, SEX PISTOLS, THE DAMNED. Das erste Album von den BUZZCOCKS, „Another Music In A Different Kitchen“, weckte in mir den Wunsch, in einer Band zu spielen.

Wie sah die Punk-Szene in Hamburg-Harburg aus? Gab es ein Autonomes Zentrum, die Möglichkeit, selbst Konzerte zu organisieren?
Oile: Es gab das FZ Feuerteich, wo wir proben konnten und auch selbst Konzerte organisierten. Und das FZ Nöldekestraße, da waren wir 1984 Vorgruppe von DIE TOTEN HOSEN. Das Antagon, so eine linke Kneipe, gab es noch, aber da war ich nicht so oft.
Lorenz: Damals war meistens Jazzrock angesagt, oder? Aber Harburg hatte eine ziemlich lebendige Musikszene. Vor allem was Neue Welle anging. Die meisten und besten Konzerte liefen im FZ Nöldekestraße. In der Roten Mühle haben eigentlich ständig Bands gespielt, auch Punkbands wie die ANALBRIGADE. Und weil Harburg relativ klein ist und in der Musikszene irgendwie jeder jeden kannte, war etwas selbst zu organisieren kein Problem. Man hat einfach die entsprechenden Leute angehauen, und dann ging das.

Ihr habt einen Song über „Clausthaler“, das erste alkoholfreie „Bier“, geschrieben. Wie alkoholfrei war es bei euch?
Oile: In den Achtzigern habe ich noch nicht so viel getrunken. So zwei-, dreimal im Jahr auf Partys und dann Cola-Rum oder Cola-Whiskey.
Lorenz: Ich bin durch Hansa-Pils-Dosenstechen zum Saufen gekommen. Mit 15. Zum Glück gab’s die Straight-Edge-Bewegung, da war ich irgendwann dabei. Exzessives Nicht-Trinken in der A-Saft-Front. Eine der gesünderen Phasen meines Lebens.

Welche Aktionen, Peinlichkeiten, Konzerte sind euch in besonderer Erinnerung geblieben?
Oile: Ich habe beim Gig mit DIE TOTEN HOSEN meinen Schniedel rausgeholt. Und einmal volltrunken die Bühne im FZ Feuerteich geentert und ins Mikro gebrüllt: „So haben wir auch mal angefangen!“
Lorenz: Ich kann mich zum Glück an nix erinnern.

Habt ihr oft in anderen Städten gespielt?
Oile: Viele Gigs außerhalb Hamburgs gab es in den Achtzigern für uns nicht. Aber Bands, die wir ins FZ Feuerteich eingeladen haben, haben uns dann zum Beispiel nach Schneverdingen oder Rissen eingeladen.

Gab es Auseinandersetzungen mit Boneheads, Prolls et cetera?
Oile: Schlimm waren Besuche der Nazi-Skins auf Konzerten. Das war in ganz Hamburg sehr schwierig. Die waren extrem brutal. Einmal hatten die das komplette FZ Feuerteich unter Kontrolle. Zum Glück gab es ein paar Typen vom FZ, die denen Paroli bieten konnten.
Lorenz: Ja, im Feuerteich, das war richtig scheiße. Irgendwie hatte man damals sowieso immer ein ungutes Gefühl, wenn man zu Konzerten gefahren ist. Also ich. Oder nachts in der S-Bahn nach Hause. Da gab es schon die eine oder andere unangenehme Glatzen-Situation.

Habt ihr das Gefühl, dass eure Texte immer noch aktuell sind?
Oile: Die Texte gegen rechts und den Kommerz sind immer noch richtig. Texte wie „20 Uhr“ sind aus heutiger Sicht inhaltlich überholt. Vom Gefühl her aber immer noch passend.

Gibt es Texte beziehungsweise Songs, die ihr so heute nicht mehr schreiben oder auch spielen würdet?
Oile: Ich bin kein guter Texter. Das können Lorenz und Schwartau besser. Texte wie „Rache“ oder „Horrorhorden“ mag ich heute nicht mehr.
Lorenz: Den Text von „Versandhaus“ finde ich arg pubertär. Und außerdem sind zwei Drittel der dort besungenen Versandhäuser heute Geschichte. Das Stück könnten wir eigentlich mal streichen. Und „Terror in der Stadt“ finde ich immer ein bisschen albern, weil es überhaupt nichts mit uns zu tun hatte. Wir hatten weder grüne Haare noch haben wir Terror in der Stadt gemacht. Wir sind nach Gigs zum Griechen gegangen. Da maule ich auch immer, wenn das irgendwer spielen will.
Frank: Natürlich ist man mit sechzig Jahren etwas gereifter als mit zwanzig und sieht Dinge aus einem anderen Blickwinkel – fünf Euro ins Phrasenschwein. Bei einigen Texten frage ich mich allerdings schon, was das seinerzeit sollte. „Alkohol“ und „Raubüberfall“ zum Beispiel. Wo ist da der Sinn hinter? Allerdings sind das zwei Songs, die wir tatsächlich noch spielen.

„Deutschland 1983“ – wie seht ihr den Song vierzig Jahre später?
Frank: Der Song wurde 1983 geschrieben und so muss man ihn auch sehen.
Lorenz: Ich finde lustig, dass sich der Text der gleichen Terminologie bedient, die man heute von Querdenkern und ähnlichen Spackos kennt: „Die Medien verbreiten weiter ihre Lügen.“ Ich habe das damals auf die Springer-Presse bezogen verstanden. Da wähnte man sich mit der Aussage auf der Seite der Guten. In heutigem Kontext ist das eine Zeile, die man so wahrscheinlich nicht mehr schreiben würde.

Wie ist der Kontakt zu Jax Pax zustande gekommen? Wie habt ihr die Aufnahmen zu eurer LP in Erinnerung?
Oile: Das Aufnehmen war aufregend, beim Mixen war ich nicht dabei. Die Testpressung war dann sehr enttäuschend vom Sound her.
Lorenz: Jax Pax wurde von den Betreibern des sehr guten Plattenladens Fame in Harburg betrieben. Ich glaube, wir haben die einfach gefragt, und zu unserem Erstaunen haben die ja gesagt. Die Aufnahmen im Ultraschall waren wirklich total aufregend. Wir hatten auch überhaupt keine Ahnung von nix, und haben einfach mal 14 Stücke an einem Tag aufgenommen. Beim Mixen waren wir total begeistert, aber dann hat der Tonmann beim Mastern irgendeinen Knopf nicht gedrückt oder einen zu viel, und das Ganze klang total beschissen. Ehrlich gesagt ist unser neues Album das erste, das wirklich gut klingt.
Frank: Ich weiß nur, dass jeder seinen eigenen Raum hatte und wir alles live eingespielt haben. Meist reichte ein Take. Dafür sind recht wenige Fehler auf der Platte, nach unseren Maßstäben. Der Sound beim Mischen war auch okay. Warum es auf der Platte so scheppert, weiß ich auch nicht.

Im Rückblick, wie war es für dich, in den Achtzigern in einer Punkband gespielt zu haben? Was ist der Unterschied zu heute?
Oile: Damals war es großartig, das war ja mein Leben. Aber es gab auch mehr Konkurrenz. Wie spielen die, sind die besser? Das ist heute weg und man ist mit den Bands viel mehr auf einem Level, egal, ob RAZORS, EMILS oder VOLKSVERRÄTER und UMLUFT 180°. Eben gemeinsam Punk machen.
Lorenz: Es war ein Weg, sich auszudrücken und ganz grundsätzlich und pubertär mal dagegen zu sein. Mit der Kohl-Regierung und Reagan und Thatcher und dem Waldsterben und allem, da hatte man als junger Mensch schon das Gefühl, in der schlimmsten aller Welten zu leben. Verglichen mit heute war das natürlich lächerlich, aber für mich war diese Punk-Attitüde damals eine Form der Selbstbehauptung. Rein musikalisch gesehen sind die Bands heute, glaube ich, viel besser und technisch versierter, als wir damals waren – und heute sind.

Welche Rereleases gibt es von euch? Und wie sind die zustande gekommen?
Oile: Es gibt die CD von 2002, „Punks ist unser Hobby“, wo unser damaliger Bassist alle Aufnahmen von 1984/85 noch einmal veröffentlicht hat.
Lorenz: Die CD haben wir gemacht, weil wir festgestellt haben, dass Leute uns immer noch für Sampler anfragen, und dass unser Album von 1984 zu Mondpreisen in Secondhand-Läden rumstand. Mein Bruder hat dann ein Geschäft gewittert und sehr optimistisch 1.000 CDs produziert. Oile lässt die Reste heute immer heimlich bei Konzerten stehen, damit die endlich mal wegkommen.

Wie sind die Reaktionen auf eure neuen Songs?
Oile: Durchweg positiv. Auch der Humor in den Texten kommt gut an. Es schreibt zum Glück auch keiner, wenn er etwas doof findet.
Lorenz: Wir haben kürzlich im Alhambra in Oldenburg gespielt. Der Veranstalter sagte nach dem Konzert, er habe uns vor allem gebucht, weil er es super fände, dass so alte Leute noch eine Platte mit neuen Songs machen. Ich glaube, das war als Kompliment gemeint. Ich bin mir aber immer noch nicht sicher, ob ich das Kompliment annehme.

Wie männlich/machistisch oder emanzipatorisch habt ihr die damalige Szene wahrgenommen?
Lorenz: Es gab natürlich weibliche Punk-Ikonen: Siouxie, Viv Albertine, Beki Bondage und auch in der Neuen Welle waren Frauen wie Annette Humpe, Andrea Mothes oder Bands wie X-MAL-DEUTSCHLAND sehr präsent. Aber auf unserem Niveau und in unserem Umfeld – eine reine Männerveranstaltung. Emanzipatorisch war da gar nix.
Oile: In den Achtzigern haben Frauen für mich kaum eine Rolle im Punk gespielt – außer die von Lorenz erwähnten Musikerinnen. Es war schön, wenn Frauen mit auf Konzerten und so weiter waren. Aber ich kannte nur wenige Frauen, die auch Punk mochten und hörten. Die fanden Lorenz meist auch interessanter ... In den Bands gab es auch kaum Frauen. Das war damals auch noch kein Thema. Das ist zum Glück heute anders. Es zeigt ja auch, wie begrenzt man selbst damals im Denken war.

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Diskografie
„Blanker Hohn“ (LP, Jax Pax, 1984) • „Punks ist unser Hobby“ (CD, Compilation, Elbtonal, 2003) • „Die letzten unserer Art“ (12“, Self-Released, 2019) • „Alles schon erlebt?“ (LP, Self-Released, 2023)