OLE O’BRIAN

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Der Pencil-Fighter schlägt zurück

Es gibt Kunstwerke, bei denen man sofort erkennt, aus wessen Feder sie stammen. So auch bei Ole O’Brian, der nicht nur für unzählige Cover im Punk-Bereich verantwortlich ist, sondern obendrein auch als Schlagzeuger der EVIL O’BRIANS ordentlich in der Szene mitmischt. Nun veröffentlicht Ole sein neues Buch „Pencil Fighter“, das neben einer retrospektiven Werkschau direkt noch den perfekten Soundtrack mit Songbeiträgen von allen Bands mitliefert, für die er zuletzt gearbeitet hat. Ein grandioses Package, über das wir unbedingt mit dem sympathischen Braunschweiger sprechen müssen.

Ole, das letzte Gespräch mit dem Ox liegt ganze sechs Jahre zurück. Was ist bei dir inzwischen alles passiert?

Ich kann mich noch gut daran erinnern und bin noch mächtig stolz darauf, einer der ersten in der damals noch neuen Rubrik „Punk Art“ gewesen zu sein. Allerdings wurde ich da noch durch einen Copy/Paste-Fehler als Gössi aus Luzern angekündigt, was bei meinen Bandmates natürlich wieder Mal zu schallendem Gelächter geführt hat. Mein Sohn wurde ebenfalls vor sechs Jahren geboren, dadurch haben sich die Prioritäten bei der Gestaltung der Freizeit etwas verschoben und ich schaffe es nicht mehr, so viele Arbeiten anzunehmen wie in dem Zeitraum davor. Ich wähle seitdem deutlich stärker aus und sage häufiger ab als früher.

Dein neues Buch heißt „Pencil Fighter“, der Stift ist also deine Waffe. Doch für oder gegen was genau kämpft man so im kreativen Schaffensprozess?
Das ist interessant! Durch die Art der Fragestellung wird mir zum ersten Mal bewusst, was man in den Titel hinein interpretieren könnte und dass der eventuell geneigte Leser unter Umständen eher politische oder sozialkritische Arbeiten erwarten könnte. Der Titel ist aber eher zustande gekommen, weil ich das Grundkonzept des Umschlags des ersten Buchs „Pencil Rider“ erneut aufgreifen und etwas Ähnliches schaffen wollte. Ich benutze also den realen oder auch digitalen Bleistift maximal als Waffe im Kampf für den Spaß an der künstlerischen Gestaltung und gegen den Alltagsfrust und -stress, da ich dabei völlig entspannen und auf andere Gedanken kommen kann.

Was ist deine Motivation, das Buch herauszubringen? Bei einer 200er-Auflage wird es schwer, die Kosten zu decken. Und volle Auftragsbücher hast du auch. Ist es am Ende vielleicht einfach etwas, um damit das eigene Ego zu cremen?
Was? Haha, so eine Frechheit! Ich fühle mich ertappt. Das trifft es aber im Kern. Ich verdiene damit null und bin lediglich bestrebt, die Herstellungskosten zu decken. Die investierte Zeit ist dabei völlig außer Betracht gelassen. Das schöne Feedback, das ich aus aller Welt bekomme, ist Balsam für mein Wohlbefinden oder auch die Creme für mein Ego, wenn ihr es so wollt. Ein zweiter Grund ist, dass ich Artbooks liebe und eine kleine Sammlung habe, die ich immer wieder herauskrame, um darin zu schmökern und mir Inspiration zu holen.

Als besonderer Gimmick liegt deinem Buch wieder eine CD mit Songs von den Bands bei, für die du in den letzten Jahren die Artworks gezeichnet hast.
Es gibt da diesen Comic „Pounded“, den ich mal in den USA zusammen mit einem dazugehörigen Soundtrack als beiliegende CD gekauft habe. Die Idee, diese beiden Medien zusammenzubringen, fand ich großartig. Auch die Anspieltipps, die in den Ox-Kochbüchern zu den Rezepten gehören, sind eine klasse Idee, die mich hierbei beeinflusst hat. Ich dachte, es wäre cool, sich ein Artwork anzusehen und dann auch die dazugehörige Musik hören zu können.Außerdem will ich natürlich auch die Bands featuren.

Wo kann man das neue Buch bekommen?
Hauptsächlich vertreibe ich das Teil selbst über Facebook und wer eins möchte, schreibt mir einfach eine Nachricht auf meiner Seite.

Wenn du einen Auftrag bekommst, wie ist dann deine Herangehensweise?
In der Regel werde ich als Erstes angeschrieben und gefragt, ob ich Zeit und Lust habe, für die jeweilige Band ein Cover, Logo etc. zu erstellen. Wenn ich die anfragende Person noch nicht kenne, versuche ich, so viel wie möglich über die Band herauszufinden und mir die Songs, Videos oder frühere Albumcovers anzusehen. Wenn das für mich passt und der Auftrag zustande kommt, habe ich schon eine gute Übersicht über den Style oder das Image der Band. Am liebsten ist es mir, wenn die jeweilige Band bereits eine Grundidee hat, die man dann gemeinsam über einen Austausch weiterentwickelt. Prinzipiell arbeite ich ja ausschließlich mit Bands zusammen, die mir gefallen.

Anfang des Jahres ist das neue Album deiner Band THE EVIL O’BRIANS erschienen, für die du auch das Coverartwork übernommen hast. Was ist schwieriger, für andere oder in eigener Sache zu arbeiten?
Für andere zu arbeiten ist etwas schwieriger, da ich immer geneigt bin, einen Konsens bei dem Motiv zu finden. Bei unseren Sachen muss es in erster Linie mir gefallen. Meine Bandkollegen überzeuge ich dann recht schnell, da sie diesbezüglich sehr tumb und einfach gestrickt sind, haha. Häufig unterschätzen sie die Arbeit, die für ein fertiges LP-Layout benötigt wird, und tun es als Strichmännchenzeichnen ab, die Banausen!

Wie viele Stunden arbeitest du durchschnittlich an einem Plattencover oder an einem Konzertplakat?
Boah, das kommt natürlich immer auf die Arbeit an. Grob geschätzt mit allem Drum und Dran wie Abstimmung mit der Band, Recherche, Skizzenerstellung usw. benötige ich zwischen 15 und 30 Stunden für eine Anfrage. Bei einfachen einfarbigen Shirt-Illustrationen auch mal weniger, bei aufwändigen und detailreichen Alben, Frontcover plus Rückseite und Erstellung von printfertigen Druckdaten auch mal mehr. Da ich lediglich in der Freizeit und am Feierabend zeichne, bedeutet das, dass ich für Aufträge in der Regel zwischen zwei und acht Wochen benötige.

Welche Artwork-Kollegen zählen zu deinen Favoriten?
Wenn es um Artwork-Kollegen geht, denke ich immer zuerst an Paulinho Tscherniak, ein brasilianischer Illustrator und Frontmann der Band FLANDERS 72. Seine Arbeit für J Prozacs Album „Won’t Let Go“ ist einfach genial. Da stimmt für mich in Bezug auf Illustration und Farben einfach alles. Das wäre so ein Bildchen, was ich gern selbst geschaffen hätte. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wir ihn in Zukunft mal anfragen werden, ob er Lust hat etwas für uns zu machen.

Was macht für dich ein zeitgenössisches Punk-Artwork aus und was sind die Trademarks speziell im Pop-Punk? Hat sich das im Laufe der Jahre verändert?
Anders als im Mainstream-Bereich ist im Punk immer noch das Artwork oft das Erste, was man von einer Band wahrnimmt. Es sollte also eine Brücke zu der jeweiligen Musik sein. Es wäre gut, wenn der Band das Artwork wichtig ist und sie sich Gedanken darüber machen, was das jeweilige Album, die Art der Musik, die Texte und den Titel am besten optisch einfangen kann. Dazu finde ich es wichtig, dass man der Entstehung des Artworks den entsprechend benötigten Zeitrahmen zugesteht. Ich wurde schon häufig angefragt von Bands, die mir dann sagen, dass sie ein Jahr an einem Album geschraubt haben, jetzt endlich fertig sind und nun schnell in zwei Wochen releasen wollen. Ich sage dann häufig: „Okay, stellt euch vor eine Backsteinwand, macht ein Foto und setzt euer Logo darüber.“ Grundsätzlich finde ich nicht, dass sich das Punk-Artwork heutzutage großartig von damals unterscheidet. Im Pop-Punk-Bereich sind dabei nach wie vor auf jeden Fall verschiedenste Comic-Stile und Comic-Fonts sehr gefragt sowie klassische Surf- und Fifties-Designs.

Hast du bereits Pläne für zukünftige Arbeiten?
Also ich werde auf jeden Fall Volume 3 der „Pencil“-Reihe angehen und fange mal an, wieder die derzeitigen Arbeiten zu sammeln. Wahrscheinlich dauert es wieder sechs Jahre, haha. Und dann ist da diese Idee, die mir seit Jahren im Kopf herumschwirrt, mal eine Art „Pencil Rider/Fighter“-Malbuch-Variante für Kids herauszubringen. Die Idee einer Ausstellung trage ich auch schon lange mit mir herum. Ich würde gern LP- und CD-Veröffentlichungen, T-Shirts, Plakate, Sticker und sonstigen Merch mit meinen Artworks darauf zusammentragen und eine „Punk Rock Art & Show“-Vernissage veranstalten, bei der auch eine Band spielen soll und es zum Empfang Bierchen statt Sekt gibt. Ansonsten freue ich mich einfach auf weitere spannende Artwork-Anfragen von Bands, die ich cool finde.