Markus Staiger und Nuclear Blast

Foto© by Peter Mühlbauer

Punk, Hardcore, Metal

In den ersten Ox-Ausgaben von 1989/90 finden sich Anzeigen von Nuclear Blast, damals eines der neuen süddeutschen Hardcore-Labels und eine halbe Stunde westlich des Ox-Gründungsorts Heidenheim in Donzdorf gelegen. Ich kannte Markus Staiger von Konzerten etwa im nahen Geislingen, doch es wäre übertrieben zu behaupten, man wäre damals befreundet gewesen. Anders hingegen Uschi, die mit ihrem „Sie trägt rote Pyjamas“-Fanzine schon vier, fünf Jahre früher mit Markus in Kontakt stand, als der sein Punk/Hardcore-Fanzine Graffiti machte (und Uschi in einer Ausgabe auch grüßt – wie sich auch ein heutiger Ox-Schreiber wie Kalle Stille in der Thankslist findet). Die (süd)deutsche Punk/Hardcore-Szene war klein, alle kannten sich, und diese ist die ideelle und musikalische Heimat von Markus, mit dem ich über die Jahre dann lange keinen und später sporadischen Kontakt hatte: Der Chef hätte gerne sein persönliches Ox-Heft, hieß es mal aus Donzdorf – ich kam der Bitte nach. Nach dem Ausscheiden von Markus aus dem aktiven Tagesgeschäft des, wie es oft heißt, weltgrößten unabhängigen Metal-Labels, keimte die Idee auf, „den Staiger“ zu interviewen. Mehr als eine E-Mail mit der Frage brauchte es dann nicht, um am 2. Weihnachtsfeiertag 2020 zwei Stunden via Facetime zu diskutieren.

Markus, neulich las ich im Metal Hammer in einem Interview mit dir über deine Flipper-Leidenschaft, dass dein Erstkontakt mit so einer Pinball Machine in Heidenheim an der Brenz im Waldbad stattfand. Das Waldbad war zwischen meinem achten und sechzehnten Lebensjahr in den Sommermonaten meine zweite Heimat, keine zehn Minuten davon entfernt habe ich gewohnt. Wir hätten uns also damals theoretisch begegnet sein können. Du warst da zwölf, dreizehn und bist aus dem eine halbe Autostunde entfernten Donzdorf mit deinen Eltern hingefahren, ich war zehn. Ich habe noch genaue Erinnerungen an dieses Halle, wo man als Kind mit nackten Füßen über den nassen, kalten mit Pommes-Resten übersäten Boden gelaufen ist zum Kiosk. Und in dieser halb überdachten Halle, wo die Jugendlichen abhingen, standen auch Tischfußball- und Flippergeräte.

Wie alt bist du? Jahrgang ’68? Gut, dann bist du zwei Jahre jünger als ich ... Die Story im Metal Hammer hängt damit zusammen, dass ich mit Chefredakteur Thorsten Zahn gerade an einem Buch über Nuclear Blast arbeite, das 2022 erscheinen wird. Das ist ein ganz schön umfangreiches Projekt. Ich schreibe schon ewig daran rum, aber da wirst du verrückt, weil das ist so viel und das muss irgendwie ja auch einen Flow haben, und dazu habe ich mir Hilfe geholt. Dieses Jahr brauchen wir dafür sicher noch. Es ist einfach viel.

Kann ich mir vorstellen. Man hat ja seine ganzen Erinnerungen und Notizen, aber das in eine Form zu bringen, die jetzt nicht nur für einen selber interessant ist, dass man da so eine gewisse Dramatik reinbekommt, ist aufwändig. Sprechen wir über dein Label, das Mitte der Achtziger gegründet wurde und damit parallel existierte zu zwei anderen Labels, die heute längst Geschichte sind: A.M. Music und We Bite, beide befanden sich gerade mal eine halbe Stunde von Donzdorf entfernt.
Woran diese Labels gescheitert sind, lässt sich schwer sagen. Zumal diese Labels jahrelang perfekt wie ein Uhrwerk liefen. Es ist wichtig, dass du den Bands gegenüber klar und direkt bist. Anders geht das nicht, die merken das. Meine Eltern sagen immer, ich sei verrückt. Also im Business und was Musik betrifft. Aber privat, sagen sie, sei ich völlig normal, etwa wenn ich im Urlaub auf Mallorca bin. Du musst eben musikverrückt sein, wenn du ein Label machst.

Ich erwähnte gerade schon zwei parallel existierende Labels, Aggressive Rockproduktionen war ein weiteres. Ihr wart alle zur gleichen Zeit aktiv und in einem ähnlichen Umfeld. Auch die anderen hatten zeitweise Erfolg, letztlich haben sie es dann irgendwie wirtschaftlich nicht gepackt. Mit einer Ausnahme: Armin X-Mist ist noch aktiv, aber auf eher kleinem Niveau im Vergleich etwa zu Nuclear Blast. Du sagtest eben, dass du nicht so ganz normal bist – wie auch immer man „normal“ definiert, aber was dich davor bewahrt zu scheitern, davor, geschäftlich so richtige miese Fehler zu machen, die einen ins Aus katapultieren.
Ich habe mit meinem Fanzine namens Graffiti angefangen, da war ich fünfzehn, sechzehn. Das habe ich einfach aus Spaß gemacht, weil ich Fan war von Hardcore und Punk. Dadurch, dass es das Internet nich nicht gab, hatte man Brieffreundschaften und hat Fanzines mit anderen getauscht. Dann kamen Platten und Kassetten dazu, aber da war kein geschäftlicher Hintergedanke, das war ja nun rein zum Spaß. Da war es gar nicht möglich, etwas damit zu verdienen. Damals gab es ein paar kleine Vertriebe, Mailorder, wie „Euer Geld ist unser Geld“ von Ralf Plaschke oder „Geld her!“ von Till Neurath. Und X-Mist, das hieß da noch „Extrem Mist“. Es war damals ja quasi „verboten“, Geld zu verdienen im Punksektor. Die Platten musste man so billig verkaufen, dass man gar nichts verdient hat. Ich erinnere mich, dass ich Platten bei A.M. Music für 12 Mark eingekauft und für 14 verkauft habe. Zieht man dann Kosten für Kopien, Kartons und Benzin ab, blieb da nichts übrig. Fanzine und Versand habe ich damals parallel zu meiner Maschinenschlosser-Lehre gemacht, und auch, als ich danach die Fachhochschulreife machte. Da war kein großer Plan und Ziel dahinter. Es war reines Fantum. Ich wollte Platten haben, die ich mir nicht leisten konnte. Also musste ich tauschen, dann ging das. Ich hatte in meinem Zimmer so ein HiFi-Rack, da stand oben die Stereoanlage drin und unten war Platz für Platten, für fünfzig Stück. Da standen dann zehn verschiedene Platten und davon je fünf Stück drin. Mit denen habe ich getauscht, so ging das los. Eine der ersten Platten, die ich so verkauft und vertauscht hat, war die R.A.F.GIER-Single mit Flaschenöffner. TRIEBTÄTER. Und LUSTFINGER.

Wie ging es dann weiter? Du hast damals also eine handwerkliche Lehre gemacht, zumindest in der Berufsschule, und dann bei der Fachhochschulreife waren ja auch Fächer dabei, wo es ums Rechnen ging, auch wenn es keine kaufmännische Ausbildung war.
Nein, überhaupt nicht. Meine Mittlere Reife habe ich mit 3,0 gemacht. Ich wusste überhaupt nicht, was ich machen sollte. Meine Mutter arbeitete bei einer Bank, und so wusste ich, Bank kommt nicht infrage. Auf eine Lehre hatte ich auch keinen Bock, auf Maschinenschlosser schon überhaupt nicht. Aber ich hab’s dann halt gemacht, bei einer Firma in Eislingen. Da konnte ich im Büro heimlich meine Vertriebslisten kopieren. Nach der Lehre hatte ich wieder keinen Plan, also habe ich die Fachhochschulreife gemacht und danach Zivildienst. Ich habe also so fünf Jahre lang rumgeeiert mit meinem Punk-Platten, in kleinem Stil. Ich habe also immer gearbeitet, war tagsüber in der Lehre oder in der Schule, und abends habe ich das andere Zeug gemacht und am Wochenende auch noch.

So Typen wie du und ich sind im Grunde totale Spießer, Party-Punks, das waren die anderen. Wir haben stattdessen gearbeitet. Diese Arbeitsethik, ist das vielleicht das Geheimnis hinter dem späteren Erfolg von Nuclear Blast?
Ich mache mal einen großen Sprung. In den Anfangsjahren war ich oft im Epplehaus in Tübingen, da hat alles gespielt, von INFERNO bis MDC und auch kleinere Bands wie THE REST. Und damals, das weiß ich noch gut, dachten alle um mich herum, dass ich doch spinne mit meinem Punk. Und wenn man damit Jahre später doch finanziellen Erfolg hat, ist das eine der krassesten Sachen überhaupt. Ich sage: Wenn es damals scheiße war, was ich gemacht habe, ist es heute genauso beschissen – denn ich mache genau das Gleiche! Wenn man dann argumentiert, dass ich ja jetzt Geld damit verdiene, das sei ja wohl was anderes, dann halte ich dagegen: Mit dem Verdienst hat das nichts zu tun für mich. Wenn es früher nichts war, ist es auch heute nichts. Ich lehne es komplett ab, wenn etwas rein am finanziellen Erfolg gemessen wird. Ich habe es damals als Idealist gemacht und das ist auch heute noch so. Wenn du am Anfang nichts hast, dir kaum ein Auto leisten kannst, mit deinen Plattenkisten auf Punk-Konzerten stehst, und zwanzig, dreißig Jahre später hast du einen Porsche, ist das wohl ein Problem für manche. Ich finde, ein allgemeines Problem unserer Gesellschaft ist, dass ständig verglichen und bewertet wird. Und das gefällt mir nicht, weil ich heute genauso ein Musikfan bin wie ganz zu Beginn. Und ich glaube, dass ich mich nicht einmal verändert habe. Wir hatten bei Nuclear Blast ab 2012 einen A&R namens Monte Conner, der seit den Achtzigern bei Roadrunner war, und der sagte mal zu mir: „Eigentlich will ich nur meine Platten mit meinen Bands machen, mehr will ich nicht. Den ganzen Mist drumherum brauche ich nicht.“

Ein Beispiel?
Weil ich eben Porsche fahre, werde ich von denen dann VIP-mäßig eingeladen zu irgendwelchen Events im Golfclub. So was lehne ich komplett ab. Ich habe da keinen Bock drauf. Ich will nicht. Ich will normal behandelt werden und nicht irgendwo als „VIP“ abgespeichert werden. Und so ist das auch hier im Ort, in Donzdorf. Da haben die natürlich auch irgendwann mitbekommen, dass das immer besser läuft. Aber ich sagte denen nur, ich mache eben meine Bands, und das immer alles aus dem Bauch heraus.

Wie meinst du das? Hast du keine komplexen Excel-Tabellen, um so ein Signing zu kalkulieren?
Budgetierung? Na ja ... am Anfang überhaupt nicht. Das muss man halt so grob überschlagen. Was viele nicht verstehen, ich glaube, auch nicht die Fans: Du machst eine Band nicht wegen des Geldes. Wenn ich AGNOSTIC FRONT rausbringe, dann mache ich es, weil das meine Roots waren. Ungefähr 2005 habe ich Roger Miret beim With Full Force-Festival getroffen, wir unterhielten uns, und daraus ergab sich das dann. Oder nimm MANOWAR: Als ich die gesignt habe, wusste ich nicht, wie sich das verkauft. Du weißt es nicht. Da kannst du rechnen, so viel du willst. Das ist immer eine Frage des Bauchgefühls und des Herzens. Nur glauben dir die Leute das irgendwann nicht mehr, wenn du Erfolg hast!

Das ist natürlich genau der Punkt. So eine Story ist weitaus glaubhafter, wenn man der klassische „hungernde Künstler“ ist, der von der Hand in den Mund lebt. Bei einem wie dir, der seine Firma vor wenigen Jahren für einen wahrscheinlich guten Betrag verkauft hat, heißt es eben: Der Staiger, der ist Millionär, der braucht gar nicht mehr zu arbeiten. Und jetzt erzählt der, dass er das nur aus Leidenschaft macht und gemacht hat, und Geld ist nicht so wichtig ... Ganz praktisch gesehen macht es aber natürlich einen Unterschied, ob man x Millionen auf dem Konto hat oder ob es gerade so reicht.
Ein guter Punkt. Im Punkrock-Bereich wird es nicht so gern gesehen, wenn man viel Geld verdient. Nimm Brett Gurewitz von Epitaph: Ist er ein schlechter Mensch, weil er Geld verdient mit der Musik? Oder ist er ein cooler Typ, weil er coole Bands rausbringt? Kann man ihm vorwerfen, dass er mit BRING ME THE HORIZON auf einen Trend aufgesprungen ist? Ich finde, so eine Diskussion ist komplett sinnlos, weil die Beweggründe und Hintergründe von Brett als Mensch kann doch sowieso keiner beurteilen außer denen, die ihn wirklich gut kennen. Und die Leute, die über mich ein Urteil abgeben, die kennen mich ja auch nicht.

Im Metal oder in der klassischen Rockmusik-Welt ist es unkritischer, Erfolg zu haben, als im Punk oder Hardcore. Aber in den Sechzigern und Siebzigern, hat es da jemand den ROLLING STONES übelgenommen, wenn man die in den neuesten Sportwagen sah? Oder John Lennon im Rolls-Royce?
Wenn man sich die Karriere einer Band vom Underground zum großen Erfolg als Linie vorstellt, dann frage ich immer gerne: Wo ist der Punkt, wo der „Kommerz“ beginnt? Wer legt das fest, wer definiert das? Wo ist der Bruch? Wenn meine Bands gut leben können von der Musik und meine Mitarbeiter auch, ist es dann verwerflich, wenn ich daran verdiene? Ich denke, nein. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, dass ich mit den Bands und dem Label viel Geld verdient habe. Ich mache nur meine Bands und meine Platten. Wenn ich mal die frühen Punkbands auf Nuclear Blast nehme, wie IMPULSE MANSLAUGHTER oder CONDEMNED oder ROSTOK VAMPIRES, DROOGIES ... Damals kam ich nicht auf die Idee, dass so krasse, extreme Musik wie die von IMPULSE MANSLAUGHTER mehr als nur eine Mini-Zielgruppe anspricht, das war totale Subkultur. Oder nimm NB 012, das war die erste Platte abseits von Punk, RIGHTEOUS PIGS aus L.A.: Die Platte habe ich damals als Testpressung an meinen Großhandelsvertrieb SPV geschickt mit der Bitte um eine Einschätzung, was sie davon verkaufen können. Die sagten: „Wir wissen es nicht. Es ist schlecht produziert, krachig – keine Ahnung.“ Ich wusste auch nicht, ob das jemand kauft. Die lief dann okay. NB 018, DEFECATION, das war die erste Platte, die von der Stückzahl Richtung 10.000 ging. Aber das war ja auch ein komplettes Massaker, Grindcore meets Death Metal. Aber dass so was läuft ...? Wie hätte ich das wissen sollen? Und wie soll ich mit so was zur Bank gehen und sagen, ich brauche einen Kredit, hör dir mal die Platte hier an? Da wäre die Antwort gewesen, der Typ ist komplett durch, was will der hier?

Welche Rolle spielte die örtliche Volksbank oder Sparkasse in Donzdorf für die Geschichte von Nuclear Blast?
Also es gibt ja Leute, die sagen, Banken sind alle Verbrecher ... Ich hatte das Glück, dass mein Bankberater schon seit der Grundschule mein Nebensitzer war. Von dem habe ich immer in Mathe abgeschrieben. Ich war in den Grundrechenarten fit, okay, aber die anderen Sachen wie Kurvendiskussion, Satz des Pythagoras und so weiter, da hatte ich null Ahnung. Er ist bis heute mein Bankberater. Ich hatte anfangs einen Überziehungskredit, aber der war nach zwei Jahren auf minus 30.000 Mark. Da habe ich von meinem Auto, das einen Wert von 7.000 Mark hatte, den Fahrzeugbrief abgegeben und dann war Feierabend. In der Folge konnte ich keine Platten mehr pressen lassen. Und den Druckvorlagenhersteller konnte ich auch nicht bezahlen, da musste ich betteln, das abstottern zu dürfen. Die Leute haben davon ja keine Ahnung, wenn sie sehen, wie Nuclear Blast heute so dasteht.

Deine Reputation hatte bei einigen Leuten in der Szene schon früh gelitten. Ende der Achtziger hieß es bei Konzerten: „Da kommt der Staiger mit seinem Porsche und will Platten verkaufen!“ Du hattest damals einen Porsche 924.
Ja, ich hatte einen 924, der hatte 7.000 Mark gekostet.

Ein alter Mercedes wäre damals wahrscheinlich kein Problem gewesen oder ein Passat Kombi, aber ein Porsche ...
Erich Keller aus der Schweiz, der in den Achtzigern das Megawimp-Fanzine machte, schrieb damals in seinem Heft „Special thanks an Markus Porsche Staiger“. Die Porsche-Sache geht weit zurück: Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich mit 17 in Göppingen einen Porsche 911 mit Strosek-Umbau gesehen hatte, der Fahrer war ein ganz junger Typ. Da dachte ich: Boa, geil. Ich hätte damals nie gedacht, dass ich mir das mal leisten kann. Ich finde, Porsche hat gerade noch ein bisschen Akzeptanz, Ferrari oder so hat keine mehr. Ich finde es nicht schlimm, Porsche zu fahren, es ist ein schönes Auto. Aktuell bevorzuge ich gegenüber dem 911 Turbo S den Elektro-Porsche Taycan Turbo S. Der hat 761 Elektro-PS, von null auf hundert in 2,6 Sekunden, von null auf zweihundert in 9 Sekunden. Krass! Mein Vater sagt bei dem Thema immer schon: „Macht’s glücklich?“ Dann sage ich: „Nee, aber ist cool, macht Spaß.“ Glücklich machen andere Sachen, wie Familie, Freunde, ein Job, der dich ausfüllt und Freude macht. Geld alleine macht nicht glücklich. Dass ich all die Jahre morgens in einen Porsche gestiegen bin, um in die Firma zu fahren, das merkst du nach dem hundertsten Mal auch nicht mehr. Da bist du wie jeder andere schon mit den Gedanken bei der Arbeit, die du nur mit Begeisterung und Herzblut erledigen kannst. Mehr Lebensqualität bringt das Auto also nicht. Und ja, das kann ruhig alles im Interview stehen, ist doch eh egal, was die Leute denken.

Wie stehst du zum Thema wirtschaftlicher Erfolg?
Ich bin totaler Fan von Elon Musk. Der geht Dinge anders an als andere, der sagt: „Scheiß drauf!“ Der setzt auch mal alles auf eine Karte, investiert noch mehr, auch wenn er keinen Gewinn macht. Wenn dem jemand sagt, das geht nicht, dann will er es erst recht. Ich habe gerade seine Biografie gelesen und ich glaube, in gewisser Weise habe ich es auch so gemacht, wobei mein Erfolg im Vergleich natürlich nichts ist. Elon Musk ist einer der Größten. Den kann man auch hassen, aber die meisten hassen eher Amazon und Jeff Bezos oder Bill Gates. Was nun das „Geheimnis“ von meinem Erfolg ist? Ich wollte immer alles für meine Bands tun, ich wollte, dass die Bands zufrieden sind. Wenn die Bands nicht zufrieden sind dann gehen sie - die Bands sind das Gerüst der Firma.

Wie hast du es über dreißig Jahre lang geschafft, dir die Begeisterung zu bewahren? Hat es geholfen, dass genug Geld dafür da war, Leute einzustellen, die dir die unangenehmen Teile des Jobs vom Leib gehalten haben? Und wo fand das ein Ende, wieso hast du dich für den Verkauf von Nuclear Blast entschieden?
Das kann ich einfach beantworten. Ich hatte ja oft Momente, wo ich abends nach der Arbeit zu meinen Eltern gekommen bin und gesagt habe, ich kann nicht mehr. Anfangs mit ein paar Schülern als Helfer Platten verpacken – cool. Irgendwann zehn, zwanzig Leute – cool. Vierzig Leute – schwierig. Am Schluss waren es 120 Leute – extrem schwierig. Da hat jeder so sein Problem, und wenn du versuchst, auf alle einzugehen, weil das ja schon alles freundschaftlich war in der Firma, dann wird es kompliziert. Das killt dich irgendwann. Der Druck. Weil alle auch mehr Geld haben wollen. Das bedeutet auch ständiges Wachstum. Aber ständiges Wachstum lehne ich ab. Ein Label kann jahrelang wachsen, aber irgendwann kommt ein Knick, so wie an der Börse beim Aktienkurs. Alter Schwede, habe ich mir gedacht, die Kosten gehen immer weiter hoch, denn ich kann den Leuten ja nicht weniger zahlen, also habe ich den Druck, den Umsatz nicht nur zu halten, sondern auch noch zu steigern. Und ich muss auch guten Gewinn machen, sonst habe ich ein Problem mit der Bank, die das Gebäude finanziert hat. Dieser Druck, der zehrt echt aus. Diesen ständigen Druck, den konnte ich nicht mehr gut handlen die letzten Jahre. Du musst also ständig neue Bands finden. Bands, die verkaufen. Sonst kannst du die große Mannschaft nicht halten. Die Kosten waren wirklich brachial, ja pervers. Und so habe ich nach dreißig Jahren gesagt– ich habe Nuclear Blast 1987 gegründet und 2017 den dreißigsten Geburtstag gefeiert –, dass sich was ändern muss, es geht nicht mehr. Ich hatte jeden Tag nur Musik, Telefon, E-Mails im Kopf, und da habe ich mich gefragt, ob ich auf der Welt bin, um zu telefonieren und zu mailen. Da habe ich mir gesagt: Nee, nee, bin ich nicht. Ich musste ja immer erreichbar sein, und eines Abends habe ich gesagt: Nee, jetzt ist Schluss. Ich habe keine eigenen Kinder und war auch nie verheiratet. Dann denkst du manchmal: Scheiße, du bist jetzt fünfzig, aber jetzt musst du aufpassen. Weil zwischen fünfzig und sechzig ist noch alles okay. Aber was ist mit sechzig, fünfundsechzig, siebzig? Irgendwann kannst du mit der Schnelligkeit in dem Geschäft nicht mehr mithalten.

Und deshalb die konsequente Entscheidung zum ... Teilausstieg?
Ich dachte mir, von allem trennen kann ich mich nicht. Das war eine seltsame Vorstellung, dass die Bands aus meinem Leben weg wären. Das ging nicht. Ich habe echt ein Jahr lang überlegt, bis ich eine Lösung gefunden hatte. Der Großteil des Labels und der Bands gingen so 2018 beim Verkauf an den Digitalvertrieb Believe Digital. An dieser verkauften Firma mit dem Namen Nuclear Blast GmbH habe ich einen winzigen Anteil behalten und bin da nicht aktiv tätig. Gleichzeitig habe ich als neue Firma Nuclear Blast Tonträger Produktions- und Vertriebs GmbH gegründet, die zu 100% mir gehört. Und für dieses neue Label habe ich neun Bands behalten, meine „Kinder“, meine Lieblingsbands – und die sind auf Nuclear Blast Tonträger. Darunter sind etwa AGNOSTIC FRONT – die konnte ich nicht gehen lassen, das wäre wie Verrat gewesen, denn es sind meine Freunde, da sind meine Wurzeln. Ich erinnere mich noch, wie ich die erste Single „United Blood“ in der Hand hielt. Ich sah diese Typen und dachte mir: Alter, wie krass ist das denn? Die sehen aus wie von der Straße. So krass wie DISCHARGE oder FLUX OF PINK INDIANS. Die Zeit nach dem Verkauf meiner Firmenanteile war auf jeden Fall sehr lehrreich für mich – ich bekam mit, wie die Menschen darauf reagieren: die einen gönnen einem das, aber es gibt auch Neider.

Ich kenne Donzdorf seit meiner Kindheit – vom Durchfahren auf dem Weg von Stuttgart nach Heidenheim. Gut, seit ein paar Jahren gibt es die Umgehungsstraße, aber bis dahin fuhr man auf der Bundesstraße durch ein verschlafenes Dorf mit Misthaufen und Treckern. Da waren so harte Typen aus New York wie AGNOSTIC FRONT der maximale Kontrast zum Alltag. Wie kamst du auf so was?
Ich habe zuerst SCORPIONS gehört, AC/DC, TANK, RAVEN, MICHAEL SCHENKER GROUP – und dann gab mir jemand „Punks Not Dead“ von THE EXPLOITED und ich fand ich richtig extrem und fing an, alles in dieser Art aufzusaugen. Also GBH, DISCHARGE, ANTI-NOWHERE LEAGUE, FLUX OF PINK INDIANS, ICONS OF FILTH und so weiter – je undergroundiger, desto besser, ich habe mir da alles besorgt, was ging. Auch 4 SKINS und PETER AND THE TEST TUBE BABIES. CRASS wiederum waren mir zu lärmig. SHAM 69, THE DAMNED, THE CLASH, die habe ich nur am Rande gehört – ich wollte lieber die harten, die heftigen Sachen. Und da waren GBH, THE EXPLOITED und DISCHARGE eben für mich das Beste, was es gibt. Und dann kamen die ganzen US-Bands wie DEAD KENNEDYS und MINOR THREAT. Oder BATTALION OF SAINTS, ARTICLES OF FAITH. 1987 war ich in den USA, in San Francisco, besuchte Tim Yohannan und das Maximumrocknroll-Fanzine. Lernte FANG und STATE OF CONFUSION kennen, DEHUMANIZERS, TMA, DEEP WOUND, THE BURNT ... Die Sachen habe ich damals beim Sasquatsch Mailorder bestellt oder selbst vertrieben. Der Einzige, der mehr rare alte Platten kennt als ich, ist Erich Keller. Der sagte zu mir: Wenn ich ihm eine Platte nenne, die er nicht kennt, kriege ich seine Sammlung – und die Sammlung ist groß und wertvoll ...

Wollen wir zurückgehen an die Stelle, wo du die Bands aufzählst, die du nicht gehen lassen konntest?
PRIMAL FEAR aus Esslingen, mit denen bin ich auch eng. Eine neuere Band habe ich auch behalten, RISE OF THE NORTHSTAR aus Paris. Natürlich habe ich Michael Schenker behalten, denn Schenker ist definitiv der absolute Kult, das habe ich ja schon mit zwölf gehört, als der bei SCORPIONS ausgestiegen ist. Als der damals ins Büro kam, da war ich nervös – ich meine, der ist eine Legende. AMORPHIS aus Finnland habe ich behalten, eine meiner Lieblingsbands. Und auch aus Finnland: SONATA ARCTICA – die sind cheesy, traurig und melancholisch, also ganz poppig. Auch behalten habe ich OPETH aus Schweden. Dem hatte beim Signing versprochen, dass ich sie nicht verkaufe. Ich habe ihm meine Hand gegeben, ihm in die Augen geguckt – und die sollten beim Labelverkauf auch übernommen werden, aber das ging nicht, ich hatte das ja versprochen. Und meine All-time-Lifetime-Lieblingsband habe ich auch behalten ... Weißt du, wer das ist? Nee, da kommst du nicht drauf.

Sag.
MESHUGGAH. Keine Melodien, keine Refrains, kein Chorus, Disharmonie, Polyrhythmik und total abgefahren. Und dann habe ich noch eine Band, die für mich in ihrer Bedeutung damit auf einer Stufe steht, auch wegen der persönlichen Beziehung: HELLOWEEN. Da bin ich absoluter Fan. Ich bin mit den Leuten richtig eng. Wir bereiten gerade die neue Platte vor und das wird ein Jahrhundertwerk, weil die Ursprungsbesetzung mit Kai Hansen und Michael Kiske dabei ist. Das sind sieben Leute. Das wird in 2021 eine der größten Metal-Platten – Album im Juni, Single im April. Das war, das ist die aufwändigste Platte meiner kompletten Laufbahn. Ich war monatelang beschäftigt mit der Produktion, ich habe von der Single 14 Mixe, war nie zufrieden und habe zur Band gesagt, hier ist die Doublebass zu laut, die Gitarre zu leise, und so weiter. Die sind fast verrückt geworden und der Manager hat irgendwann zu mir gesagt, ich solle jetzt endlich aufhören. Vom Cover gab es auch sechs Entwürfe, bis ich zufrieden war. Ich habe die Platte jetzt 500-mal gehört und kann mich nicht satthören. Manche Menschen verstehen diese Diskrepanz nicht, dass ich einerseits eine sperrige Techno-Thrash-Band wie MESHUGGAH höre und andererseits HELLOWEEN, eine, wie manche sagen, cheesy Melodic-Band, und dann auch wieder AGNOSTIC FRONT, DIMMU BORGIR und HAMMERFALL. Es war vielleicht das größte Glück für die Firma, dass das Label diese stilistische Bandbreite abdeckt. Sonst wäre Nuclear Blast nicht so groß geworden.

Und 2018 hat nun also dein neues Leben begonnen.
Ja, jetzt kann ich mich gezielt um meine neun Bands kümmern. Und das macht Spaß, weil ich Zeit habe. Ich stehe morgens um neun auf, gehe laufen, gehe zur Aral-Tankstelle und hole mir Brötchen. Ja, gut, das Handy ist da auch schon dabei ... Dann gehe ich schwimmen und dann bin ich mit Sport um elf fertig. Dann schaue ich ein bisschen Nachrichten ... und da fällt dir schon mal auf, wie durchgetaktet mein Leben früher war. Jetzt setze ich mich auch einfach mal eine Stunde aufs Sofa. Das ist schon echt wertvoll.

Hast du dir ein Hobby gesucht? Golf?
Golf habe ich früher mal gespielt. 2020 war ich nur zweimal. Wenn du mal zwei Stunden alleine spielst, ohne Begleitung läufst, nicht sprichst, dir die Natur anschaust und dich auf die Schläge konzentrierst, das hat schon was. Mein wirkliches Hobby war und ist das Flippern, also meine Flipper-Sammlung. Und Musik, Sport, Lesen ...

Dazu war unlängst im Metal Hammer ein großer Bericht: In einer ehemaligen Aldi-Filiale hast du 200 Flipper stehen.
Die Halle ist in der Nähe vom Büro. Als ich die fertig eingerichtet hatte, lud ich meine Eltern ein. Mein Vater ist zur Tür reingekommen und sagte nur: „Der bringt mich noch ins Grab. Was soll das? Warum nicht zehn Flipper, warum 200?“ Ich sagte nur, die braucht man halt. Meine Mutter meinte dann zu ihm: „Lass doch den Bub seine paar Flipper kaufen, der hat doch dreißig Jahre so hart geschafft!“ Dieser Raum spiegelt aber auch meine Arbeit mit all den Bands wider. Irgendwie wollte ich letztlich doch immer die besten Bands und immer mehr – ich wollte alle guten Bands. Alle!

Und mit den Flippergeräten ...?
Wie soll ich das erklären? Das ist retro, das ist meine Jugend. Ich habe mir zuerst Geräte gekauft, die ich früher gespielt habe. Irgendwie wurden es immer mehr. Ich bastle an denen herum, putze die Dinger und habe mich da sehr ins Thema eingelesen und über die Flipper-Community viele Leute kennen gelernt. Ich habe Flipper von METALLICA, AC/DC, KISS, IRON MAIDEN ... Und gerade erschien ein Heavy-Metal-Flipper mit sechs Nuclear Blast-Bands, zum Beispiel AMORPHIS, HELLOWEEN und PRIMAL FEAR. So ein Flipper mit den eigenen Bands, das ist super. Ich bin mit den Herstellern in Kontakt und die freuen sich, dass ich Werbung für sie mache –irgendwie gibt es sonst niemanden, der im Musikbereich Werbung für Flipper macht. Für mich ist das ein reines Hobby.

Ist diese Sammlung privat oder soll das mal ein Museum werden, kann man die auch als Außenstehender spielen?
Nein, das ist privat. Ich will meine Ruhe. Ich bin oft allein in dem Flipper-Raum, putze ein bisschen. Wenn ich einen Putzdurchgang mache, brauche ich drei Monate. Du musst die Spielflächen polieren, die Kugeln. Als gelernter Maschinenschlosser kann ich auch die Gelenke der Flipperhebel reparieren, aber bei der Elektronik bin ich raus. Dafür habe ich einen Flipper-Techniker aus Berlin, der kommt alle drei Monaten eine Woche lang zum Reparieren. Ich verstehe, wenn man sich denkt, das ist komplett verrückt. Aber weißt du, wenn ich mit Bands in diesem Raum bin, das ist verblüffend. Mit SUBWAY TO SALLY hatte ich da ein Schlüsselerlebnis. Ich wollte sie unter Vertrag nehmen, die kamen zu Besuch, wir gingen in die Flipper-Halle und die merkten, was für ein Fan ich bin. Bands spüren das, und jeweils fünf Bier und fünf Whiskey später hatten wir viel Spaß gehabt und viel geredet. Da gehen die anders nach Hause, als wenn die ein Business-Meeting in einem Büro haben. Nein, bei mir spüren sie meinen Enthusiasmus! Ich habe da schon mit vielen Bands wilde Partys gefeiert. Als SUBWAY TO SALLY am nächsten Tag gingen, sagten sie zum Abschied, dass sie genau jemanden so verrücktes wie mich brauchen. Und deshalb würden sie den Deal bei mir machen.

Das war das alte Nuclear Blast. Das neue Nuclear Blast gehört einer schnöden, kalten Tech Company, für die es letztlich nur um den Shareholder Value der Investoren geht. Und damit um maximale Rendite. Was spielst du da noch für eine Rolle?
Meine Rolle ist auf meine Bands auf meinem Label beschränkt. Was die da machen, kann und will ich nicht beeinflussen. Ich glaube, dass ein paar Mitarbeiter es nicht gut fanden, dass ich gegangen bin. Ich bin zwar bei dem „neuen“ Label angedockt mit meinen neuen Bands und meinem Nuclear Blast, aber ich kann schon verstehen, dass manche Leute denken, ich habe sie im Stich gelassen. Weißt du, es ist ja so, Joachim, du bist 52, ich bin 54. Und ich wollte nach all den Jahren mit der Firma auch endlich wieder ein Leben, wo ich mal zwei Wochen am Strand sitzen kann, abends schön essen gehe und mir nicht die ganze Zeit im Computer Zahlen anschauen und rechnen muss, um zu sehen, wie ich das nächste Jahr erfolgreich bestehen kann, mit all der Verantwortung für 120 Mitarbeiter. Ich brauchte diesen Schnitt. Ich habe jetzt „meine“ Bands und um die kümmere ich mich. Ich kann es nicht beeinflussen, was die beim „alten“ Nuclear Blast machen. Ich hatte auch mit Sony und Warner gesprochen, aber man weiß letztlich sowieso nicht, was „die Neuen“ daraus machen. Die Menschen wechseln bei diesen Companys. Lass uns mal Amazon oder Tesla nehmen, große Aktiengesellschaften. Ich lese gerne Biografien, und auch wenn ich bei Amazon zwiegespalten bin, weil die den Einzelhandel zerstören, so muss man doch sagen, dass Jeff Bezos angefangen hat wie du und ich, mit einer kleinen Firma in der Garage. Was kann der dafür, wenn der im Lockdown mit dem Online-Handel Milliarden verdient? Kann ich ihm das vorwerfen? Ich habe keine Antwort. Bei Elon Musk von Tesla ist das anders, mit all seinen verrückten Projekten, etwa den Mars zu besiedeln. Der hat für mich was Punk-mäßiges. Seine Autos sind technisch nicht gut, aber der entwickelt und entwickelt und entwickelt und entwickelt und entwickelt. Er gibt nicht auf, egal was passiert. Er hat schon so viel Geld, er macht das nicht wegen des Geldes. Frank Thelen von der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ hat mal gesagt, Elon Musk sei ein guter Mensch, der wolle die Welt verbessern. Er hat recht. Musk hat eine Vision und die verfolgt er. Ich finde, man kann nicht sagen, nur weil der Milliardär ist, ist er kein guter Mensch. Das ist unabhängig vom Geld.

Mich stört, wie der oft kritiklos zum digitalen Heiland verklärt wird, gefühlt besonders gerne von „Techies“. Ob etwa seine Autos wirklich besser sind, gerät dabei aus dem Fokus – er hat zumindest die bessere Story.
Da ich ja Autofan bin, beschäftige ich mich auch mit dem Thema. Im Vergleich zu einem Tesla ist ein Porsche ein in fast jedem Detail perfektes Auto. Dazu gibt es auch Tests. Nicht mal die Batterien sind bei Tesla besser. Manchmal denke ich mir, der Musk hat alle verarscht, aber jetzt ist sein Konzern mehr wert als alle anderen Autofirmen zusammen. Tesla wird sicher manches noch hinbekommen, aber technisch ist der meilenweit hinter Porsche. Musk hat es geschafft, aus Illusionen Börsenwert zu schaffen.

Kommen wir auf deine Firma zurück ... War der Verkauf an so einen Investor alternativlos?
Also am liebsten wäre mir gewesen, ich hätte an das finanziell erfolgreichste Indielabel der Welt verkaufen können, an Epitaph. Ich denke, der hätte das Geld in der Portokasse gehabt. Es gibt kaum eine Band neben NIRVANA und GREEN DAY, die in den letzten Jahrzehnten so viel Geld eingespielt hat wie THE OFFRSPRING. An einen Musikfan wie Brett Gurewitz zu verkaufen, wäre am geilsten gewesen. Oder an METALLICA. Auf Nuclear Blast sind ja schließlich deren ganze Kumpels wie ANTHRAX, EXODUS, OVERKILL und so weiter. Aber das war keine Option, ich glaube, die sind satt.

Bei dir ist es ja schon früh so gewesen, wie ich es bei vielen Freunden erlebt habe: Sie haben viel Punk und Hardcore gehört, aber irgendwann so jenseits der vierzig, so als ob es irgendwie eine Schwerkraftkurve gäbe, sind sie quasi dorthin zurückgekehrt, wo sie herkamen: zum Metal. Metal scheint irgendwie eine weitaus stärkere Gravitation auszuüben, vor allem bei Männern, wenn sie mal ein gewisses Alter haben.
Das ist eine interessante Beobachtung. Lass es mich so sagen: Da bei Nuclear Blast jetzt andere Leute das Sagen haben, glaube ich nicht, dass da Signings wie AGNOSTIC FRONT, MADBALL, DISCHARGE, THE EXPLOITED oder BIOHAZARD stattfinden werden. Das sind Bands von mir! In den letzten Jahren haben Andy Siry, ich, Jaap und Markus Wosgien die Bands gesignt. Ich bin quasi raus, Andy ist raus ... Weißt du, AGNOSTIC FRONT, dass die bei mir unterschrieben haben, das war das größte Kompliment in drei Jahrzehnten. Das nahm seinen Anfang vor zwölf Jahren bei einem Konzert in Stuttgart. „Another Voice“ war dann die erste Platte bei uns, fünf sind es bislang. Roger schrieb mir mal, er wünschte sich, dass alle Businessleute so wären wie ich – Fans. „Bei dir spürt man das Feuer“, schrieb er. Die waren auf zig Labels, und ich sei der Einzige, der wirklich Fan sei. Viele Bands haben ja die Erfahrung gemacht, ständig von einem Label zum anderen zu wechseln oder weitergereicht zu werden. TESTAMENT, EXODUS, OVERKILL, ANTHRAX, die waren mal bei einem Major, dann bei Combat, dann wurde Combat verkauft, dann boomte Thrash nicht mehr, man ließ die Bands fallen. Und wir haben die aufgesammelt. Diese Bands habe ich auch vor und während meiner Punk-Zeit schon etwas verfolgt, wobei es auch Zeiten gab, in denen ich nur Punk und Hardcore hörte und keinen Metal mehr.

Um nun auf meine Frage zurückzukommen ...
Bei mir ist das eben anders. Letzte Woche habe ich PENNYWISE gehört und NO USE FOR A NAME. Ich höre gerne SLIME, CANAL TERROR, VORKRIEGSJUGEND, BETON COMBO, INFERNO – deren „Tod & Wahnsinn“ ist der Hammer! Die war so krass brutal und heftig. Die ist über 35 Jahre alt. Aber auch NORMAHL waren echt heftig, also die alten Platten. Ich habe über die Jahre den Spaß an dieser Musik nicht verloren, die hat mich wirklich geprägt. Wie auch die vorhin schon erwähnten DISCHARGE und FLUX OF PINK INDIANS. Deren „Strive To Survive Causing Least Suffering Possible“ ist Wahnsinn. Da läuft von Anfang bis Ende so ein monotoner Ton mit, das ist einfach düster. Dieses Punk-Ding war bei mir absolut konträr zu meiner Kindheit und Jugend, da war alles normal. Dann fing das mit der Musik an und meine Eltern sagten: „Sag mal, was hörst du dir da an?“

Hattest du in Donzdorf Jugendfreunde, mit denen du diese Begeisterung geteilt hast? Gab es irgendwelche frühen Nuclear Blast-Wegbegleiter?
Ich war abends oft in einer Kneipe in Göppingen namens B10. Bei einer Autofahrt nach Hause, da war ich vielleicht 19, habe ich beim Trampen einen Kerl namens Michael Trengert [2013 verstorben, die Red.] mitgenommen. Da lief im Auto STUPIDS und das war’s, da war er „drauf“, angefixt. Er hat mir geholfen Mailorderlisten zu kopieren und Platten zu packen. Er war auch der erste Promoter des Labels. Und der ging schon ganz schnell Richtung noch heftigeres Zeugs wie PUNGENT STENCH und DISHARMONIC ORCHESTRA. Die Mini-LP von PUNGENT STENCH ist mit das härteste, was es gibt, mehr geht nicht – auch vom Provokationsfaktor her. Das war eine enge Freundschaft, wir haben alles gemeinsam aufgesaugt, Konzerte. Punk, Metal, Hardcore. Alles. Slatko Dolic [starb Mitte/Ende der Achtziger] war noch vor Micha Trengert dabei. Wir drei waren das Kernteam. Dann kam noch Martin Purr dazu, er macht seit Mitte der Neunziger sein eigenes Label Cyclone Empire. Generell war aber auch der Austausch mit Leuten irgendwo anders in Deutschland wichtig, etwa mit Till Neurath von Geld her!, mit Helge Schreiber, mit Kalle Stille ... Das waren klassische Brieffreundschaften, da tauschte man selbst aufgenommene Mixkassetten. Lokal kannte ich nicht so viele Leute, da gab es nicht so viele, die diese Musik hörten.

Das sind genau die Geschichten, wie ich sie auch von meiner Frau Uschi und ihrem Fanzine „Sie trägt rote Pyjamas“ kenne. Die damals auch mit dir in Briefkontakt stand. Und auch sie war die Einzige im Dorf, die diese Musik hörte, da war der Briefaustausch mit Gleichgesinnten das, was einen rettet in einer Umgebung, in der man sich wie ein Außenseiter fühlt.
Kaum jemand sieht an dieser Sache mit dem Musikbusiness, dass ich, glaube ich, nirgendwo sonst so viel über Menschen hätte lernen können. Wenn ich Besuch bekam, sagten meine Eltern immer: „Was da wieder für Leute kommen ...“ Da luden PUNGENT STENCH gerade ihre leeren Bierdosen und Kippen vor unserer Garage ab ... Als SACRED DENIAL aus New Jersey auf Tour waren, wuschen die bei uns ihre Klamotten und übernachteten bei mir. Deren Album „North Of The Order“ war NB 006. Wir haben wilde Partys gefeiert, da war Thomas Ziegler von Mülleimer/A.M. Music dabei oder Peter Ehrenfeld von TRIEBTÄTER. Da waren die Verrückten unter sich.

Lass uns über das Plattensammeln sprechen. Du erwähntest vorhin bereits, dass du anfangs viel getauscht hast für deinen kleinen Mailorder. Das war ja für viele Menschen aus der Szene der Beginn der Plattensammlung. Nur so war es für viele möglich, sich so ein prinzipiell teures Hobby leisten zu können. Wie groß ist deine Sammlung? Wie wichtig ist dir diese Plattensammlung? So was kann ja ganz schnell auch eine Last werden, wenn man sich wirklich aktiv und viel darum kümmern muss.
Mein wahrer Schatz ist natürlich meine Hardcore-Punk-Sammlung, vor allem wegen den US-7“s, darunter viele ganz unbekannte. Auch aus England habe ich sehr viel. Am Metal-Teil meiner Sammlung – alles Vinyl – hängt kein Herzblut, denn da sind die Auflagen der Platten zu groß. Ich habe alles von METALLICA, aber ... das kickt nicht. Ich mag die ganzen Platten auf Weird System, das war was Besonderes. AGR wiederum ... war fast schon zu groß. Eine farbige TORPEDO MOSKAU- oder NEUROTIC ARSEHOLES-Platte zu haben, das ist schon geil. RAZZIA und BLUT + EISEN sind für mich übrigens auch herausragende Bands. Aber alte Thrash-Platten ...? Ich weiß nicht. Da fehlt mir der Spirit von Punk und Hardcore. METALLICA oder HELLOWEEN waren dagegen ... Mainstream. Ich habe mehr Spaß an einer farbigen BETON COMBO / 23 SKIDDOO-Split-12“ auf Sasquatsch, an der farbigen „Cursed Earth“ von JINGO DE LUNCH auf Bonzen, die ist orange und pink. Oder eine EA80-7“, für die ich mal 300 Mark oder Euro bezahlt habe. Von EA80 habe ich alles doppelt, ich weiß auch nicht warum. Da habe ich alles, das ist mit denen einfach ganz speziell. Eine „Lovedrive“-Platte von den SCORPIONS ist eben weder besonders noch speziell. Da weiß ich zwar noch, wie ich die damals gekauft habe, aber das ist alles. Aber eine ANTI-NOWHERE LEAGUE-Platte, die habe ich in Göppingen nicht bekommen, dafür musste ich nach Stuttgart und in verschiedenen Läden suchen, etwa bei Govi. Pfiff in Göppingen hatte Thrash, aber bei Punk waren die nicht gut bestückt. Mein Vater ist auch teilweise zu Mülleimer Records gefahren, um Platten für mich abzuholen. Das Besondere an den Platten ist für mich also schon, wie ich an die gekommen bin. Demgegenüber ziehe ich eine Michael Schenker-Platte raus, aber ... da ist die Auflage zu hoch. Dennoch steckt da Herzblut drin, weil das die Anfänge des Metals für mich waren.

Du hast mittlerweile viel Geld. Im Grunde kannst du dir jede Platte kaufen, die du haben willst. Nimmt das den Reiz, wenn man seine Gelüste so einfach befriedigen kann?
Ab und zu kaufe ich mir alte Punk-Platten nach, die ich damals verkauft habe – meist auf eBay. Ich könnte mir da viel zusammenkaufen. Ich hatte neulich mal wieder von MENTAL ABUSE „Streets Of Filth“ im Blick. Die sollte 300 oder 500 Euro kosten – und ich habe es nicht getan. Ich kann mir die auf YouTube anhören, wenn ich will. So viel Geld ausgeben für eine Platte, das kann ich auch nicht. Und weißt du, ich mache mir aus teurer Kleidung zum Beispiel überhaupt nichts. Da kaufe ich danach, ob mir was gut passt oder nicht, nicht nach Marke. Warum eine Hose für 300 Euro, wenn die für 39,90 auch passt und sitzt?

Es gibt Menschen aus dem Musikbusiness, die sehr präsent sind, die bei allen Branchen-Events auflaufen, als Keynote-Speaker auftreten. Du hast dich da immer etwas zurückgehalten. Eine bewusste Entscheidung?
Bei einem Film stehen die Schauspieler im Vordergrund, nicht der Regisseur. Unsere Schauspieler sind die Bands, wir setzen nur im Hintergrund das Puzzle zusammen und geben unser Bestes. Ich war bestimmt sieben, acht Mal bei der „Echo“-Verleihung, aber das ist alles nur Schein und du sitzt dann zwischen irgendwelchen Prominenten und Serien-Schauspielern und fragst dich, was du da machst. Bei „Top of the Pops“ war ich mehrfach, wenn da unsere Bands auftraten, und mit dem Chef da, Thomas Wegner, bin ich bis heute in Kontakt, der ist auch Punk- und Metal-Fan. Hier und da gab es mal ein Interview im Metal Hammer oder Rock Hard, aber bei Facebook und Instagram halte ich mich raus. Ich will nicht, dass jemand weiß, wo ich bin, warum soll ich was aus dem Mallorca-Urlaub posten? An der Musikakademie Mannheim habe ich mal Vorträge gehalten, das war okay. Das waren BWL-Studenten, denen habe ich gesagt, egal was sie hier lernen, das funktioniert alles nicht. Du musst dran glauben. Nur weil du BWL kannst, das bedeutet nichts. Klar, auch ich muss rechnen, damit der Laden läuft. Normalos denken so: Die sagen, ich will Ingenieur werden und 10.000 Euro verdienen. Mich hat das schon damals nicht interessiert, wie man eine Maschine zusammenbaut, wie man viel Geld verdient.

Du bist nicht so der Excel-Typ, der mit komplexen Tabellen hantiert, um eine Produktion, eine Band komplett durchzurechnen und zu planen, oder? Reicht es dir zu wissen, dass du jemand in der Firma hast, er sich mit den mit den betriebswirtschaftlichen Abläufen so richtig gut auskennt?
Excel kann ich gar nicht, das habe ich nie gemacht. Ist mir zu anstrengend. Mein Ding ist die „Liegestuhl-Methode“. Im Urlaub auf Mallorca habe ich mich immer in den Liegestuhl gesetzt, habe mir den Release-Plan angeschaut, die ungefähren Verkaufszahlen dahinter geschrieben, die Summe mal acht Euro multipliziert– das ist das, was man für eine Platte vom Großhandel bekommt, den Mailorder-Umsatz ergänzt – fertig! Dauert fünf Minuten. Was soll ich denn in eine Excel-Tabelle eintragen? Ich hatte keine Ahnung, was eine HAMMERFALL- oder DIMMU BORGIR-Platte verkaufen wird. Ich ging von 10- oder 20.000 aus. Dass es 200.000 werden würden, konnte ich nicht ahnen.

Damit hast du es sehr weit gebracht ...
Aber erst nach sieben Jahren! Da musste sich meine Mutter von der Bank noch anhören: „Frau Staiger, sagen Sie ihrem Sohn, er soll mit dem Scheiß aufhören. Damit kann man nichts verdienen!“ Ich habe geantwortet: „Ist mir egal, das interessiert mich nicht.“ Und daraufhin habe ich mich darum gekümmert, nicht mehr als 30.000 Mark im Minus zu sein. Dann kamen ATROCITY, PUNGENT STENCH, MASTER, ABOMINATION, das ging plötzlich gut ab und es kam ein bisschen Geld rein. Und dann ging’s ab, dann kamen DISMEMBER und das war der Ober-Burner. Die ganzen Death-Metal-Bands folgten, wie beispielsweise MONSTROSITY. Hardrock wollte ich übrigens nie machen, ich habe nie Hardrock gehört, also BON JOVI und so was. Irgendwann dachte ich mir aber, eine Band in der Art kann man ja machen, und obwohl klassischer Heavy Metal damals eher tot war, habe ich HAMMERFALL gemacht. Und die ist genau wie die von DIMMU BORGIR ungewöhnlich gut geworden. Wenn Platten unbeschwert und ohne Erfolgsdruck entstehen, dann ist das Resultat meistens besser, als wenn man ein Album „konstruiert“, um an einen Erfolg anzuknüpfen. Die Platten haben sich über 200.000-mal verkauft. Glück gehabt, kann man sagen, ja, aber ich habe dazu auch das Vollgasprogramm gestartet mit großem Budget, weil ich daran glaubte. Und das war auch wieder der Fall kurz nach der Jahrtausendwende bei MANOWAR und NIGHTWISH – da kam deren „Once“-Album. Jetzt kann man wieder sagen: Glück. Ja, aber ich habe da auf volles Risiko investiert, weil ich fest daran glaubte. Und Vollgas gegeben und gedacht: Scheiß drauf, ich glaube daran. Mal gucken, was rauskommt. Es ging komplett ab! NIGHTWISH holten mit über 400.000 Platin und MANOWAR mit über 250.000 Gold. So ein Erfolg war für mich schon kaum mehr zu fassen.

Was waren weitere Höhepunkte für dich?
2014 hat mein amerikanischer Nuclear Blast-Mann Gerardo Martinez SLAYER geangelt. Die haben wir unter Vertrag genommen, ohne sie vorher getroffen zu haben. Unser erstes Zusammentreffen war hier im Flipper-Raum. Wir haben zusammen gegessen, geflippert, getrunken, und die erwiesen sich als ganz normale freundliche Menschen – was man vielleicht nicht unbedingt denkt, wenn man sie live sieht, haha. Kerry King sieht ja schon böse aus auf der Bühne. Aber der war locker drauf und Flipper-Fan. Und dann mit dem nach zehn Bier Richtung Hotel zu laufen, das war schon eine unwirkliche Erfahrung. SLAYER, das sind für mich Superstars, und jetzt mit denen arbeiten zu können, wow. Leider kommen ja nur sehr wenig Bands dieser Größenordnung nach, SABATON etwa. Sollten sich METALLICA, IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST auflösen, wen wollen die dann für die großen Festivals als Headliner buchen?

An Bands aus dem Rockmusikbereich haben sich in den letzten Jahren Deutschrock-Band wie BÖHSE ONKELZ und FREI.WILD sehr gut verkauft. In solche musikalischen Niederungen hat sich Nuclear Blast nie begeben, obwohl das sicher profitabel ist.
Auf Rock-O-Rama gab es anfangs ein paar gute Platten, aber dass das ein seltsames Label ist, hat sich schon bald herausgestellt. Damals kannte auch jeder in der Szene jenes vielzitierte Lied von BÖHSE ONKELZ, und damit war das für mich erledigt. Das ist prollig und stumpf, für mich ist das nichts, ich mag den Sänger nicht, ich mag die Musik nicht. Wir haben die Onkelz auch nie bei Nuclear Blast im Mailorder verkauft. Daran ändert auch nichts, dass die heute geläutert und nicht mehr rechts sind. FREI.WILD kamen auch nicht infrage, ich verfolge ja die Musikpresse, lese Ox, Plastic Bomb, Visions, Rock Hard, Metal Hammer, alles. Ja, Menschen ändern sich, wohl auch der FREI.WILD-Sänger, man kann auch Dinge verzeihen, aber das braune Etikett bleibt halt. Außerdem ist das Massenmusik, das gibt mir nichts. Und wenn ich mir so was wie „Land der Patrioten“ anhöre, mir den Text durchlese und ich überlegen muss, ob das nun rechts ist oder nicht, bin ich raus, damit will ich nichts zu tun haben.

Welche Nicht-Metal-Bands magst du?
Ich liebe TOCOTRONIC und MADSEN. Mit MADSEN haben wir ja auch bei Arising Empire gearbeitet, wobei ich mich von meiner Beteiligung an dem Label mittlerweile getrennt habe. MADSEN waren auch schon bei mir im Flipper-Raum, ich war auf sicher zehn Konzerten. Da kenne ich alle Lieder in- und auswendig. TOCOTRONIC finde ich mega – zu Beginn waren die ja noch eher punkig. „Pure Vernunft darf niemals siegen“ finde ich super, und auch „Schall & Wahn“, die habe ich erst letzte Woche noch gehört. Die finde ich sehr besonders. OASIS finde ich übrigens auch super. Das ist auch meine größte Sammlung, was eine Band betrifft – da habe ich alles. Singles, Japanpressungen, Testpressungen, und so weiter. OASIS sind die geilste Band, die es gibt! Es gibt nichts Besseres! Ich habe alle Bücher gelesen, und ich bereue, dass ich trotz Einladung nicht mitgegangen bin, als mein Freund Jörg Hacker, damals Chef von Sony, mit denen vor vielen Jahren auf ein paar Bier in die Kneipe ging. Und was Liam und Noel Gallagher betrifft: Als Künstler musst du verrückt sein. Durchgeknallt. Da brauchst du Geschichten, dass die sich prügeln, sich beleidigen, in Flugzeugen randalieren. Ich lese auch heute noch alles, was ich zu denen finden kann. Noel wurde mal gefragt, was er zum Thema Migration denkt, und er antwortete: „Wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte.“ Den Satz habe ich mir gemerkt und wenn mich jemand etwas fragt in Bezug auf Politik, antworte ich genau das.

Wie stehst du zu Metalcore?
Das hören die Punks nicht und die normalen Metaller auch nicht. Ich kenne da alle Bands, aber wenn du im Ox BRING ME THE HORIZON und A DAY TO REMEMBER bringen würdest, würden die Leute sagen: Was soll das?

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Nuclear Blast Records

Markus Staiger gründete Nuclear Blast 1987. Die ersten 17 Veröffentlichungen waren Punkbands, wie etwa IMPULSE MANSLAUGHTER, CONDEMNED, ROSTOK VAMPIRES, CHRONICAL DIARRHOEA, SACRED DENIAL, NO FRAUD. Danach folgten einige Jahre, in denen fast nur Death-Metal-Bands veröffentlicht wurden, etwa DISMEMBER, PUNGENT STENCH, ATROCITY, BENEDICTION, MASTER, MONSTROSITY. Danach ging Nuclear Blast in die Breite und deckte sämtliche Subgenres des Metal ab wie klassischen Heavy Metal (HAMMERFALL, AVANTASIA), Hardrock (SINNER, GOTTHARD), Black Metal (DIMMU BORGIR, CRADLE OF FILTH, IMMORTAL), Folk Metal (ELUVEITIE, EQUILIBRIUM), Gothic (THERION, DEATHSTARS), Deathcore (SUICIDE SILENCE, THY ART IS MURDER), Thrash (SLAYER, KREATOR), Progressive (THRESHOLD), Retro-Rock (BLUES PILLS, GRAVEYARD, KADAVAR).

Markus Staiger signte über die Jahre aber auch immer Punk- und Hardcore-Bands (AGNOSTIC FRONT, DISCHARGE, THE EXPLOITED, MADBALL, BIOHAZARD) beziehungsweise veröffentlichte diese auf dem Arising Empire-Label, das er 2015 zusammen mit Tobbe Falarz gründete, der wiederum schon 1989 mit seiner Band INHUMAN CONDITIONS bei Nuclear Blast war. Auf Arising Empire, wo Staiger 2020 ausgestiegen ist, erscheinen unter anderem Jugendhelden wie THE ADICTS oder PETER AND THE TEST TUBE BABIES.

Nach 31 Jahren verkaufte er 2018 den Großteil der Firma Nuclear Blast GmbH an Believe Digital, er behielt nur einen kleinen Anteil. Auf Markus Staigers eigener Firma Nuclear Blast Tonträger Produktions- und Vertriebs GmbH, die ihm zu 100% gehört, hat er seine Lieblingsbands behalten: HELLOWEEN, AGNOSTIC FRONT, OPETH, MESHUGGAH, PRIMAL FEAR, Michael Schenker, AMORPHIS, SONATA ARCTICA und RISE OF THE NORTHSTAR.

Das Nuclear Blast-Headquarter (und auch der Wohnort von Markus) war und ist in Donzdorf, einer Kleinstadt zwischen Stuttgart und Ulm mit 10.000 Einwohnern. Das Label hat Büros in London, Los Angeles und São Paulo.

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Diskografie

Die ersten 50 Releases: V.A. „Senseless Death“ (LP, 1987) • CONDEMNED „Humanoid Or Biomechanoid?“ (LP, 1987) • IMPULSE MANSLAUGHTER „He Who Laughs Last ... Laughs Alone“ (LP, 1987) • CANCEROUS GROWTH „Late For The Grave“ (LP, 1988) • CANCEROUS GROWTH „Hmmlmmlum“ (LP, 1988) • SACRED DENIAL „North Of The Order“ (LP, 1988) • NO FRAUD „Hard To The Core“ (LP, 1988) • STARK RAVING MAD „Amerika“ (LP, 1988) • V.A. „A Farewell To Arms“ (LP, 1988) • SACRED DENIAL „Sifting Through Remains“ (LP, 1988) • CHRONICAL DIARRHOEA „Salomo Says ...“ (LP, 1988) • IMPULSE MANSLAUGHTER „Logical End“ (LP, 1988) • RIGHTEOUS PIGS „Live And Learn“ (LP, 1989) • ROSTOK VAMPIRES „Transylvanian Disease“ (LP, 1989) • DROOGIES „Remember“ (LP, 1989) • TARNFARBE „Heroes Of Today“ (LP, 1989) • STARK RAVING MAD „Social Sickness“ (LP, 1989) • DEFECATION „Purity Dilution“ (LP, 1989) • DISHARMONIC ORCHESTRA / PUNGENT STENCH „Split LP“ (LP, 1989) • V.A. „The Pleasures In Life“ (LP, 1989) • DISHARMONIC ORCHESTRA „Successive Substitution“ (7“, 1989) • INHUMAN CONDITIONS „Deserve No Respect“ (LP, 1989) • ATROCITY „Blue Blood“ (7“, 1989) • PUNGENT STENCH „Extreme Deformity“ (7“, 1989) • IMPULSE MANSLAUGHTER „Burn One Naked And Nuke It“ (7“, 1989) • ROSTOK VAMPIRES „Pay The Price“ (LP, 1989) • TOXIC SHOCK „Welcome Home ... Near Dark“ (LP, 1990) • ABOMINATION „s/t“ (LP, 1990) • PUNGENT STENCH „For God Your Soul ... For Me Your Flesh“ (LP, 1990) • MASTER / ABOMINATION „Master / Follower“ (7“, 1990) • BENEDICTION / PUNGENT STENCH „Confess All Goodness / Blood, Pus & Gastric Juice“ (7“, 1990) • MESSIAH „Extreme Cold Weather“ (CD, 1990) • BENEDICTION „Subconscious Terror“ (LP, 1990) • DEATHCORE „Spontaneous Underground“ (LP, 1990) • RIGHTEOUS PIGS „Stress Related“ (LP, 1990) • RIGHTEOUS PIGS „Turmoil“ (7“, 1990) • DISHARMONIC ORCHESTRA „Expositionsprophylaxe“ (LP, 1990) • ATROCITY „Hallucinations“ (LP, 1990) • INCUBUS „Beyond The Unknown“ (LP, 1990) • MASTER „s/t“ (LP, 1990) • ROSTOK VAMPIRES „Misery“ (LP, 1990) • ROSTOK VAMPIRES „Boring Old Fart“ (7“, 1990) • V.A. „Death ... Is Just The Beginning“ (LP, 1990) • DEATH STRIKE „Fuckin’ Death“ (LP, 1991) • CHRONICAL DIARRHOEA „The Last Judgement“ (LP, 1991) • REVENANT „Prophecies Of A Dying World“ (LP, 1991) • DISMEMBER „Like An Ever Flowing Stream“ (LP, 1991) • BENEDICTION „The Grand Leveller“ (LP, 1991) • MESHUGGAH „Contradictions Collapse“ (LP, 1991) • ABOMINATION „Tragedy Strikes“ (LP, 1991) ... bis heute (Auswahl): GOREFEST „False“ (CD, 1992) • HYPOCRISY „Penetralia“ (LP, 1992) • KATAKLYSM „Sorcery“ (CD, 1994) • THERION „Lepaca Kliffoth“ (CD, 1995) • IN FLAMES „The Jester Race“ (LP, 1996) • DIMMU BORGIR „Enthrone Darkness Triumphant“ (LP, 1997) • CREMATORY „Awake“ (LP, 1997) • HAMMERFALL „Legacy Of Kings“ (LP, 1998) • STRATOVARIUS „Infinite“ (LP, 2000) • HELLOWEEN „The Dark Ride“ (CD, 2000) • SOILWORK „Natural Born Chaos“ (CD, 2002) • MESHUGGAH „Nothing“ (CD, 2002) • MANOWAR „Warriors Of The World“ (CD, 2002) • ANTHRAX „We’ve Come For You All“ (CD, 2003) • EXODUS „Tempo Of The Damned“ (CD, 2004) • EDGUY „Hellfire Club“ (CD, 2004) • NIGHTWISH „Once“ (CD, 2004) • CLAWFINGER „Hate Yourself With Style“ (CD, 2005) • GOTTHARD „Lipservice“ (CD, 2005) • AMORPHIS „Eclipse“ (CD, 2006) • ALL SHALL PERISH „The Price Of Existence“ (CD, 2006) • BLIND GUARDIAN „A Twist In The Myth“ (CD, 2006) • SONATA ARCTICA „For The Sake Of Revenge“ (CD, 2006) • EPICA „The Divine Conspiracy“ (CD, 2007) • NILE „Ithyphallic“ (CD, 2007) • SONIC SYNDICATE „Only Inhuman“ (CD, 2007) • SUBWAY TO SALLY „Bastard“ (CD, 2007) • RAGE „Carved In Stone“ (CD, 2008) • LIQUIDO „Zoomcraft“ (CD, 2008) • TESTAMENT „The Formation Of Damnation“ (CD, 2008) • PAIN „Cynic Paradise“ (CD, 2008) • SUFFOCATION „Blood Oath“ (CD, 2009) • BEHEMOTH „Evangelion“ (LP, 2009) • VADER „Necropolis“ (CD, 2009) • IMMORTAL „All Shall Fall“ (CD, 2009) • HARDCORE SUPERSTAR „Split Your Lip“ (CD, 2010) • CANDLEMASS „No Sleep ’Til Athens“ (LP, 2010) • SAMAEL „Antigod“ (CD, 2010) • OVERKILL „Ironbound“ (CD, 2010) • SABATON „Coat Of Arms“ (CD, 2010) • ENSLAVED „Axioma Ethica Odini“ (CD, 2010) • DESTRUCTION „Day Of Reckoning“ (LP, 2011) • DIE APOKALYPTISCHEN REITER „Moral & Wahnsinn“ (CD, 2011) • TANKARD „A Girl Called Cerveza“ (CD, 2012) • KORPIKLAANI „Manala“ (CD, 2012) • ORCHID „The Mouths Of Madness“ (CD, 2013) • CHILDREN OF BODOM „Halo Of Blood“ (LP, 2013) • MACHINE HEAD „Bloodstone & Diamonds“ (CD, 2014) • SUICIDE SILENCE „You Can’t Stop Me“ (CD, 2014) • ACCEPT „Blind Rage“ (CD, 2014) • LAMB OF GOD „VII: Sturm und Drang“ (CD, 2015) • SLAYER „Repentless“ (CD, 2015) • OPETH „Sorceress“ (CD, 2016) • BLUES PILLS „Lady In Gold“ (CD, 2016) • AVANTASIA „Ghostlights“ (CD, 2016) • IMMINENCE „This Is Goodbye“ (CD, 2017) • WHILE SHE SLEEPS „You Are We“ (CD, 2017) • LANCER „Mastery“ (LP, 2017) • KREATOR „Gods Of Violence“ (CD, 2017) • MADBALL „For The Cause“ (CD, 2018) • SABATON „The Great War“ (CD, 2019) • HELLOWEEN „Skyfall“ (LP, 2021)