Second Bandshirt

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Altkleidersammlung für’n guten Zweck

Jeder kennt das: Der Kleiderschrank quillt über vor Bandshirts, ständig kommen neue dazu, man unterstützt tourende Bands ja auch gerne mal durch einen Kauf. Doch wohin mit den alten? Zu schade für die Altkleidersammlung, zu faul für Ebay. Die Alternative: Die Kölner Initiative Second Bandshirt findet neue Käufer für alte Shirts. Malte und Lara aus dem Freiwilligen-Team erzählen, wie das so läuft.

Was ist die Idee hinter Second Bandshirt?

Lara: Im Prinzip sind wir ein Verein und verkaufen auf Konzerten sowie online ausgediente Bandshirts und spenden den Erlös. Die Idee an sich ist nicht komplett neu. Trotzdem gibt es immer noch jede Menge Merchandise-Klamotten zu Hause in den Kleiderschränken, aus denen die meisten, wenn sie ehrlich sind, schon rausgewachsen sind oder sie sind von Bands, die sie vielleicht aktuell nicht mehr in ihre Playlist packen würden. Jemand anderes würde sich aber vielleicht ähnlich über die Errungenschaft freuen wie man selbst, als man damals nach dem Konzert am Merchtisch gelauert hat. Warum das Ganze also nicht für etwas Gutes nutzen? Es läuft so ab, dass wir allerhand Merchandise zugeschickt oder persönlich überreicht bekommen und man diese Stücke dann in unserem Online-Shop gegen eine Spende erwerben kann. Die Spende geht an verschiedene Organisationen oder Projekte, die sich für soziale Gerechtigkeit oder Antidiskriminierung oder soziale Kämpfe engagieren.

Wie läuft das mit der Spende konkret?

Lara: Beim Kauf eines Shirts kann die jeweilige Person selbst entscheiden, wie viel des Kaufpreises jeweils an drei ausgewählte Projekte oder uns als Verein vergeben werden soll. Wir streben momentan an, die drei Projekte zweimal jährlich auszuwechseln, und geben uns immer größte Mühe bei der Auswahl, um verschieden Bereiche wie Antifaschistische Arbeit, Tierschutz, lokale Projekte, LGBTQ-Hilfe oder auch mal Organisationen im Ausland zu unterstützen. Die Projekte, die wir und somit auch ihr aktiv unterstützt, repräsentieren daher auch die Werte und Ideen, die uns wichtig sind. Unsere lokalen Gruppen, die sich inzwischen in einigen deutschen Städten gegründet haben, spenden die Einnahmen meist an lokale Initiativen oder das dortige AZ. Mit dem Geld, das an uns als Verein gespendet wird, runden wir teilweise die jeweiligen Spendensummen auf, ansonsten sparen wir fleißig, um endlich auch ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen.

Und wer steckt hinter Second Bandshirt?

Malte: Ich fange erst gar nicht an, hier Namen zu nennen, denn ich würde sicher einige tolle Personen vergessen. Der Kern der Aktiven kommt aus dem Kölner Raum, auch wenn wir mittlerweile Mitglieder in ganz Deutschland haben. Da wir nach dem Vereinsrecht organisiert sind, haben wir natürlich einen Vorstand, Beirat etc., darüber hinaus sind wir aber in Themengruppen aufgeteilt, die sich jeweils um Recherche, Versand, Projekte und den Online-Shop kümmern.

Da dürften doch mittlerweile einige Shirts zusammengekommen sein. Wie und wo lagert ihr die, wie bewältigt ihr die Logistik, welchen Zeitumfang hat euer Projekt mittlerweile?

Malte: „Einige“ trifft es nicht mal annähernd, die Spendenbereitschaft der Menschen, was Shirts angeht, ist unglaublich groß. So groß, dass wir mittlerweile mehrere private Keller und Wohnräume vollgestellt haben. Unser Logistikteam trifft sich mindestens einmal die Woche, um neue Spenden auszupacken, zu fotografieren, ins Lager einzusortieren und Bestellungen zu verschicken. Parallel kümmert sich das Rechercheteam darum, die Bands zu überprüfen und das Okay für den Shop zu geben. Den Zeitaufwand in Stunden zu messen, ist müßig, denn wenn man mit Leidenschaft ehrenamtlich arbeitet, lässt man das besser bleiben.

Wascht ihr alle Shirts vor dem Verkauf, macht ihr an den Neuzugängen den „Nasentest“, ob das frisch riecht? Und was ist mit Löchern und so weiter?

Malte: So richtig schlimm stinkende Shirts hatten wir noch nicht dabei, solange es sich um Einzelfälle handelt, waschen wir diese aber und stellen sie danach im Shop ein. Alle Shirts zu waschen, ist aber vom Zeitaufwand her nicht möglich. Da aber auch klar ist, dass wir Secondhand-Shirts anbieten, gab es da noch keine Probleme, man sollte ja auch neue Shirts vor dem Tragen besser waschen. Für den Zustand der Shirts, den man auf dem Foto schon erkennen kann, haben wir aber auch drei Kategorien, mit denen wir den Zustand angeben: „Neu“, „Gebraucht“ und „Punk“ – danach richtet sich dann auch der Preis des Shirts.

Für gewisse alte Shirts zahlen manche Menschen ordentlich Geld. Wie verhindert ihr – oder wollt ihr das überhaupt? –, dass jemand bei euch billig ein Shirt „schießt“ und dann teuer bei eBay anbietet?

Lara: Ach, ihr glaubt gar nicht, wie viele Sorgen uns das Thema im Vorhinein gemacht hat. Rare Shirts für mehr Kohle zu verkaufen, war für uns keine Option. Geliebtes Bandmerch sollte für alle erschwinglich sein. Deshalb hatten wir uns das Konzept „Coming soon“ überlegt. Da wurden jede Woche Shirts eingestellt, für die man sich „bewerben“ konnte beziehungsweise sein Interesse anmelden, und die wurden dann am Ende der Woche verlost, falls es mehrere Interessierte gab. Wir wollten, dass es fair bleibt und uns nicht einfach jemand den Shop leer räumt und die Sachen dann weitervertickt. Wir mussten aber irgendwann einsehen, dass wir unsere Fairness-Agenda etwas zurückschrauben müssen, um auch allen anderen wöchentlichen Aufgaben gerecht zu werden, besonders da es offenbar gar keine so große Konkurrenz unter den Kaufenden gibt. Soweit wir es bisher beobachten konnten, gab es auch noch niemanden, der mit unseren Shirts Profit gemacht hat. Falls uns mal eine ultraseltene Rarität unterkommt, könnten wir uns auch eine Versteigerung vorstellen.

Ihr sortiert doch sicher Shirts aus, weil zu kaputt oder dreckig – oder die Band nicht okay ist. Was passiert mit denen? Altkleidercontainer?

Lara: Also dreckig können wir waschen. Zu kaputt ... das ist vielleicht Definitionssache. In unserer Qualitätskategorie „Punk“ findet man auch Shirts mit abgeschnittenen Ärmeln. Ich finde, man kann jedes Shirt zur Not noch in ein gutes Patch verwandeln. Die Shirts von Bands, die wir absolut nicht vertretbar finden, werden erst mal gesammelt, so dass wir vielleicht irgendwann mal eine Ausstellung mit den Gurken machen können. Zum Glück spenden uns bisher aber anscheinend fast nur sehr politisch bewusste Menschen ihr Merchandise.

Malte: Wir halten es mit unseren Bands wie auch sonst mit Menschen: Rassismus, Sexismus, Homophobie und jegliche Form von Diskriminierung haben keinen Platz. Wir könnten unsere Arbeitsabläufe wesentlich beschleunigen, wenn wir nicht jede Band überprüfen würden, aber das machen wir bewusst nicht, so sehr sich die Klamottenberge auch türmen. Jede noch so obskure Band wird vom Rechercheteam überprüft, indem das Internet auf Schlagwörter in Kombination mit dem Bandnamen durchsucht wird. So werden dann Interviews gelesen, Konzert-Line-ups gesichtet und Texte quergelesen, bevor das Team die Infos bündelt und die Band für den Shop freigibt. Es gibt natürlich nie eine absolute Gewissheit, besonders bei unbekannten Bands gestaltet sich die Recherche oft schwierig, aber im Zweifelsfall sind wir natürlich für Feedback von außen offen.

Wollt ihr aktuell weitere Spendenshirts oder geht ihr schon darin unter?

Lara: Da unsere Lagermöglichkeiten bisher etwas begrenzt sind, gehen wir schon ein bisschen unter. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht alle Spenden brauchen und immer gerne weitere annehmen. Wir suchen sowieso nach größeren Lagerräumen als unseren privaten Kellern und Gästezimmern. Am besten aber kauft ihr uns einfach ganz viele Shirts ab, damit wir wieder Platz für neue haben! Sagt uns gerne auch Bescheid, wenn ihr uns eine Sendung schickt. Eventuell haben wir auch Leute in eurer Stadt, die die Shirts vor Ort annehmen und ihr könnt Porto sparen.

Ihr seid ein e.V., wollt ihr noch aktive und/oder passive Mitglieder, und wie kann man euch als Nicht-Kölner aktiv supporten?

Malte: Natürlich, wir freuen uns über jeden interessierten Menschen, der uns unterstützen möchte. Eine Option wäre die Mitgliedschaft in unserem Verein, entweder als normales Mitglied für 12 Euro Jahresbeitrag oder als Fördermitglied für 24 Euro. Genauso gut ist aber natürlich aktive Hilfe, sei es in einem der Teams in Köln oder als Verkaufs/Sammelstelle in einer anderen Stadt. Egal, auf was ihr Bock habt, kontaktiert uns einfach und fragt nach.