HOROWITZ

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Musik vom traurigen Kind

Nach fast zehn Jahren als Bassist und Texter für die Punkband SCHMUTZKI hat Dany Horowitz unter dem Namen HOROWITZ seine ganz eigene Idee von Musik umgesetzt. Düsterpunkig, mal mit stark verkürzten Texten und dann wieder poetisch ausschweifend. Der Künstlername drängte sich schon fast auf und passt perfekt zu der dunklen Atmosphäre, die eine gewisse Vampir-Ästhetik in sich birgt.

Ich bin jemand, der sehr gerne in Bands in Rollen schlüpft. Als ich vor einigen Jahren mit HOROWITZ anfing, war sofort klar, dass das ein klassisches Soloprojekt werden wird. Und ehrlich gesagt ist die Aufgabe, einen Bandnamen finden zu müssen, einfach nur schrecklich. In diesem Fall war ich also froh, dass ich von Anfang an den passenden Namen hatte“, erinnert sich Dany. Die Musik für HOROWITZ entstand über einen sehr langen Zeitraum, einzelne Fragmente sind schon älter als acht Jahre. „Bei manchen Songs weiß ich es aber auch gar nicht mehr so genau, wann und wo sie entstanden sind. Das ist ein Phänomen beim Songschreiben, man findet irgendwo ein altes Riff oder eine alte Gesangsmelodie. Das trägt man schon jahrelang mit sich herum und irgendwann wird ein Song daraus und in diesem Moment vergisst du oft, was genau es davor war“, erzählt Dany.

Selbst wenn es ihm immer leicht fiel, bei SCHMUTZKI spaßige Texte für gute Stimmung zu schreiben, so entstand über die Jahre doch ein Vakuum, das der Musiker unbedingt ausfüllen wollte. Seit er als Teenager anfing, Gitarre zu spielen und Texte zu schreiben, waren melancholische Stimmungen immer ein wichtiger Teil von ihm: „Das hat lange vor sich hin gegärt und irgendwann nutze ich die Möglichkeit, hier im Studio in Stuttgart konkret etwas auszuprobieren. Die vier Songs tragen sehr viel von meiner Vergangenheit in sich. Ich war schon immer ein Clown, auch in der Schule, aber immer auch gleichzeitig ein trauriges Kind. Und mit HOROWITZ widme ich mich jetzt diesem traurigen Kind“, lacht Dany. „Ich habe das nie so geplant, aber es ist irgendwie so gekommen. HOROWITZ ist jetzt genauso geworden, wie ich es mir immer vorgestellt habe.“

Alle Kompositionen von HOROWITZ lassen sofort Bilder im Kopf entstehen. Dafür brauchte es manchmal wenige Worte, wie in „Astronaut“, und manchmal etwas mehr Lyrics, etwa bei „Ruinen“. Das Artwork für die einzelnen Songs wurde auch allesamt von ihm gestaltet. Durch seine Arbeit als Grafikdesigner muss sich Dany viel mit Verhältnissen auseinandersetzen. Das schärft die inneren Bewertungskriterien und führt dazu, dass HOROWITZ manchmal extrem intuitiv klingt und in anderen Momenten Szenen aufbaut, die einem Theaterstück ähneln. „Assoziativ bleiben oder auch Gefühlsszenarien aufbauen, die aber vage bleiben, so was lässt sich mit SCHMUTZKI nicht umsetzen. Etwas erschaffen, in das viele ihre eigene Geschichte projizieren können, ohne im besten Fall in plattes Blabla abzurutschen“, beschreibt er seine Vorgehensweise „So was wollte ich immer machen.“

Dementsprechend lässt sich auch nicht jeder Inhalt auf HOROWITZ eindeutig definieren. Den Text loslassen zu können und eben nicht bis zum Ende durchzukauen, musste er über die Jahre lernen. Wenn es für ihn einen Sinn ergibt, dann sollte das auch für andere Menschen zutreffen: „Das ergibt wahrscheinlich nicht den gleichen Sinn, aber zumindest irgendeinen. Es ist wichtig, dass ich einen kleinen Film im Kopf habe und am liebsten würde ich das immer auch als Video festhalten. Das geht aber meistens nicht, weil es zu aufwändig wäre oder zu platt in der Umsetzung. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, da gab es keine industriellen Ruinen, aber wir haben öfter in verlassenen Häusern abgehangen und Kumpels von mir haben da auch mal ein halbes Jahr gewohnt. Wir hingen also da rum und haben unser Leben quasi komplett verschwendet, haben den ganzen Tag gekifft und nichts auf die Reihe gekriegt. Schaut man objektiv zurück, dann war das einfach eine verschwendete Zeit, vollkommen ohne Sinn. Aber für mich ist es gleichzeitig auch eine schöne Erinnerung an das Punkrock-Lebensgefühl, das mich bis heute prägt und auf das ich mich irgendwie immer wieder beziehen kann. Wir sind anders und uns geht es auch scheiße deshalb, aber wir sind auch ein bisschen stolz darauf.“

Für die Produktion der Songs wollte er den klassischen Rock’n’Roll außen vor lassen, verzichtete auf Snares und Kickdrums und arbeitete stattdessen mit geschichteten Toms. Einige Songs hat Dany noch in der Schublade und es ist auch geplant, die Idee von HOROWITZ auf die Bühnen zu bringen, sobald das wieder möglich ist.