KEEP IT A SECRET RECORDS

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Pssssst ...

Seit wann kenne ich eigentlich schon Cornelius, fragte ich mich, als ich mich an dieses Feature machte. Genau kann ich das gar nicht sagen. Aber spätestens seit Cornelius meine Band BLANK WHEN ZERO immer wieder mal in seine Shows eingeladen und zuletzt auch unsere Aufnahmen auf seinem Label Keep It A Secret Records veröffentlicht hat, sind wir in Kontakt. Angesichts seiner langjährigen unermüdlichen Bemühungen, Punkrock im Rhein-Main-Gebiet zwischen Hanau, Mainz und Wiesbaden im DIY-Rahmen aufrecht zu erhalten, ist es längst an der Zeit, diesen großartigen Typen im Ox zu würdigen.

Angefangen hat alles vor über zehn Jahren im AStA der Uni Mainz. Von hier aus organisierte und veranstaltete Cornelius seine ersten Konzerte und Lesungen. Als ihn eine befreundete Band bat, als Booker tätig zu werden, gründete er Keep It A Secret. Seitdem wurden unzählige Konzerte unter diesem Namen durchgeführt. Neben dem Booking ist Cornelius auch als DJ aktiv. Was aus Spaß für eine Neunziger-Trash-Party mit Freunden begann, entwickelte sich für einige Jahre zur Punkrock-Institution. Unter dem Motto „We want the airwaves“ gab es die Punkrock-Disco im Mainzer Club Caveau. Mittlerweile steht Cornelius nur noch sporadisch und bei besonderen Gelegenheiten hinterm Mischpult, was unter anderem auch daran liegt, dass er mittlerweile fest als Booker in dem soziokulturellen Zentrum Kreativfabrik in Wiesbaden tätig ist.

Seine große Schwester hatte erheblichen Anteil an seiner musikalischen Sozialisation, als sie ihm mit 13 Lenzen ein Tape mit „Dookie“ von GREEN DAY und „Smash“ von THE OFFSPRING schenkte. Sein erstes Konzert: LAGWAGON. „Ich bin also mit Skatepunk groß geworden, Fat Wreck Chords und Epitaph. Mittlerweile höre ich viele verschiedene Sachen, aber zum Punkrock komme ich immer wieder zurück“, so Cornelius. Und er gehört zur leider schwindenden Gattung der Booker, die auch mal Bands eine Gelegenheit geben, die kaum jemand kennt. „Bei den NOT SCIENTISTS kamen vier Gäste und LOVE ACADEMY, die sich bei der Show schon in LOVE A umbenannt hatten, zogen immerhin 17 Leute, einen Monat bevor ihr erstes Album erschien“, erinnert sich Cornelius. Eine Band, die wahrscheinlich kaum jemand kennt, er uns aber besonders ans Herz legt, sind NEW BRUISES aus Florida, deren Gitarristin Sullyn Hago jetzt bei PROPAGANDHI spielt.

Als Booker in der Kreativfabrik kann er sich nicht immer nur an seinem persönlichen musikalischen Geschmack orientieren. „Das kann ich ganz gut trennen. Sachen, auf die ich wirklich Lust habe, veranstalte ich unter Keep It A Secret und lege dann schon mal was drauf, weil die Band eben keiner kennt und nur wenige Leute kommen. Ich mache das als Hobby und Hobbys kosten eben Geld. Außerdem lerne ich so immer wieder viele tolle Menschen kennen. Und wenn die Bands dann gerne wieder kommen, habe ich ja irgendetwas richtig gemacht. So haben sich schon einige Freundschaften entwickelt. Die besten Gespräche ergebn sich am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück“, weiß Cornelius zu berichten.

Zudem er auch die andere Seite kennt, zupfte er doch einige Jahre lang den Bass bei A STATE OF GRACE und hat nach einer Pause das seit nun circa zwei Jahren bestehende Punkrock-Trio BLACK LINING gegründet. „Selbst in einer Band zu spielen hilft, wenn man Konzerte veranstaltet. Von ganz pragmatischen Dingen, wenn zum Beispiel die tourende Band keine Bassbox dabei hat und ich mal schnell eine aus dem Proberaum holen kann, oder eben weil man so allgemein weiß, was einer Band wichtig ist. Eine Show muss nicht ausverkauft sein, damit man einen guten Abend hat. Gutes Essen hilft! Danke an dieser Stelle an meine Freunde von Antifa Gourmet TM, an die ich meistens das Kochen ,outsourcen‘ kann. Die Einsicht, dass man mit Punkrock nicht wirklich Geld machen kann, hilft, um trotzdem Platten zu veröffentlichen.“

Ganz aktuell ist auf Keep It A Secret Records das neue Album „Warrior Anthems“ der griechischen Band VODKA JUNIORS erschienen, die Cornelius 2010 erstmals im AZ Metzgerstraße in Hanau gesehen und mit denen er ein paar Jahre später selbst eine Show veranstaltet hat. Man blieb in Kontakt, und da die Athener ganz auf der DIY-Welle schwimmen, fragten sie bei Cornelius an, ob er beim Release von „Warrior Anthems“ nicht mitmachen würde. Eine Zusammenarbeit, die Cornelius als äußerst angenehm und unkompliziert beschreibt. Weitere Veröffentlichungen auf dem Label sind geplant, auch wenn derzeit kein konkretes Projekt ansteht.

Ich bin von Menschen wie Cornelius, denen scheinbar nie die Energie flöten geht, fasziniert. Dennoch gibt es durchaus Entwicklungen, über die er sich so seine Gedanken macht. „Große Konzerte sind voll, aber zu den kleinen DIY-Shows kommen immer nur dieselben Nasen. Um neue Bands kennen zu lernen, muss man sich auch mit ihnen beschäftigen. Ich weiß nicht so genau, ob das nur mein Eindruck ist, aber unbekannten Bands wird heute weniger oft eine Chance gegeben, als das vielleicht noch vor ein paar Jahren der Fall war. In Mainz und Wiesbaden gibt es nur noch eine Handvoll Leute, die Konzerte veranstalten. Da war die Szene vor ein paar Jahren noch aktiver. Einige sind weggezogen, andere sind mit dem Studium fertig und haben entsprechend weniger Zeit. Im Sommer dieses Jahres soll außerdem noch das Haus Mainusch, das selbstverwaltete Zentrum auf dem Unicampus in Mainz, geräumt werden. Es dürfte also in absehbarer Zeit noch schwieriger für kleine Bands auf Tour werden, in Mainz oder Wiesbaden zu spielen. Andererseits haben sich die Kommunikationsformen verändert, was das Veranstalten an sich vereinfacht. Notfalls kann man auch eine Show ohne Poster und Flyer machen. Ich könnte mir zum Bespiel nicht vorstellen, mich durch Telefonlisten zu arbeiten, um eine Show für meine Band zu buchen, und habe großen Respekt vor den Bands, die das früher so gemacht haben. Dann gibt es Bands, die spielen eine Show und verschwinden, ohne sich richtig zu verabschieden oder überhaupt zu kommunizieren. Die haben DIY nicht verstanden. Es ärgert mich dann, meine Zeit investiert zu haben. Zum Glück kommt das bei den meisten Bands auf Tour nicht vor. Sie wissen zu schätzen, dass ein Veranstalter kein Dienstleister ist. Generell gilt: Don’t be an asshole. Das schließt schon mal ganz viele Idioten aus, mit denen man sich zum Glück in Punkrock-Kreisen meist sowieso nicht auseinandersetzen muss.“