BRUTUS

Foto© by Vincent Grundke

My Live-Songs

Ein Live-Album, um die konzertlose Zeit zu überbrücken – gute Idee von der belgischen Band BRUTUS. Und eigentlich nur ein glücklicher Zufall, dass es zustande gekommen ist, wie Bassist Peter Mulders erzählt.

2020 ist ein schlechtes Jahr für Live-Musik. Ihr veröffentlicht jetzt ein Live-Album. War das schon vor Corona geplant oder ist das eure Reaktion auf die ausgefallenen Shows?

Peter: Ja, 2020 ist definitiv ein schlimmes Jahr. Das Album war nicht geplant. Ich glaube, dass es eher eine Linderung der Situation sein soll, in der wir uns alle befinden. Wir haben uns die Mitschnitte von vergangenen Sessions und Shows angehört und sind über die Aufnahmen von einem Konzert in Ghent 2019 gestolpert. Von dem hatten wir auch Videos veröffentlicht und einige Leute hatten in den Kommentaren nach dem ganzen Set gefragt. Wir nehmen tatsächlich immer unseren Sound vom Mischpult auf, normalerweise hören wir uns das nicht noch mal an, aber das ist der Grund, warum wir diese Aufnahmen überhaupt hatten. Ohne Corona gäbe es also kein „Live In Ghent“-Album.

Was macht ein gutes Live-Album aus?
Peter: Ich finde es schwer zu beschreiben, aber ein Song wird geboren, wenn er das erste Mal aufgenommen wird. Du schreibst, du justierst, du mixt, du justierst ein bisschen mehr, du nimmst auf und dann „druckst“ du ihn im Studio. Aber wenn du dann diesen Song vor Publikum spielst, wächst er. Er wächst und verändert sich. Das Tempo, die Energie oder die Lyrics ändern sich vielleicht etwas. Sogar die Struktur kann sich ändern. Warum auch nicht, die Songs leben, weil du sie live spielst. Die Antwort auf deine Frage ist also: Ein gutes Live-Album hat die besseren Versionen der Songs des Studioalbums.

Welches ist das beste Live-Album aller Zeiten?
Peter: Für mich ist das die MACHINE HEAD-Platte „Hellalive“ von 2003. Die Energie der Band und die Interaktion mit dem Publikum in London begeistern mich total. Das sind auch die besten Songs von ihren frühen Alben, die mich zum Teil zur härteren Musik gebracht haben.
Stefanie: Für mich ist es „Everything Everything“ von UNDERWORLD aus dem Jahr 2000. Ich bin seit 15 Jahren UNDERWORLD-Fan und die Songs sind viel energetischer als die Varianten vom Album. Es fühlt sich an wie eine Live-Show und das ist toll, weil ich die Band niemals live sehen konnte. Es ist elektronische Musik, aber das wirkt nicht wie ein DJ, sondern wie eine Live-Band.
Stijn: Rory Gallagher mit „Irish Tour 74“. Ich habe das Album entdeckt, als ich ein Kind war, und habe nicht realisiert, dass das live ist. Es ist der perfekte Mix zwischen einem guten Set und trotzdem freier und unverfälschter Musik.