TRIXSI

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Besser als Joggen

Namedropping ist vielleicht nicht das liebste Hobby der Punk-Szene. Bei dieser Hamburger Band aber kommt man kaum drumherum. Paul und Torben von HERRENMAGAZIN, Jörkk von LOVE A, Klaus von JUPITER JONES, Kristian von FINDUS – das sind die illustren Quellen, aus denen die selbsternannten Knallköpfe TRIXSI entsprungen sind. Wer sich im Indie- und Emo-Punk auskennt, der weiß, dass es zumindest zwei dieser Bands nicht mehr gibt, sich aber LOVE A und HERRENMAGAZIN einer treuen Schar von Fans erfreuen. Da stellt sich doch die Frage nach der Motivation, die zur Gründung von TRIXSI führte. Wie sich in diesem Interview schnell herausstellt, lautet die einfache Antwort: Fun, Fun, Fun. Wobei allerdings ebenfalls offenbar wird, dass der Fun nicht unbedingt die Tiefgründigkeit aus dem Weg räumt.

Ihr seid so was wie die Allstar-Band des Indie/Emo-Punk, klingt aber nicht unbedingt nach den anderen Bands, von denen man euch sonst kennt. Habt ihr euch vorher fest dazu entschlossen, dass TRIXSI was anderes werden soll?
Klaus:
Nicht direkt. Wir haben uns als Band zusammengefunden, weil wir uns kennen und mögen, ohne einen Plan dahinter. Die einzige klare Devise war: alles machen und ausprobieren, was wir jeweils mit unseren anderen Bands nicht machen können, worauf wir aber mega Bock haben.

Vorher war das alles nix?
Klaus:
Nee, alles nur ein fauler Kompromiss.
Torben: Ein lang andauernder Kompromiss.

Dann freut es mich aber, dass es jetzt endlich für euch geklappt hat.
Torben:
Eigentlich wollten wir viel trashigere, punkigere Mucke machen, haben dann aber gemerkt, dass es für uns doch nicht das Richtige ist. Mit TRIXSI tun wir jetzt das, was wir am liebsten tun.
Klaus: Es ist nichtsdestotrotz viel Punk und Trash auf der Platte. Die ist sehr durchmischt.

Ich finde auch, dass das Album musikalisch sehr vielseitig ist.
Klaus:
Ernsthafte Songs, Quatsch-Songs, einfach alles, was sich für uns gut angefühlt hat. Auf alles andere haben wir geschissen.
Torben: Der einzige Song, an dem wir länger als zwei Tage gearbeitet haben, war „Frau Gott“. Der Rest kam tatsächlich einfach so raus. Das ist das Schöne an TRIXSI. Wir lassen das einfach laufen. Sobald wir uns verkopfen, läuft beim Songwriting nichts mehr. In so einem Moment kommt direkt was aus den alten Bands wieder hoch, was wir vermeiden wollen. Ich möchte nicht, dass das wieder passiert. Es soll locker beim Musikmachen bleiben. Wenn du zehn Jahre zusammenspielst, verkrampfst du irgendwann. Das ist bei TRIXSI noch nicht so.

Im Song „IroCityExpress“ beschäftigt ihr euch auf lustige Weise mit dem Vorwurf mangelnder Punk-Vibes. Wie ist euer Bezug zu Punk?
Kristian:
Ich glaube, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass wir mit Punk groß geworden sind. Damals war das alles und es gab auch nichts anderes.

Die persönliche Vergangenheit ist jetzt das eine, aber wie sieht es bei dieser Band aus?
Torben:
Ich frage mich manchmal, wie Jörkk auf die Texte kommt. Er hat neulich bei einem Konzert gesagt, dass er so viele Geschichten vergessen hat, wie andere nie erleben. Wahrscheinlich gehört das dazu. Er ist ja ein sehr intuitiver Schreiber. Wir spielen ein Lied und er sitzt dabei und saugt die Stimmung der Lieder auf. Speziell diesen Song haben wir in zwei Minuten hingeklatscht und er sitzt da, trinkt, schreibt, schreibt, schreibt und dann singt er das. Er bezieht das, was er schreibt, auf die Stimmung der Songs.
Klaus: Und auch auf die Stimmung, die gerade im Proberaum herrscht. Wenn wir alle zwei, drei Bier getrunken haben, ist die Stimmung besser und das beeinflusst, glaube ich, auch die Texte.
Torben: Wir haben diesen unheimlich guten Texter, der das Lied erst gut macht. Sonst hätten wir diesen bescheuerten Song nie auf diese Platte gepackt. Seine Texte sind immer so ein bisschen „gaggy“, aber es schwingt etwas Böses und Tiefgründiges mit. Ich finde, dieser Punkrock-Song ist auch sehr gut beobachtet. In diesem Fall ist es vielleicht die Frage, was Punk überhaupt ist, gefasst in das dumme Klischee von dem Iro-Typen, der Dosen aus dem Fenster schmeißt. Wahrscheinlich hat Jörkk das aber auch genauso gemacht. Ich habe das auch gemacht.

Im Presseinfo steht, dass es sich bei TRIXSI um eine Deutschrock-Band handelt. Ist es nicht ein bisschen gefährlich, sich selbst das Label Deutschrock aufzuerlegen?
Klaus:
Ich finde das auch schwierig, weil die Platte ja so vielschichtig ist, die Songs sind super unterschiedlich. Im weitesten Sinne bewegt sich das im Genre Punk.
Kristian: Ich glaube, die Idee dieses Labels ist, hinterher zu überraschen. Erst mal die Leute verschrecken und dann langsam wieder ins Boot holen.

Die Selbstironie und der Spaß an der Band stehen also im Vordergrund?
Torben:
Genau. Wir wollten zum Beispiel als TRIXSI eigentlich gar kein Label haben, sondern nur 7“s rausbringen. Kristian hat ein Studio, also können wir immer alles selbst direkt aufnehmen. Der Plan war: Lieder schreiben und sobald wir was Cooles haben, bringen wir das als 7“ raus. Glitterhouse Records kam dann aber auf uns zu, und das ist jetzt auch schön.

Eure Platte heißt ja „Frau Gott“. Im gleichnamigen Song heißt es, Frau Gott sei „schwarz“, „lesbisch“, „müde“, „desillusioniert“ und „kommt mit dem ganzen Scheiß nicht klar“. Inwiefern fasst der Song auch die Platte zusammen?
Kristian:
Ich glaube, die Wahl des Titels ist ähnlich unbedacht wie alles andere in dieser Band. Das ist einfach ein guter Name als Aufhänger. Viel mehr Hintergrund steckt da nicht drin. Es gibt kein Konzept.

Ihr wolltet einfach ein kleines bisschen provozieren?
Kristian:
Ich glaube, von „wollen“ kann nicht die Rede sein. „IroCityExpress“ wäre auch ein guter Albumtitel gewesen. Wir haben uns auf dem Weg zum Klo schnell auf einen Namen geeinigt.

In diesem Gespräch scheint durch, dass vieles keine Absicht ist.
Kristian:
Es ist ein großer Selbstversuch. Wir gucken einfach, was da folgt.
Torben: Bei Liedern wie „Frau Gott“ sind wir wieder bei Jörkks Art zu texten. Er ist intuitiv eingestiegen und trotzdem lesen sich da ganz viele aktuelle Themen raus, mit denen er sich beschäftigt. Er hat neulich so schön gesagt, dass er zwar über ganz viele Personen singt, es aber eigentlich nur um ihn geht. Das ist ja eigentlich ein sehr trauriger Song. Gesellschaftliches Gemecker macht ihn fertig und er kann schwer damit umgehen. Ich glaube, darum geht es in „Frau Gott“. Jede aktuelle Debatte, die es gibt, ist in den Song eingeflossen, von Klimaschutz bis zur Gender-Debatte. Da scheint eine Traurigkeit über das Menschliche durch. So sehen wir ihn. Er würde vielleicht sagen, dass er nur Quatsch macht. Er ist eben eine krasse Persönlichkeit.

In dem Song „Menschen“ wird dieses „Früher war alles besser“-Gedanke kritisiert. Ist diese Haltung um euch herum in der Szene sehr präsent?
Torben:
Es geht um die permanente Angst von Leuten vor allem, was neu ist, das Verharren in alten Mustern. Ständige Selbstreflexion ist viel verlangt, das können einfach nicht viele. Ich erwische mich auch dabei, mich immer wieder in alten Mustern wiederzufinden, und das ist grauenvoll. Ich glaube, das ist es, was Jörkk da behandelt. Ich bemerke das auch bei der Indie-Szene in Hamburg und überhaupt den ganzen Szene-Päpsten. Da heißt es häufig, dass früher alles cooler war und die Bands viel geiler. Ganz furchtbar. Natürlich waren die Bands nicht viel geiler, sondern das Gefühl, das man heute zu den Bands hat, ist ein anderes. Ich bin nicht mehr so leicht zu euphorisieren, wie ich es früher mal war. Das liegt nicht an den jungen Bands, sondern das liegt an mir selber. Es fällt den Leuten schwer umzudenken und sich auf das Digitale einzustellen. Deswegen ist auch alles vor die Hunde gegangen. Man hat versucht, alles so zu machen, wie es seit 1970 schon immer gemacht wurde. 2005 hat das nicht mehr funktioniert und keiner hat sich drauf eingestellt.

In vielen eurer Songs scheint es um die Mühen des täglichen Lebens zu gehen. Ist die Band TRIXSI ein Weg, um diesen Mühen zu entgehen?
Kristian:
Für mich auf jeden Fall. Ich habe auch beruflich hauptsächlich mit Musik zu tun. Erst durch TRIXSI hab ich erfahren, wie es ist, unverkrampft an Sachen heranzugehen und sehe das als Workout. Es macht mega Bock und ist besser als Joggen.
Torben: Für mich definitiv auch. Nachdem HERRENMAGAZIN in die Pause gingen, habe ich ein Jahr lang gar nichts gemacht, was ich erst auch genossen habe. Irgendwann habe ich aber doch gemerkt, dass ich irgendwas brauche, was nicht mit meinen alltäglichen Dingen zu tun hat. Die Lösung Musik lag da auf der Hand. Dass es dann TRIXSI geworden ist, finde ich großartig. Vor zwei Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich noch mal eine neue Band haben würde. Und jetzt hab ich eine mit diesen Knallköpfen.