BRUCE LEE – DIE KOLLEKTION

Ehrlich gesagt war mir die Faszination für Bruce Lee immer etwas suspekt, der als Ikone des Martial-Arts-Films und größter Kampfkünstler des 20. Jahrhunderts gilt, und dessen ungebrochener Kultstatus sicherlich noch durch seinen mysteriösen Tod im Alter von 32 Jahren befeuert wurde.

Meine erste Begegnung mit Lee fand in jungen Jahren bei einem Wanderausflug im Hunsrück statt, als in einer kleinen Pension im Fernsehzimmer das Video eines Lee-Films lief, wo ich mich köstlich über die albernen Verrenkungen des Chinesen amüsierte und über die Laute, die dieser dabei ausstieß, und die an ein Frettchen mit Menstruationsbeschwerden erinnerten.

Soviel zur vermuteten Jugendgefährdung durch diese Kampfsportfilme. Allerdings war ich nicht der Einzige, der das lustig fand, denn in KENTUCKY FRIED MOVIE von Jim Abrahams, Jerry Zucker und David Zucker aus dem Jahr 1977 zogen diese in der 30-minütigen Episode „Für eine Handvoll Yen“ über die Kampfsportfilme der damaligen Zeit her, insbesondere über DER MANN MIT DER TODESKRALLE – besser konnte man das wohl nicht auf den Punkt bringen.

Wobei DER MANN MIT DER TODESKRALLE (ENTER THE DRAGON), Lees letzter vollendeter Film aus dem Jahr 1973, zu den besseren Vertretern des Genres gehört. In Deutschland waren die meisten Lee-Filme natürlich auf Video gekürzt worden, was dann leider auch für die aktuellen DVD-Auflagen von Universum galt.

Seltsamerweise war es auf Blu-ray plötzlich dann doch noch möglich, die in BRUCE LEE – DIE KOLLEKTION enthaltenen vier Filme ungeschnitten zu veröffentlichen. Für die frustrierten Fans der Kampfsport-Ikone natürlich eine erfreuliche Nachricht, zumal auch die qualitative Umsetzung stimmt.

Dabei muss man aber berücksichtigen, dass die in Hongkong entstandenen drei Lee-Frühwerke absolute Low-Budget-Produktionen waren, was man ihnen auch immer noch deutlich ansieht. Außerdem bekommt man bei den Filmen, neben der Kino-Synchronisation, auch noch die deutschen TV-Synchronisationen geliefert.

Film-Nerds werden anmerken, dass es weltweit immer noch reichlich alternatives Szenen-Material gibt, ansonsten handelt es sich um die vollständigsten Versionen, die man abseits irgendwelcher Bootlegs in Deutschland bisher zu Gesicht bekommen hat.

An die Filme selbst darf man inhaltlich keine allzu hohen Erwartungen stellen. DIE TODESFAUST DES CHENG LI (1971) gehört in dieser Box noch zu den hochwertigeren Lee-Werken, in dem dieser als Arbeiter in einer Eisfabrik dem kriminellen Treiben seines Chefs auf die Spur kommt, der allzu neugierige Mitarbeiter gerne mal auf Eis legt.

Leider wurde der Film nach seiner Uraufführung in Hongkong um einige spektakuläre, verschollene Gewalt-Szenen erleichtert, wie die berühmt-berüchtigte „Säge im Kopf“-Szene, sonst würde es sich wohl um einen echten Kultklassiker handeln.

Ebenfalls recht okay, wenn auch etwas spannungsarm, ist TODESGRÜSSE AUS SHANGHAI (1972), in dem Lee den Tod seines Lehrers rächt, den Mitglieder einer rivalisierenden Kampfkunstschule auf dem Gewissen haben.

DIE TODESKRALLE SCHLÄGT WIEDER ZU (1972) kann man dann nicht mehr als ernstzunehmenden Film bezeichnen, denn hier wurde eine reichlich alberne Handlung billig um ein paar wenig aufregende Kampfszenen gebastelt, wie der abschließende Fight gegen Chuck Norris im Kolosseum von Rom, eine recht wackelige Studiokulisse mit schlechten Matte Paintings.

Ein echtes Kuriosum stellt dann MEIN LETZTER KAMPF (1978) dar, denn Lee hatte dafür nur 30 Minuten Kampfszenen drehen können, bevor er unerwartet verstarb, weshalb man nachträglich eine Geschichte über einen Kung Fu-Filmstar zusammenschusterte, der seinen eigenen Tod vortäuschen muss, um der Erpressung durch ein skrupelloses Verbrechersyndikat zu entgehen.

Dennoch wirkt diese Vermischung von echten Lee-Szenen mit nachgedrehtem Material nie wirklich überzeugend. Seltsamerweise wurde noch nicht mal das gesamte Lee-Material verwendet, das es zum Teil auf YouTube zu sehen gibt.

Abgesehen davon kann man hier noch den gelben, einteiligen Trainingsanzug mit schwarzen Streifen bewundern, der es Tarantino in KILL BILL so angetan hatte. Und einen schönen Score von John Barry gibt es auch noch dazu.