HOLDING ABSENCE

Foto© by Kevin Bethke

Fulltime bandlife

Zwei Jahre nach dem Release von „The Greatest Mistake Of My Life“ melden sich HOLDING ABSENCE mit ihrem dritten Album „The Noble Art Of Self Destruction“ zurück. Trotzdem spricht Sänger Lukas Woodland im Interview davon, dass sich die britische Band für dieses Album viel Zeit genommen habe – auch weil sich der Sänger Vollzeit auf die Musik konzentriert und gar keine Zeit mehr hätte, um sich eine Teilzeitstelle zu suchen.

Mit „The Noble Art Of Self Destruction“ vollenden HOLDING ABSENCE eine Trilogie, die mit dem Self-titled-Album 2019 angefangen hat. Es geht dabei jedoch nicht um das Ende der Band an sich, sondern viel mehr um die erste Ära in der Geschichte der Band, die auf ihrem dritten Album davon erzählt, dass jeder Mensch ein unfertiges Kunstwerk ist, das neue Qualitäten aufweist, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.

Album-Band
Lucas sieht es als interessanten Punkt, dass sich die Band so sehr mit Alben identifiziert. „Ich glaube, dass wir eine typische Album-Band sind irgendwie. Die Singles funktionieren gut, aber wir alle warten nur darauf, dass die Leute das Album in Gänze hören können. Wir haben diesen Sommer erstmals keine Shows anstehen, es wird also relativ entspannt und wir können den Fokus voll auf das Album legen.“ Mit dem Abschluss der Trilogie blicken sie auf ein enorm erfolgreiches Kapitel zurück, wie Lucas sagt. „Jede Band ändert sich, aber wir wollten nichts forcieren oder uns beeilen. Wir lieben unsere Band und wollten das machen, was wir am besten können. Wir wollten die letzten sieben Jahre krönen. Es ist irgendwie traurig und verrückt, dass es uns schon so lange gibt, aber auch aufregend. Die Zukunft ist beides: spannend und beängstigend, aber für den Moment fühle ich mich sehr gut mit dem Album.“
„Wir sind enorm stolz und dankbar, weil die Band über die Jahre gewachsen und gewachsen ist, ohne dass es stoppte. All diese Shows zu spielen und zu sehen, dass wir fast 35 Millionen Streams bei einem einzelnen Song haben, ist verrückt. Aber Zahlen und Ticketsales sind nicht mehr als Komplimente. Was mich mehr begeistert, sind Leute, denen unsere Musik etwas bedeutet, denen wir durch schwierige Zeiten helfen konnten, Menschen, die HOLDING ABSENCE-Tattoos haben und Ähnliches.“ Dabei geht es dem Sänger in seiner Musik nicht um monetäre Aspekte, wie er ausführt. „Als Musiker fängt man in dieser Industrie nur aus Leidenschaft an, weil man nicht wirklich Geld damit verdienen kann. Für mich ist alles, was wir mit dieser Band haben, eher ein Bonus, weil ich einfach glücklich darüber bin, Musik zu machen. Ich habe nichts davon erwartet, natürlich träumt man davon und hofft, dass es irgendwie klappt, aber deshalb sind wir sehr dankbar für alle Möglichkeiten, die wir bekommen.“

Eine neue Szene
In den letzten Jahren haben Bands wie ARCHITECTS oder PARKWAY DRIVE ihren Sound stark verändert, während andere wie HUNDRETH oder EMAROSA qua­si ihr ganzes Genre umkrempelten. Auch HOLDING ABSENCE haben sich vom Post-Hardcore der frühen Tage immer mehr zu einem Alternative-Rock Sound-bewegt. Die Gründe dafür beschreibt Lucas wie folgt. „Ich denke, die Leute vergessen oft, dass Musiker:innen ganz normale Menschen sind. Wenn man älter wird, wächst man aus gewissen Dingen heraus. Ich denke da immer an Metalcore-Bands und Leute, die sagen, sie würden Sellout betreiben. Ich glaube, diese Bands sind einfach aus ihrer Musik herausgewachsen, was total natürlich ist. Mir ist wichtig, wenn jemand unsere Musik mag, dass diese Person auch mit unseren neuen Sachen glücklich ist. Uns ist wichtig, dass unsere Musik wie eine Umarmung wirkt, aber auch ein bisschen herausfordernd für die Hörer:innen ist. Manche Songs sind mehr Shoegaze und manche mehr Punk, einfach weil wir uns auf natürlichem Wege dahin bewegt haben.“
Die Post-Hardcore-Szene, der HOLDING ABSENCE bereits mit dem Debütalbum angehörten, hat sich über die Jahre gewandelt. Das mag an neuen Bands, aber auch neuen Trends liegen, wie Lucas feststellt. „Wenn wir über die Szene sprechen, dann ist das generell etwas für junge Menschen. Man kommt in die Szene und verlässt sie innerhalb von zehn Jahren und erwartet von den Musiker:innen, dass sie immer dieselben bleiben. Ich denke, als wir angefangen haben, Musik zu machen, waren Pop-Punk und Melodic Hardcore an der Front. Aber heutzutage ist die Szene anders. Da ist mehr Shoegaze, Synth-beeinflusster Metalcore und die Szene hat sich einfach bewegt. Natürlich versuchen wir, ein bisschen was von allem einfließen zu lassen, aber wichtig ist mir, im Kern unserer Musik immer authentisch und uns selbst gegenüber ehrlich zu bleiben.“

Einflüsse und Commitment
Auf die Frage nach den Haupteinflüssen bei „The Noble Art Of Self Destruction“ antwortet Lucas: „Für mich ist es immer und bei allen Alben ‚The Black Parade‘ von MY CHEMICAL ROMANCE, was mich am meisten beeinflusst hat. Ein weiteres ist ‚Vheissu‘ von THRICE, es ist super experimentell und gleichzeitig bleibt es in einem Genre. Das ist etwas, das wir auch immer versuchen mit unserer Musik.“ Darüber hinaus waren THE KILLERS und TAKING BACK SUNDAY wichtig für einzelne Tracks des Albums. „Generell hören wir sehr ähnliche Musik. DEFTONES und ARCHITECTS beeinflussen uns auch immer“, so Lucas. Daneben entstand das Album in einer für HOLDING ABSENCE stressigen Zeit, in der sie entweder im Studio waren oder am neuen Album arbeiteten.

„Zur Zeit ist es definitiv ein Vollzeitjob. Ich müsste jede Woche kündigen, wenn ich einen neuen Job hätte, weil ich keine Zeit hatte. Das Album zu schreiben war wirklich hart. Wir haben 2022 zehn Monate getourt und dann drei Monate am Album gearbeitet. Es war enorm anstrengend, aber wir haben es wie einen Vollzeitjob behandelt und versucht, da so viel Zeit reinzustecken, wie die Songs verdienen.“ Dabei war eine Deadline für die Band sehr inspirierend, weil ein Ende in Sicht war und man eine Vision entwickeln kann. Dennoch hätte sich Lucas gewünscht, etwas mehr Zeit für das Album gehabt zu haben. „Nicht weil das Album dadurch gelitten hat, ich bin wirklich sehr stolz auf das Ergebnis. Aber ein paar Wochen mehr hätten es noch zusätzlich poliert.“