SUICIDE SILENCE

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Virtual world tour

Man muss kreativ sein in Zeiten, in denen Reisen, Konzerte und allerlei kulturelle Ereignisse wegen einer Pandemie ausfallen. Also sind SUICIDE SILENCE kreativ geworden und bieten ihre eigene virtuelle Welttournee an – ein bisher einzigartiges Konzept, das wir deshalb natürlich gleich mal ausprobieren wollen.

Im Vorfeld sprachen wir schon einmal mit Gitarrist Chris. „Das ist nicht einfach nur ein Livestream“, verrät er uns. „Wir haben praktisch einen richtigen Fernsehkanal namens Suicide Silence.TV.“ Das beinhaltet auch so einiges an Zuschauerinteraktion, Chat, virtueller Merchtisch, Q&A – wir sind gespannt. Ob ein Livestream ein echtes Konzert ersetzen könne, möchten wir an der Stelle gerne wissen. „Das ist noch viel aufwändiger und kostspieliger als ein richtiges Konzert“, meint Chris. „Sonst fährt man von Stadt zu Stadt und zieht da seine Show ab. Jetzt haben wir ein Studio, in dem wir täglich zwei Livestreams machen. Man lernt unfassbar viel, worüber man sich vorher als Künstler gar keine Gedanken gemacht hat, wenn man einfach nur anreist und seine Sachen aufbaut.“

„Zwei Shows an einem Tag sind doch sicher unglaublich anstrengend, oder?“, wollen wir wissen. Und ein wenig müssen wir schon schmunzeln, wenn Chris uns in der Folge berichtet, dass die Band tatsächlich immer zu der Zeit ins Streamingstudio geht, wenn im jeweiligen Land, das virtuell bereist wird, gerade 19 Uhr ist. Das bedeutet dann auch schon mal, mitten in der Nacht zu spielen und am nächsten Morgen schon wieder früh auf den Beinen zu sein. Aufzeichnen kommt dabei nicht in Frage, es ist immer zu hundert Prozent live. „Wie oft wurdet ihr eigentlich schon gefragt, wie die virtuelle Welttournee genau funktioniert?“, fragen wir an der Stelle. Chris muss lachen und versichert, dass es wirklich egal sei, wie oft danach gefragt würde. Die Band beantworte immer wieder gern jede einzelne Frage.

Okay, am Tag des Livestreams sitzen wir nun gespannt auf dem Sofa. Über einen speziellen Zugang, der nur im jeweiligen Land freigeschaltet ist, landen wir bei „Suicide Silence.TV“. Da laufen zuerst noch Musikvideos, bevor es damit losgeht, dass uns Sänger Eddie, während im Hintergrund noch der Tontechniker mit einer Leiter durchs Bild läuft, erklärt, wie wir am Chat teilnehmen können. Man kann sich wünschen, welches Lied man als Nächstes hören möchte. Man kann schon mal Fragen fürs Q&A beisteuern. Das ist wirklich schon mal sehr interaktiv. Und dann geht‘s los: SUICIDE SILENCE stehen im Kreis im Streamingstudio, während man schon den Backing Track von „Meltdown“ hört. Es wird aber nicht nur das aktuelle Album präsentiert, denn direkt im Anschluss kommt mit „You only live once“ schon der erste Klassiker vergangener Tage.

Ungefähr alle ein bis zwei Lieder pausiert der Stream dann für „Werbung“. Die wird immer absurder und wir sitzen nicht selten zwischen Ratlosigkeit und Lachattacke vorm Bildschirm, wenn die Band Comedy vom Feinsten liefert. Sollte es mit der Musik mal vorbei sein, haben SUICIDE SILENCE definitiv gute Chancen, eine zweite Karriere als Comedians hinzulegen.

Was natürlich fehlt, ist echtes Publikum. Das merkt man einem Livestream einfach an, auch wenn er noch so stimmungsgeladen ist. Wo Publikumsinteraktion stattfinden sollte, kommen ein paar lustige Sprüche. Es ist schade, aber in der Situation sicherlich das Beste, was man machen kann. Und Stimmung macht der Stream auf alle Fälle. Man merkt, dass SUICIDE SILENCE voll hinter ihrem Konzept stehen und Spaß an der Sache haben. Leider ist der Auftritt aber auch verdammt kurz, und nach gerade mal 45 Minuten ist schon wieder Feierabend. Das ist schon ein bisschen enttäuschend.

Im Anschluss kommt das Q&A, das dann im Gegenzug etwas lang beziehungsweise langatmig ist. Die Zuschauer scheinen sich am meisten für triviale Dinge wie Sport, Filme/Serien und Videospiele zu interessieren, die Band selbst hat auch nicht viel über sich und ihre Musik, über die aktuelle Situation und die Zukunft zu berichten. Na ja, ein netter Bonus ist so ein Q&A natürlich trotzdem.

Fazit: Das Konzept ist auf jeden Fall genial. Ein bisschen mehr Musik wäre aber schön gewesen.