BLAUFUCHS

Foto© by Andreas Rodemann

Musik und Politik

Auf dem Debütalbum „Daran wird es nicht scheitern“ verbinden BLAUFUCHS das Private mit dem Politischen. Sänger Johannes spricht mit uns über seine Band und warum Punk heutzutage nicht mehr eine so große Rolle bei der Politisierung der Jugend spielt.

Mit „Daran wird es nicht scheitern“ habt ihr ein sehr diverses Album veröffentlicht. War es euch wichtig, nicht nur das eine, sondern auch das andere zu sein, also politisch und persönlich?

Es ist uns wichtig, uns ganz klar politisch zu verorten und eine klare Kante zu zeigen. Aber ich möchte nicht nur als Agitator gehört werden, sondern bringe meine eigene Geschichte in die Band ein. Mich selbst interessieren immer die Menschen hinter Songs. Ich bin ja nicht nur politischer Aktivist, sondern habe auch ein Leben drum herum, was mich genauso prägt. Aber auch hier sind viele Fragen wieder politisch, wie etwa das eigene Konsumverhalten, der Umgang mit Beziehungen oder die Aufteilung von Care Arbeit. Und dabei versucht man ja eigentlich nur ein Stückweit glücklich zu sein. Und das spiegelt sich dann auch in den Songs des Albums.

Welchen Einfluss können politische Inhalte bei Musik eigentlich haben? Welchen Einfluss hatte das konkret auf dich?
Wir sind nicht so naiv zu glauben, dass unsere Musik Menschen politisch formen kann. Für uns geht politische Musik auch über Themen wie Antifaschismus hinaus. Es geht auch darum, die eigene Position und Privilegien innerhalb der Szene zu reflektieren. Für mich als Jugendlichen in Ostdeutschland war es immens wichtig, Bands mit klaren Haltungen zu haben wie etwa ZSK. Aber auch HEAVEN SHALL BURN waren damals sehr prägend in ihrer Kompromisslosigkeit. Später haben Künstler:innen wie Sookee mich begleitet, als ich anfing, mich mit Themen wie Feminismus und Männlichkeit zu beschäftigen. Und zwischen diesen musikalischen und politischen Polen bewege ich mich immer noch.

Heute werden linke politische Positionen lautstark auch außerhalb der Punk-Szene vertreten, siehe Fridays for Future und andere. Hat die Punk- und Musikszene da ein wenig ihre Bedeutung verloren, wenn es darum geht, Jugendliche zu politisieren? Sind da andere Strukturen erfolgreicher?
Heute ist es gerade für jüngere Menschen nicht mehr so wichtig, Teil einer Szene zu sein, und davon unabhängig gibt es auch innerhalb der Szene viele Probleme wie etwa Sexismus, da sind einige Kids inhaltlich wahrscheinlich sogar schon ein Stück weiter. Aber durch Musik und Konzerte entsteht ein verbindendes Element und wenn sich bei uns Menschen aus dem FFF-Kontext, lokalen Antifa-Gruppen und eher bürgerliche Linke treffen, ist das auf jeden Fall cool. Es braucht einfach mehr Solidarität untereinander. Der eigentliche Skandal ist doch, dass Antifaschismus und Engagement gegen den Klimawandel als linke Themen gelten, als ob das nicht jede:n etwas anginge!

Schaust du optimistisch auf die aktuelle Generation und ihre politische Entwicklung?
Wenn ich sehe, wie schnell und einfach es heute ist, an Wissen und Inhalte zu gelangen die noch vor zehn, fünfzehn Jahren in sehr akademischen Nischen verhandelt worden sind ist das schon eine gute Entwicklung. Ich würde mir nur wünschen, dass der ganze Social-Media-Aktivismus es schafft, über die eigene Blase hinaus zu wirken und sich auch in der gelebten Praxis widerspiegelt.

Wenn ich einen Song wie „Fischer“ höre, also ist es nicht manchmal frustrierend zu sehen, wie wenig man bisweilen ändern kann oder wie weit die eigenen Ideale noch entfernt sind? Wie gehst du mit so was um?
Das ist ein sehr ambivalentes Gefühl. Ich will nicht in der Position sein, junge Aktivist:innen mit alten Geschichten zu langweilen. Den Fokus auf das eigene nahe Umfeld zu richten, muss aber keine Kapitulation sein. Der Rückzug in eine linke Wohlfühl-Bubble ist bestimmt angenehmer, als sich in bestimmten Städten zu engagieren. Und als krass privilegierter weißer Cis Mann ist es ja immer eine Option, sich einfach aus allem rauszuhalten. Wirkliche Veränderung kann nur generationen- und szenenübergreifend gelingen. Und auch nur dann, wenn die Menschen, die von diskriminierenden Strukturen profitieren, sich solidarisch verhalten und die Betroffenen nicht allein lassen. Das ist nicht so revolutionsromantisch und ist aufreibend, aber hilft dabei, nicht zynisch zu werden.