SOILWORK

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Same same but different

Elf Alben haben die schwedischen Melodic-Death-Metaller SOILWORK bereits auf dem Kasten. Nebenbei haben sie Anfang des letzten Jahrzehnts quasi die Blaupause für die New Wave of American Heavy Metal geliefert. Wir sprechen mit Sänger Björn Strid über „Verkligheten“, das neue Werk seiner Band.

Björn, in den ersten Jahren eurer Band habt ihr fünf Alben in fünf Jahren veröffentlicht. Nun sind seit dem letzten vier Jahre ins Land gegangen. Wie kommt es?

Ich glaube, es liegt einfach daran, dass wir diesmal mehr getourt sind als bei den ersten drei, vier Alben. Als wir angefangen haben, haben wir hauptsächlich Wochenend-Shows gespielt, irgendwann kamen Europatouren hinzu. Das waren dann aber eine oder zwei pro Album. Doch mit „The Ride Majestic“ haben wir jetzt drei Amerikatourneen gespielt, zwei in Europa, dazu auf etlichen Festivals, in Australien und Südamerika. Damit mag es zusammenhängen, denn wir waren noch nie eine Band, die auf Tour viel geschrieben hat. Vielleicht hat es auch mit unserem Alter zu tun und wir sind etwas vorsichtiger geworden, nicht mehr so spontan wie früher.

Nichtsdestotrotz habe ich gelesen, dass „Verkligheten“ relativ schnell entstanden ist. Wie passt das damit zusammen, dass ihr eigentlich viel Zeit hattet?
Schwer zu sagen. Bis auf „The Living Infinite“ 2013, das ja ein Doppelalbum war, haben wir meist ein halbes Jahr fürs Songwriting gebraucht. Manchmal musst du irgendwie die Inspiration erst in Schwung bringen und dann fügt sich alles ganz natürlich zusammen. Man öffnet die Tore.

David, euer Gitarrist, und du habt das neue Album gemeinsam geschrieben. Wie schwer ist es aus deiner Sicht, zwei verschiedene Ansätze zusammenzubringen und am Ende kongruentes Werk zu haben?
Es ist eine schwierige Aufgabe, einen guten Flow in so ein Album zu bringen. Zwar schreiben ich und David die Songs, aber auch Sven ist mit seinem Keyboard mitten im Geschehen. Manchmal ist es einfacher, wenn man weniger Songwriter hat, zwei oder vielleicht drei. Wenn die gesamte Band beteiligt ist, wird es komplizierter, alles unter einen Hut zu bringen. Jeder geht doch etwas anders vor. Das hat jetzt schon so oft funktioniert, nur macht es eben den ganzen Prozess anstrengender. Aber zugleich heißt das auch, das jeder in der Band einen Song beisteuern kann, wenn er möchte. Wir sind eine sehr demokratische Band.

Nun hast du Sven schon angesprochen. Bei dem neuen Album hatte er wesentlich mehr zu tun als bei den Vorgängern. Scheint es nur so oder war er dieses Mal mehr involviert?
Als ich meine Songs geschrieben habe, hatte ich keine Keyboardparts im Kopf und ließ gewisse Stellen frei. Ich wusste aber, dass Sven das mit guten Ideen füllen würde. Ich musste Sven erst ein bisschen dazu drängen, sich mehr Platz auf dem Album zu nehmen. Es gab Momente im Studio, in denen wir fast gestritten haben, weil Sven das Keyboard leiser haben wollte, ich es aber weiter in den Vordergrund stellen wollte. Das passiert normal nicht. Normal möchte jeder der Lauteste auf einem Album sein. Indem ich einige Stellen offen gelassen habe, wollte ich ihn dazu ermutigen, sich mehr einzubringen. David hingegen, der selbst ein guter Pianist ist, hat für seine Demos Keyboards programmiert. Sven hat manche Passagen davon übernommen, vieles hat er aber auch leicht geändert, einiges sogar komplett. So lief das diesmal ab.

Was ist auf dem neuen Album, neben dem gesteigerten Keyboardeinsatz, noch anders?
Ich würde sagen, dass ihm eine gewisse Wucht innewohnt. Wir wollten uns so weit wie möglich von Groove Metal und dessen Appeal entfernen. Gerade auf „Stabbing The Drama“ 2005 hatten wir ja diese groovige Tendenz. Ganz am Anfang war das noch anders. Damals klangen wir wuchtiger, das habe ich etwas vermisst. Es geht also wieder direkter nach vorne. Denn davon habe ich in der gegenwärtigen Metal-Szene ein bisschen die Schnauze voll, von diesem groovigen, stampfenden Macho Gehabe. So sind wir ein bisschen zu unseren Wurzeln zurückgekehrt, ohne dass es zu nostalgisch wird. Wir haben eine Prise Blackened Heavy Metal hinzugefügt, der auch schon zu Beginn unserer Karriere vorhanden war.

„Stabbing The Drama“ liegt nun knapp 15 Jahre zurück. Denkst du in diesen Dimensionen, wenn du anfängst zu schreiben? Dass ihr damals etwas Midtempo-lastiger wart und du nun diese Elemente vollkommen vermeiden möchtest?
Das kam erst während des Schreibens. Wenn ich bouncige Musik hören möchte, dann alten Funk und Soul. Im Metal werden diese Elemente aber ein bisschen überstrapaziert. Ich möchte hier keine Band dissen, LAMB OF GOD zum Beispiel machen das ziemlich gut und haben ausgezeichnete Riffs. Es ist ja nichts verkehrt daran. Ich mag es nur nicht mehr hören. Meiner Meinung nach passt diese Art von Musik nicht zu uns. Auch wenn ich „Stabbing The Drama“ sehr mag, glaube ich gleichzeitig, dass damals etwas gefehlt hat. Das erkennt man aber nur in der Rückschau, wenn man sich in der Zwischenzeit als Songwriter weiterentwickelt hat.

Kommen wir zu einer Sache, die ich oft in den Kommentaren zu euren bisher veröffentlichten Songs gelesen habe: Viele sind der Meinung, dass man auf „Verkligheten“ das erste Mal einen THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA-Einfluss bemerkt. Auch dort seid David und du ja die Hauptsongwriter.
Für uns sind die beiden Bands zwei total unabhängige Entitäten. Ich war auch sehr überrascht, dass so viele Leute NFO erwähnt haben. Bislang habe ich das noch nicht analysiert. Vielleicht hören sich die Melodien ähnlich an. Bei SOILWORK gibt es eher die melancholischen Klänge, aber das vermittelte Gefühl ist wahrscheinlich vergleichbar. In der Vergangenheit wurden SOILWORK beeinflusst von allem Möglichen, von DISSECTION bis zu den EURYTHMICS. Es sind am Ende einfach nur Melodien. Für uns ist die Musik jedenfalls absolut unabhängig, Ying und Yang.