MAIN LINE 10

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Punk von der Urlaubsinsel

Mallorca ist besser als sein Ruf, wie jede:r weiß, der mal abseits der Saufquartiere geurlaubt hat. Und vor allem: Mallorca hat eine durchaus aktive Musikszene jenseits der Hotelsiedlungen. MAIN LINE 10 kommen von der Insel und haben gerade auf dem Mönchengladbacher Dr. Skap-Label ihr aktuelles „Legacy“-Album auf Vinyl veröffentlicht. Dani und San von der Band beantworteten unsere Fragen.

Dani, wie ging das einst los mit eurer Band?

Dani: Wir haben die Band Ende 2005 gegründet. Unser Bassist Juan und ich, Schlagzeug, waren vorher bei einer Pop-Punk-Band namens TUMBLE DOWN. Nach dem Ende von TUMBLE DOWN beschlossen wir, Carlos, unseren Gitarristen, anzurufen, um weiterzumachen. Ein paar Wochen später stieß Adri, Gesang und Gitarre, zu uns und wir haben die Band gegründet, der Sound sollte aber ein bisschen anders, schneller sein. Eine lustige Sache ist, dass wir als MAIN LINE angefangen haben, aber nach ein paar Wochen haben wir festgestellt, dass der Name schon vergeben war, wir ihn also ändern sollten. Wir fügten die „10“ hinzu, denn der Bus, mit dem wir zu unserem Proberaum fahren, die Linie 10 ist. Deshalb heißen wir MAIN LINE 10.

Auf welche Bands könnt ihr euch alle einigen, welche haben euch tatsächlich beeinflusst?
Dani: Dass wir Punkrock liebem, ist wohl offensichtlich, aber zum Beispiel Barto, der seit 2009 als Sänger und Gitarrist dabei ist, mag gern Pop-Punk, Metal, schnellen melodischen Hardcore, Adri liebt Metal, Death Metal und einige Videospiel-Soundtracks, unser neuer Leadgitarrist San steht auf Metal, technischen Melodic Hardcore und bei mir ist es schneller und eingängiger Melodic Hardcore, Pop-Punk, funky Music. Wir lieben Bands wie WHILE SHE SLEEPS, BEERBONG, BELVEDERE, COMEBACK KID, ALIEN ANT FARM und noch viele, viele mehr. Wenn wir zusammen im Van sitzen, kann eigentlich alles laufen, eben noch „A thousand miles“ von Vanessa Carlton und danach „Priests of Sodom“ von CANNIBAL CORPSE, haha.

Der Text von „Kindred spirit“ ist mir aufgefallen. Was ist die Geschichte dahinter?
Dani: Da ist nicht nur einer meiner Lieblingssongs auf dem Album, sondern überhaupt von allem, was ich und die Jungs jemals geschrieben haben. Nachdem Adri den Song fast fertig hatte, habe ich zusammen mit meiner Freundin Sofia einige Parts zu Ende geschrieben. „Kindred spirit“ handelt von einem Haustier, das kann ein Hund oder eine Katze sein. 2019 und 2020 haben ein paar von uns ein pelziges Familienmitglied verloren und es war eine wunderbare Sache, ihnen einen Song zu widmen, einen Song, der von Herzen kommt. Wenn man den Text liest, könnte man denken, dass es ein Liebeslied ist, das einem Jungen oder einem Mädchen gewidmet ist, aber ganz am Ende gibt es eine Formulierung, die alles verändert: „My furry friend“. Wir lieben dieses Lied definitiv und natürlich lieben wir Tiere. Es ist nicht das erste Stück über sie, auf unserer 2009 erschienenen LP „Today Is Tomorrow“ haben wir „Fight for them“, ein Song zum Thema Stierkampf.

Wie habt ihr die Corona-Zeit durchgestanden? Mallorca war ja von den pandemiebedingten Einschränkungen sehr stark betroffen.
San: Ja, leider hat uns die Pandemie auf der Insel sehr getroffen. Der Tourismus spielt auf Mallorca wirtschaftlich eine entscheidende Rolle, und wenn die Touristen ausbleiben, wird es schwierig. Dani und ich zum Beispiel verdienen in der Sommersaison Geld als Musiker in Hotels und bei privaten Veranstaltungen, also kannst du dir vorstellen, wie sehr die Pandemie uns beeinträchtigt hat. Auch der Rest der Band war von Corona in ihrem Arbeitsleben eingeschränkt. Wir haben eine noch nie dagewesene Situation erlebt, die uns persönlich berührt hat und die auch die Band betrifft. Zum Glück haben wir es geschafft, so gut wie möglich damit umzugehen, und wir sind vorangekommen. Im Gegensatz zu uns haben viele Bands auf Mallorca im Zuge der Pandemie beschlossen, sich aufzulösen. Wir haben weitergemacht, obwohl wir uns nicht treffen konnten: Wir haben Tracks für zukünftige Alben komponiert, wir waren in den sozialen Netzwerken aktiv und wir haben den Release unseres letzten Albums „Legacy“ genutzt, um uns etwas Schub zu geben, was die Promotion angeht.

In Deutschland assoziiert man mit Mallorca nur die Touristenhochburg und besoffene deutsche und englische Arschlöcher in El Arenal.
San: Das ist furchtbar, aber nachvollziehbar. Das Problem sind die Reiseagenturen, die Reisen zu lächerlichen Preisen anbieten und Mallorca es als einen Ort verkaufen, an dem man nur feiern und sich betrinken kann. Wir waren alle mal jung und wir verstehen, dass es sehr verlockend ist, irgendwo hinzufahren, um sich für wenig Geld die Kante zu geben. Wir würden die Welt gerne wissen lassen, dass dies nicht das touristische Modell ist, das wir wollen oder mit dem wir leben, es ist eines, das wir auf unserer Insel ablehnen. Mallorca ist eine wunderschöne Insel mit tausend magischen Orten, an denen man eine Menge Dinge unternehmen kann – und keine riesige Kneipe, wo man anstellen kann, was man will, ohne Konsequenzen. Wir lieben unsere Insel und würden es schätzen, wenn die Leute, die sich überlegen zu kommen, versuchen, alles zu erleben. Wenn sie sich betrinken wollen, sollen sie das tun, aber immer mit Respekt vor dem Ort, an dem sie sind.

Wie steht es um die Punk/Hardcore-Szene auf Mallorca?
Dani: Um die Punk/Hardcore-Szene ist es ein wenig still geworden, aber wir haben einige aktive Bands wie ONE FOOT, LA RAGE, FAST FOOD SOCIETY, NO MORE TIME und uns ... Aber viele haben sich aufgelöst oder spielen einfach nicht mehr. Was die Clubs und Veranstaltungsorte angeht, sind da auch nicht mehr viele: Tunnel, Es Gremi, Factoria de So. Plattenläden gibt es zwei, drei in der Stadt. Es sind nicht die besten Zeiten für die Punk-Szene. Nicht nur für die Punk-Szene, sondern im Allgemeinen. Ein paar Clubs existieren noch da, aber wegen der Pandemie-sind einige von ihnen geschlossen oder werden für immer schließen, es ist traurig.

Das „Legacy“-Album ist ja bereits 2019 entstanden. Sind irgendwelche neuen Songs, neuen Aufnahmen geplant?
San: Was neue Songs angeht, so haben wir zuletzt ein Cover des „Lazy song“ von Bruno Mars veröffentlicht. Wir arbeiten derzeit an einer neuen EP, die hoffentlich noch in diesem Jahr erscheinen wird. Wie schon erwähnt, sind wir eine sehr rastlose Band, wir arbeiten immer an neuen Projekten und ich denke, das ist der Grund, warum wir so gut zusammenpassen.