LECK

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Bitterböse lustig

Seit 2017 zelebrieren DAS LECK inzwischen ihr bis zur Schmerzgrenze paar- und kreuzgereimtes LoFi-Garage-Punk-Flachwitzfeuerwerk mit hohem Wiedererkennungswert. Vom Spaß an Provokation und Irritation erzählt der Bandgründer, der Bremer Autor Jörn Birkholz.

Ihr seid ja erst recht spät mit DAS LECK durchgestartet. Wie kam es dazu?

Wir brauchten mal eine Alternative, also ich vor allem. Und dann haben wir uns überlegt, was wir so können, und haben uns da einfach aus unserem bunten Kasten bedient. Da lagen noch so ein paar alte Sachen, die haben wir dann neu eingespielt. Das sollte zwar bewusst so ein bisschen anti sein, aber wir wollten auf keinen Fall so einen billigen Punkscheiß machen. Da sollte auch schon mal ein Solo mit einer Akustikgitarre dabei sein werden und so weiter. Wir waren selbst überrascht, wie lustig das geworden ist am Ende. Uns war schon klar, dass wir keine zweiten DEAD KENNEDYS sind. Dahinter steht eher diese Underground-NDW, GENIALE DILLETANTEN und so, das hat mich schon immer sehr fasziniert, was die in den Jahren 1979 bis 1981 so durchgezogen haben. Ich war besonders stolz, dass eben auch Kurt Dahlke von DER PLAN die erste Platte richtig gut fand. Wir hatten auch die erste Releaseparty im Berliner Plattenladen Pop, in dem Dahlke ja auch sehr aktiv in Sachen Konzerte und Musikpartys ist.

Da wart ihr aber auch an der richtigen Stelle.
Genau. Später hat er mal in einem Radio-Interview erzählt, dass ihn das sehr an die ganz alten NDW-Zeiten erinnert hat – S.Y.P.H., MITTAGSPAUSE, FEHLFARBEN –, als er das gehört hat. Das fand ich ein ganz schönes Kompliment, weil es ja eigentlich nicht meine Zeit ist. Ich habe das erst später so aufgesogen, seitdem ich so 17, 18, 19, 20 war, ich habe es ja nicht miterlebt. Aber ich kenne mich da tatsächlich schon ein bisschen aus, ich könnte dir wahrscheinlich eine halbe Stunde lang Namen von Bands aus der Zeit aufsagen. DER MODERNE MAN habe ich jetzt auch kennen gelernt. Die sind ja mit uns auf einem Label, das ist ganz cool. Auch sehr unterschätzt. Finde ich auch lustig, dass die jetzt alle wieder auftreten.

War DAS LECK immer als Langzeitprojekt angelegt?
Ganz ehrlich, wir haben am Anfang noch gedacht, wir machen jetzt einfach mal eine Platte. Aber dann ist die Kreativität bei der zweiten Platte regelrecht explodiert. Das war auch gerade die Phase bei mir, wo die Lesereisen so ein bisschen abebbten, das war so zwischen den Büchern, und dann hatte ich wirklich mal ein halbes Jahr Zeit, so ein bisschen herumzuwerkeln.

Und daraus wurde eine Doppel-CD mit über siebzig Tracks.
Ja, und dabei haben wir nicht etwa alles draufgekloppt, was wir so haben, wir mussten noch etwa zwanzig Songs rausschmeißen. Frag mich nicht, was da los war, da kam einfach einer nach dem anderen. Wir hatten auch mehrere Gäste dabei, da hatte auch jeder Lust mitzumachen und dadurch ist das Ding dann wirklich so ein Monsterteil geworden. Ich bin noch immer ganz zufrieden damit.

Wo siehst du euren Ausgangspunkt zur Anfangszeit der Band?
Unser Ansatz war, dass jeder, der das hört, sich denkt, was war das denn jetzt? Was war das jetzt für ein kranker Song oder was war das für ein bescheuerter Text? Das macht schon Spaß, Leute so ein bisschen zu irritieren. Ich hatte das Glück, dass zeitgleich mit der ersten Platte ein kleiner Erzählband von mir herauskam, der auch so bitterböse war, und ein taz-Rezensent hat das damals gelesen und gemeint, das ist zu schlimm. Aber dann hat er sich die Platte angehört und verstanden, dass alles nicht so ernst gemeint ist. Vermutlich hätte er das Buch ohne die Platte verbrannt.

„Frauengold“ hieß die Platte, das ist ja vom Titel her auch schon mal eine Ansage.
Ja, das war definitiv kein Nonsens, das war eine Betrachtung von kranken gesellschaftlichen Zuständen. Das war auch der Ansatz, wir haben uns bei allem schon was gedacht. Frauengold war ja dieses Zeug, das Frauen nehmen mussten, damit sie zu Hause ein bisschen braver sind. Und sie wurden damit sozusagen zu Alkoholikerinnen erzogen. Sehr krank.

Also eigentlich eine dunkle Ausgangsbasis. Auch eure aktuelle Platte „Wanka Stanka“ wirkt ziemlich düster.
Interessant, dass du das so siehst. Wir fanden das eher lustig. Sie war nicht düster gemeint. Aber vielleicht hören einige da etwas Düsteres raus, das ich selber gar nicht bemerke? Ausschließen will ich das nicht.