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Konzepte

Die Leipziger Band, deren Mitglieder zum Teil aus Irland stammen, spielen eine spannende Mischung aus Punk und Hardcore. Ihr neues Album ist zweigeteilt, wurde in zwei Sessions aufgenommen, auch das Artwork und Albumtitel spiegeln die beiden Seiten des Themas wider. Worum es genau geht, erklären uns Sänger Stephen und Drummer Olli.

The Acceptance. The Sorrow“ ist ein Konzeptalbum. Magst du mir einmal erläutern, worum es dabei geht?

Stephen: Das Album thematisiert die Akzeptanz, „The Acceptance“, der unvermeidbaren Schicksalsschläge, die wir im Leben hinnehmen müssen, und in der Folge den Prozess der Trauer, „The Sorrow“, der uns hilft, mit dem Erlittenen umzugehen. Das Konzept hat uns die Möglichkeit gegeben, bestimmte Themen weiter zu vertiefen und über mehrere Songs hinweg zu entwickeln. Ursprünglich hatten wir die Idee, das Album in eine „Bright“- und „Dark“-Seite zu unterteilen. Herausgekommen ist aber letztendlich, vor allem bezogen auf die Lyrics, eine „Dark“- und eine „Darker“-Seite.
Olli: Neben den textlichen Inhalten, spiegelt sich der Ansatz auch im Artwork des Albums wider, mit dem wir versucht haben, das Konzept auf eine visuelle Ebene zu übertragen. Um den Aufbau des Albums noch etwas mehr hervorzuheben, haben wir außerdem beide Seiten unterschiedlich aufgenommen und produziert und auch von zwei verschiedenen Personen mixen lassen.

Ein Konzeptalbum kann vieles sein, aber häufig ist die erste Assoziation immer etwas Großes, Schweres oder eine Geschichte, die erzählt wird. Von welcher Seite habt ihr euch eurem Konzept beim Songwriting genähert?
Stephen: Ja auf jeden Fall, bei Konzeptalben denke ich persönlich an die progressiven Bands der Siebziger Jahre, wie GENESIS, PINK FLOYD oder RUSH, die mit ihren Alben ganze Geschichten erzählen, mehrteilige Songs oder sogar Kapitel haben und auch musikalisch immer wiederkehrende Themen verwenden.
Olli: Als wir uns nach der „Seething“-EP ans Schreiben des Album gesetzt haben, sind wir bewusst ohne eine konkrete Vorstellung von einem Stil oder bestimmten genretypischen Elementen oder Sounds daran gegangen. Wir waren einfach neugierig zu entdecken, in welche Richtung sich die Band entwickeln kann und welche Ideen uns begeistern würden. Das bringt für das Songwriting natürlich einen immensen Freiraum mit sich, kann es aber auch kompliziert machen, wenn es letztlich darum geht, ein konsistentes Album zu schreiben. Das Konzept hat uns dabei geholfen, diese stilistisch teilweise relativ weitgefächerten Songs sinnvoll in ein Album zu verpacken. Musikalisch spiegelt die Struktur oder das Konzept des Albums damit auch etwas die Entwicklung der Band wider. Von vielleicht eher „vertrauten“ Klängen und einfacheren Strukturen zu Beginn bis hin zu komplexeren und düsteren Songs.

Das Album ist ja in zwei Hälften geteilt, dabei wurden die Seiten auch in unterschiedlichen Sessions aufgenommen und haben einen eigenen Sound. Inwieweit repräsentieren die Unterschiede in den Texten, der Musik und im Sound eben diese beiden Seiten des Konzepts?
Olli: Die Songs auf „The Acceptance“ zeigen eine gewisse Naivität und Unbeschwertheit, mit der man durchs Leben geht, bis man mit den unvermeidbaren Schicksalsschlägen, die das Leben mit sich bringt, konfrontiert wird. Der Umgang oder Prozess der Verarbeitung, um den es auf „The Sorrow“ geht, ist sehr komplex und mitunter mit viel Schmerz und Leid verbunden und sorgt dafür, dass diese Unbeschwertheit verlorengeht und auch nicht mehr zurückkommt. Über den Verlauf des Albums sollte diese Veränderung sichtbar oder hörbar gemacht werden, so dass am Ende nichts mehr so ist, wie es am Anfang schien. Diese Phasen werden natürlich vor allem durch Stephens Texte beschrieben, indem er sozusagen einen Einblick in sein persönliches Tagebuch gewährt und darüber schreibt, wie er mit diesen Erfahrungen umgeht und sie verarbeitet. Musikalisch finden sich auf der ersten Seite daher auch die etwas unbeschwerteren und eingängigen Songs, wohingegen es auf der zweiten Seite dann deutlich düsterer und komplexer wird. Mit den Arrangements der Songs, aber auch durch die Produktion und den Mix wollten wir genau das noch mal etwas genauer herausarbeiten und „The Acceptance“ einen eher direkten und vielleicht live-ähnlichen Sound geben und „The Sorrow“ facettenreicher und dunkler klingen lassen.

Ich finde interessant, dass ihr die hoffnungsvollere Seite voranstellt, gefolgt von der düsteren Seite – damit wird man ja eher mit bedrückter Stimmung aus dem Album entlassen. War das eine bewusste Entscheidung?
Olli: Im Kontext des Konzepts war das sozusagen die einzige Möglichkeit, den zuvor beschriebenen Verlauf deutlich zu machen und in diesem Sinne die beiden Seiten des Albums anzuordnen. „Over the horizon“ ist dabei als letzter Song auch der, der aus unserer Sicht stilistisch am weitesten entfernt von den ersten Stücken des Albums ist. Musikalisch ist er für uns auch der abgründigste und schwerste Song auf dem Album, was es sehr schwer gemacht hätte, noch einen der anderen Track danach unterzubringen.
Stephen: Der Text handelt von dem Gefühl, überfordert damit zu sein, sich und anderen Personen zu helfen, und dabei von Hilflosigkeit und Verletzlichkeit erdrückt zu werden, bis schließlich nichts mehr von einem übrig ist. Das fanden wir für den Abschluss sehr passend. Trotzdem hoffen wir, dass die Menschen Momente von Hoffnung, Freude und Liebe in diesen zunächst eher hoffnungslos wirkenden Songs finden und einen Bezug zu den erzählten Geschichten herstellen können. Ihr seid nicht alleine und gemeinsam können wir einander helfen, mit diesen schwierigen Situationen umzugehen.