RANTANPLAN

Wenn die Revolution nicht tanzbar ist, sind wir nicht dabei.

Ska und Punk – in den USA mittlerweile eine brandheiße Kombination, die eine ganz eigene Szene hervorbrachte, Dutzende von Bands, diverse, nur auf diesen Sound spezialisierte Labels und gut gefüllte Konzertsäle. Und in Deutschland? Auf der einen Seite gibt’s da die eingeschworene, puristische Ska-Szene, auf der anderen ein paar Bands der melodisch-punkigen Sorte, die meist eher schlecht als recht einen (Alibi-)Ska-Song im Programm haben.

Und dann sind da noch RANTANPLAN aus Hamburg, gegründet mit OPERATION IVY und den MIGHTY MIGHTY BOSSTONES im Hinterkopf. „Kein Schulterklopfen (Gegen den Trend)“ hieß ihr Debüt-Album von vor zwei Jahren, „Köpfer“ lautet der Titel des neuen Longplayers, der ebenfalls wieder eine packende Mischung aus Punk und Ska bietet, ergänzt um schlaue, auf den Punkt gebrachte, deutsche Texte. „Los ging’s im Herbst ’95 in der Besetzung Tim – Schlagzeug & Gesang, Marcus – Gitarre & Gesang, Torben – Gitarre & Gesang und mir am Bass“, erzählt Reimer zu den gar nicht so weit zurückliegenden Anfangstagen seiner Band, die sich – Lucky Luke-Leser haben’s längst gemerkt – nach dem treudoofen Hundchen benannt hat, das den Mann, der schneller zieht als sein Schatten, bei all seinen Abenteuern begleitet. „Dann kamen die Bläser dazu – Lars spielt Trompete, Brian Posaune –, und wir nahmen unser erstes Demo auf, spielten die ersten Konzerte.“ Ein halbes Jahr später stand die Band schon mit Christian Mevs, der auch „Köpfer“ produziert hat, im Hamburger Soundgarden-Studio, spielte das erste Album ein und erntete damit nur wohlwollende bis begeisterte Kritiken. Drei Jahre, zwei Alben, permanente Bühnenpräsenz – keine schlechte Bilanz. Andere Bands schaffen es in dieser Zeit nicht mal auch nur ein Demo aufzunehmen. „Tja, wir verstehen halt was von unserem Metier“, lacht Torben. „Ich denke, der Trick ist, dass wir sechs uns schon recht lange untereinander kennen. Wir haben immer wieder mal zusammen im Wohnzimmer gesessen und musiziert, da gab es keine lange Phase des Kennenlernens. Praktisch gab es schon fertige Songs, bevor wir die Band überhaupt gegründet hatten.“ Torben und Marcus, die Haupttextschreiber der Band, sind überdies seit Jahren als Basser bzw. Gitarrist und Sänger von ... BUT ALIVE ein eingespieltes Team.
Seit ein Rezensent anlässlich des ersten Albums mal den Begriff „Tanzmusik“ aufbrachte, um damit den doch anders als normalen Punkrock ins Bein gehenden RANTANPLAN-Sound zu beschreiben, muss der Hamburger Sixpack sich des öfteren diese Beschreibung gefallen lassen – ein Problem? „Von uns selbst kommt der Begriff nicht“, lacht Reimer. „Aber ich finde ihn schon recht treffend, denn was wir machen, dazu passt es eben nicht, Pogo zu tanzen.“ Mit der Konsequenz, dass das trotz erhöhter Ska-Quote meist mehrheitlich punkige Publikum etwas relaxter zur Sache geht und vor der Bühne erheblich weniger gerempelt wird – eine Sache, die der Stimmung auf RANTANPLAN-Konzerten doch recht zuträglich ist.
Ska hin, Punk her – alles in allem sind RANTANPLAN doch eher in der Punkszene heimisch, spielen vor entsprechendem Publikum und haben – noch – ein kleines Problem, in der ziemlich puristisch veranlagten Ska-Szene anerkannt zu werden. „Klar, wir spielen gelegentlich auch mal auf einem Ska-Festival“, erzählt Torben, „aber sonst spielen wir fast immer in einschlägig bekannten Punkläden. Aber wir sehen uns auch als Teil dieser Szene, von daher haben wir damit kein Problem.“
Der Crossover zwischen den Szenen – hier in Deutschland läuft er fast nur stilistisch, kein Vergleich mit der boomenden Ska-Punk-Szene der USA. „Ich denke, das funktioniert hier einfach noch nicht, weil das Angebot an Bands viel zu klein ist. Da sprichst du entweder die Punk- oder die Ska-Szene an“, analysiert Reimer. „Und ich glaube, dass das Publikum in den USA auch offener ist. Hier in Deutschland kannst du die entsprechenden Bands beinahe an einer Hand abzählen: PRACTICAL JOKE, LOS NUEVOS MUTANTES, FRAU DOKTOR, HAMMERHAI, TATORT, BANDIT JAZZ – mehr fällt mir im Augenblick nicht ein, die anderen Bands mögen es mir verzeihen.“ In der Tat: Es gehört in den ausgehenden Neunzigern zwar zum guten Ton für jede Punkband, mindestens einen Ska-Song im Programm zu haben, wobei nur die wenigsten es schaffen, damit auch zu überzeugen. RANTANPLAN gehören zu letzteren, haben den nötigen Groove, bissige Bläser – und auch beste Texte zwischen Politik („Ya basta!“ über die Lage in Chiapas) und Selbstreflexion („Großversuch (in Sachen Leben)“). Wenn die Revolution so tanzbar sein sollte, dann kann sie kommen.