POPPERKLOPPER

Foto

Bis die Lederjacke kneift

Mit Grillhüttenpartys in der Südeifel hat alles angefangen. Damals, im Oktober 1989, hießen ihre Vorbilder SLIME oder CANAL TERROR. Heute stehen sie mit ihren ehemaligen Idolen selbst auf der Bühne und feiern dieses Jahr ihr dreißigjähriges Bandjubiläum. Pünktlich zum runden Geburtstag haben POPPERKLOPPER aus Trier ihr neuntes Studioalbum fertiggestellt. „Alles wird Wut“ heißt das gute Stück und es wird vor allem den alten Fans der Band viel Freude bereiten, verspricht Sänger und Gitarrist Carsten Junk im Ox-Interview. 13 Songs mit Ohrwurmcharakter, dem typischen Zorn und politischer Botschaft.

Hat sich der Sound von POPPERKLOPPER mit dem neuen Album verändert?


Verglichen mit den letzten Alben ist es aus meiner Sicht eine konsequente Weiterführung unseres Stils. Wir hatten ja schon immer Rock’n’Roll-Einflüsse. Mit dem Udo haben wir nach Felge und Pöppel außerdem noch einen neuen Mann am Bass und der kommt eher aus der Hardrock-Richtung. Ich habe mit ihm zusammen früher in der Rock’n’Roll-Band THE DYNAMINDS gespielt. Deshalb ist da vielleicht noch einiges da. Es sind aber auch viele von diesen typischen, schnellen POPPERKLOPPER-Songs auf dem Album. Das eine schließt ja das andere nicht aus.

Wie findet eine Deutschpunk-Band noch Themen für ihre Songs? Es ist doch eigentlich über alles schon mal gesungen worden.

Da hast du natürlich recht, die Themen in unseren Songs wiederholen sich teilweise. Gewisse Sachen haben sich aber einfach nicht geändert oder sich im Laufe der Jahre sogar verschlimmert. Gerade in den letzten Jahren fällt es mir sehr leicht, Texte zu schreiben, weil im Moment auf der ganzen Welt so viel Mist passiert. Da geht einem der Stoff sicher nicht aus. Im Vergleich zu älteren Platten ging mir das viel leichter von der Hand. Damals war oft die Musik schon längst fertig und ich habe immer noch nach geeigneten Zeilen gesucht. Das war diesmal wirklich besser. Uns ist ziemlich spontan einiges eingefallen. Die Themen, die wir ansprechen, sind zwar nicht neu, aber sehr aktuell.

Zeiten harter politischer Auseinandersetzungen sind erfahrungsgemäß gute Zeiten für Punkrocker. Das beflügelt die Kreativität. Wie seht ihr das?

In den Achtzigern, als in den USA Ronald Reagan regierte, haben DEAD KENNEDYS ihre besten Platten gemacht. In Deutschland war das in der Ära Helmut Kohl so. Durch Leute wie Donald Trump und die AfD ist momentan den Punkbands beim Verfassen von Texten sehr geholfen.

In euren Songs greift ihr Faschisten, Kapitalisten oder Kriegstreiber an. Seid ihr über eure Musik hinaus aktiv, in Organisationen wie Greenpeace, in der Antifa oder sogar Parteien?

Nein, auf keinen Fall. Wir gehören keiner Partei an und wir sind auch nicht aktiv für die Antifa. Von der Gesinnung her sind wir zwar auf einer Linie, aber wir sind nirgendwo Mitglieder. Ich selbst engagiere mich außerhalb der Band nicht politisch.

Im Stück „Nicht tot genug“ prangert ihr Umweltzerstörung und in „Generation App“ den Handy-Wahn der Jugend an. Wie versucht ihr, in eurem Privatleben bewusst damit umzugehen?

Der Umweltschutz fängt natürlich im Kleinen an. Daran kann sich jeder beteiligen. Das machen wir natürlich auch im tagtäglichen Leben. Wie kann ich Müll reduzieren? Oder sparsamer leben? In dem Song geht es darum, dass dem kleinen Mann gehörige Mitschuld gegeben wird, aber was in den großen Konzernen passiert, kommt nicht weiter zur Sprache. Die Verantwortung wird immer schön auf den Bürger abgewälzt. Wenn es um Wirtschaftsfragen geht, stehen Wachstum und Profite immer an erster Stelle.

Und wie sieht dein Umgang mit dem Handy aus? Ich beobachte an mir selbst, dass es langsam zur Sucht wird.

Genau dieses Phänomen beschreibt der Song „Generation App“. Wir kritisieren nicht den Gebrauch von Handys, es ist einfach eine Beschreibung, wie weit sich das Ganze entwickelt hat und wo das alles noch hinführen soll. Inzwischen spielt sich so viel in der digitalen Welt ab, dass wir einfach einen Hinweis darauf geben wollen, was die Konsequenzen davon sind. Wie viel geben wir von uns preis? Was passiert mit den ganzen Daten? Machen wir uns Gedanken darüber, oder ist es uns egal? Oder wundern wir uns irgendwann, dass wir total gläsern geworden sind und zu jeder Zeit überwacht werden können? Deshalb muss sich jeder selbst die Frage stellen: Wie weit gehe ich? Es ist ja im Prinzip ein schleichender Prozess, der damit anfing, dass man sich sein erstes Handy gekauft hat. Dann ging es weiter mit Smartphones und diesen ganzen Apps. Einigen Leuten ist es scheinbar egal, welche Konsequenzen das irgendwann hat. Ich selbst muss nicht der ganzen Welt zeigen, wo ich gerade bin oder was ich gerade mache.

Ihr habt ja sowohl deutsche als auch englische Songs. Wie entscheidet ihr, ob ein Stück einen deutschen oder englischen Text bekommt?

Bei uns ist es so, dass wir zuerst die Musik schreiben und dann einen passenden Text dazu verfassen. Die englischen Songs sind meistens die, die in 77er-Punk-Richtung gehen und ein bisschen rockiger sind. Alter England-Punk eben. Da passen englische Refrains einfach am besten.

Für mich ist einer der Höhepunkte auf der Platte der Song „Rebel heart“ mit Patti Pattex, früher bei SCATTERGUN. Das ist ja nicht eure erste Zusammenarbeit mit Patti, oder?

Wir kennen Patti schon seit über zwanzig Jahren und haben vor acht Jahren mit „No Compromise“ sogar ein ganzes Album zusammen aufgenommen. Immer wenn wir in Berlin sind, kommt sie zu uns auf die Bühne und singt ein oder zwei Songs mit. An so einem Abend haben wir beschlossen, zum dreißigjährigen Bandjubiläum wieder was zusammen zu machen. Wir hatten sowieso noch einen Song übrig, zu dem hat sie dann einen Text geschrieben und ihn dann gleich eingesungen.

Ihr hattet ja noch andere illustre Gäste im Studio. Wie kam es zu dem Chor der AGGROPUNK ALLSTARS mit Jungs von ALARMSIGNAL, FAHNENFLUCHT und MISSSTAND?

Die Idee ist entstanden, als alle Songs für das Album schon fertig waren. Wir wollten ein klares Zeichen gegen diesen ganzen AfD-Wahn setzen. Dann haben wir uns entschlossen, für den Song „Wir sind mehr“ ein paar befreundete Gastsänger einzuladen. Zum einen weil es einfach eine schöne Sache für unser Jubiläum war, zum anderen weil wir den Song noch druckvoller gestalten wollten. Deshalb haben wir die Jungs von unserem Label Aggressive Punk Produktionen um Unterstützung gebeten. So hat sich das ergeben. Ich finde, es ist auch runde Sache mit einer direkten Aussage geworden.

Was macht ihr, wenn ihr nicht mit POPPERKLOPPER unterwegs seid?

Für uns ist die Band ganz klar ein Hobby. Wir leben also nicht von der Musik, sondern alle drei arbeiten. Ich habe einen Bürojob in einer Spedition, unser Schlagzeuger Lars ist selbstständiger Arzt, unter anderem auch mein Hausarzt, haha, also ein Allgemeinmediziner auf dem Land. Und unser Bassist Udo arbeitet als Altenpfleger.

Die ersten 100 Besteller eines Bundles aus CD, LP, Shirt und Poster bekommen als Bonus ein „30 Jahre Popperklopper“-DIY-Fanzine mit der kompletten Bandgeschichte und unzähligen Fotos. Wer hat das verfasst?

Das haben wir zu dritt bei mir zu Hause zusammengebastelt. Die Idee kam von Matze von unserem Label, dass wir doch irgendein Special zu unserem Bandjubiläum machen könnten. Dann fanden wir die Idee, ein Oldschool-Fanzine zu machen, richtig cool. Wir haben zuerst die Bandgeschichte zusammengeschrieben, tonnenweise Bilder herausgesucht und dann alles mit Schere und Kleber zusammengefügt. So wie früher eben. Bei mir im Büro habe ich dann alles kopiert und zusammengetackert. Einen Teil bekommt Matze für die Bundles, einen Teil bekommt man aber auch bei unseren Konzerten, wenn man die Platte kauft. Das Teil ist im klassischen DIN-A5-Fanzine-Format und hat 16 Seiten.

Popper gibt’s ja eigentlich seit den Achtzigern nicht mehr. Wie glücklich seid ihr noch mit eurem Bandnamen?

Die Frage ist eher, ob wir überhaupt jemals glücklich waren mit unserem Bandnamen, haha. Der Name ist Ende der Achtziger entstanden, da gab es noch Popper. Wir haben uns ja als Schulband gegründet und damals haben wir uns immer mit den Poppern gezofft. Seit einigen Jahren ist es aber so, dass wir von jüngeren Fans gefragt werden, was unser Bandname eigentlich bedeuten soll. Das haben wir erst gar nicht verstanden, weil das für uns ganz klar war. Aber diese Jungs kennen den Begriff „Popper“ einfach nicht. Dann müssen wir denen immer erklären, dass das so was wie heute die Hipster sind. Wir müssten also eigentlich Hipsterklopper heißen.