LUMBERJERKZ

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Die lustigen Holzhacker-Buam

Da mich immer interessiert, was sich punkrockmäßig in der Provinz tut, bin ich irgendwann auf die LUMBERJERKZ aus Villingen-Schwenningen und deren LP-Debüt „Blackwood“ gestoßen. Laut Eigenaussage besteht die Band aus drei Halbbrüdern und ehemaligen Waldarbeitern aus dem Schwarzwald, die von ihrem Vater nur eine Punk-Plattensammlung aus den Siebzigern geerbt haben. Der Bassist und Sänger kam mir aber dann doch bekannt vor, und zwar von der Anfang der 2000er aufgelösten, aber damals überregional bekannten Band KRŸSA. Mit Ole kläre ich Fragen zu Punkrock im Schwarzwald, sich selbst zu ernst nehmende Musiker und Bügelbretter in Lockdown-Musikvideos.

Ole, seit wann gibt es die LUMBERJERKZ? Ich verfolge ja schon länger, was du musikalisch machst, habe aber bei den vielen Bands und Projekten den Überblick verloren.

Wir machen als LUMBERJERKZ seit 2013 zusammen Musik. Wichtig ist für uns dabei, dass wir unsere Band mit Humor betreiben, mit Spaß an der Sache. Es geht darum, unsere Freude am Musikmachen weiterzugeben. Früher ist mir nämlich oft aufgefallen, wenn ich andere live abgemischt habe, dass sich viele Bands unglaublich ernst nehmen. Ich finde, der größte Feind der Menschheit ist die Dummheit. Und die resultiert oft daraus, dass sich Menschen zu ernst nehmen. „Querdenker“: oft empathielose Egoisten, die sich von Nazis instrumentalisieren lassen. Durch die Demos verlängern sie den Zustand, den sie nicht wollen. Das ist dumm. Oder egomane Punk-Ikonen: die Autobiografie von John Lydon ist unerträglich zu lesen. Das ist komplett humorlos und selbstherrlich. Und dann lese ich auch noch, dass er Trump wählt. Lemmy oder TURBONEGRO waren immer anders, witziger. Mit Abstand mag ich die RAMONES beispielsweise auch immer mehr, weil da so viel Humor in der Musik drinsteckt.

Vor fast zwanzig Jahren habe ich dich mal mit deiner damaligen Coverband LOS RAMONOS in der KTS in Freiburg gesehen.
Ja, die RAMONES waren für meine Musik immer ein großer Einfluss. Diese Reduktion aufs Wesentliche. Aber bevor mir das bei den RAMONES aufgefallen ist, hatte ich damals schon die erste Platte von TRIO gehört. Die ist der Wahnsinn! Die haben auch mit einfachen Mitteln unglaublich viel gemacht. Da ist ja nicht mal ein Bass dabei. Ich habe die RAMONES 1993 in Böblingen noch in echt live gesehen. Die waren noch lauter als MOTÖRHEAD. Ich habe die Songs oft erst beim Refrain erkannt, so laut war das. Außerdem bin ich als Kind glücklicherweise mit den BEATLES und später mit Glamrock aufgewachsen, das ist auch alles ziemlich einfach.

Und nach Corona kommt eine neue LUMBERJERKZ-Platte?
Die Songs habe ich alle fertig. Ein Lied ist ein Crossover aus Punk und BLACK SABBATH, die ich seit meiner Teenagerzeit höre. Klingt erst mal seltsam, funktioniert aber. Es war geplant, nach Fasnacht ins Studio zu gehen, um ein neues Album aufzunehmen. Aber momentan geht das ja nicht. Diesmal wollen wir auch in ein richtiges Studio, das praktischerweise im selben Keller wie unser Proberaum ist. Und Markus Heinzel aus Freiburg soll die Aufnahmen dann abmischen. Er weiß noch nichts von seinem Glück!

In welchen Bands spielst du derzeit sonst noch?
COLORED MODELS – das ist die zweite Band, die ich überhaupt jemals hatte. Da bin ich mit zwanzig eingestiegen und die gibt’s immer noch. Dann habe ich noch ein neues Folkpunk-Projekt namens NEW TAPERS mit Geige und Akustikgitarren. So was wollte ich mal ausprobieren. Was Fröhlicheres, als ich sonst so mache. Und dann gibt es noch RIVA PHOENIX TRIBE, wo wir zu zweit unter anderem mit Computern und Samplern Industrial-Punk machen. Das gibt es auch schon seit über zwanzig Jahren. Mit RIVA PHOENIX TRIBE haben wir mal als Vorband von NOMEANSNO gespielt, das war witzig. Das war 2004 hier um die Ecke in Trossingen.

Machst du schon immer von Villingen-Schwenningen aus Musik? Stößt man da bei der Suche nach Mitmusikern nicht irgendwann an Grenzen?
Ich bin 1977 mit 13 aus der damaligen Tschechoslowakei hierher gekommen. Und das ist einfach Provinz, ganz klar. Wenn man zum Musikmachen hier bleibt, da kommt einfach kein Durchbruch oder so, haha. Leute zum Mitmachen habe ich eigentlich immer gefunden, das ergibt sich trotzdem irgendwie. Ich strenge mich da gar nicht groß an. Bei den NEW TAPERS ist der Schlagzeuger so alt wie mein Sohn, fast dreißig Jahre jünger als ich.

Ich habe immer wieder den Eindruck, dass Rockmusik nicht mehr so angesagt ist wie früher. Zumindest wenn du dich umsiehst, wer so alles Punkrock spielt, die sind doch in aller Regel ab dreißig aufwärts.
Wenn die Jüngeren Musik machen, sind das sehr oft Coverbands, scheint mir. Leider sind das meist solche, die „Summer of 69“ und ähnliche Kracher nachspielen.

Oder es sind Metalbands.
Zu Metal kann ich nicht viel sagen. Ich verstehe diese Musik irgendwie gar nicht. Ich kenne auch keine Metalband aus Villingen-Schwenningen.

Gibt es bei euch in der Gegend Clubs, in denen man auftreten kann, oder orientiert ihr euch eher Richtung Freiburg oder Stuttgart?
Bei uns gab es mal das relativ bekannte Café Limba, wo Konzerte stattgefunden haben und das auch echt kultig war. Der Wirt hat dann in Donaueschingen die Bahnhofskneipe übernommen und die als KuBa, also Kulturbahnhof, ebenfalls mit subkulturellen Konzerten betrieben. Und ich hoffe doch sehr, dass das weitergehen wird, sobald Corona vorbei ist. Richtung Freiburg und Stuttgart geht eher wenig für uns bisher. Aber in Basel haben wir einige Fans – einer von denen holt uns immer wieder mal für ein Konzert. Und die sind sogar alle noch unter dreißig, haha. Viele Veranstalter buchen nur noch die besagten Coverbands. Wir spielen oft bei privaten Veranstaltungen, in gemieteten Vereinsheimen oder im Zelt auf einem Feld am Waldrand.

Wie geht’s dir momentan in dieser Corona-Krise, wenn du deiner Hauptfreizeitbeschäftigung nicht nachgehen kannst?
Mir geht’s damit nicht wirklich gut, aber was soll ich machen? Einmal im Monat veröffentliche ich einen Song als Video, so richtig schön Lockdown-mäßig mit Bügeleisen und Bügelbrett im Hintergrund, haha. Ansonsten krame ich ältere Serien raus.