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PAINT IT BLACK

Famine

Viele haben darauf gehofft, ich hatte fast schon nicht mehr damit gerechnet, aber nach zehn trockenen Jahren ist es nun doch da, ein neues Album, mit dem PAINT IT BLACK zurückkehren ins Tageslicht des Planeten, der noch immer keine Scheibe ist. Acht Songs in nicht einmal zwanzig Minuten, mit denen die vier Musiker diskussionslos die These untermauern: Bei Punk/Hardcore lieber eine abgespeckte Spielzeit als eine Dreiviertelstunde gepflegte Langeweile. Der Labelwechsel von Jade Tree Records zu Revelation war nötig da Jade Tree lange schon auf Eis liegt. Nicht gespart wurde an der Produktion, die diesen Brocken von Album sehr direkt einschlagen lässt. Und ohne die langjährige Erfahrung und musikalische Präzision der Bandmitglieder würde das Ergebnis natürlich nur seelenlos wie ein halb erstarrter Lavastrom im Hochgebirge vorwärts kriechen. Diese acht Akte sprudeln nur so über vor sozio-politischen Themen, die die Situation in den Staaten reflektieren, und zeigen, wie brisant das Pulverfass, auf dem wir alle sitzen, doch ist. „Famine“, der gleichnamige Opener, hätte sich auch gut auf „New Lexicon“ wiederfinden können. Was für ein schwer in Worte zu kleidendes, atemloses Werk hier abläuft, ist pures Entertainment. Unweigerlich spüre ich diesen Flow, den viele Releases der letzten zehn bis fünfzehn Jahre einfach haben vermissen lassen. Spielfreude, Authentizität, Power, ohne prollig aufzutreten. Das Gefühl, die Texte möchten etwas sagen, ohne in die ewig gleiche Klischeefalle zu tappen. Schwindelerregende Tempowechsel, druckvolle Basslines und eine leicht angezerrte Gitarre nach dem Break sind bestens geeignet, den Sänger vorwärts zu pushen. In „Exploitation period“ faucht sich Dan Yenim mit dem tiefen Bariton eines Britcore-Rappers durch den Song, der hauptsächlich von Bassist Andy Nelson bestimmt wird und das Signalhorn in der nächsten Avenue zum Verstummen bringen kann. Es bedarf eigentlich keiner Track-by-Track-Analyse, denn wir haben hier ein virtuoses Album vorliegen, der ordentlich an der Pforte der Meisterwerke mit Doppelschlag anklopft. Jared Shavelson schaltet und waltet auf seinem Schlagzeug nach Belieben, jederzeit darauf bedacht, eine kleine Überraschung aus den Sticks zu kitzeln. Zusätzlich schlagen die leicht, aber dezent dissonant eingesetzten Gitarrenriffs von Josh Agran überaus positiv zu Buche, erinnern an Bands wie THE SUICIDE FILE, HOPE CONSPIRACY oder die reformierten BOTCH und zaubern zumindest mir ein Lächeln ins Gesicht. Aufgrund der Tatsache, dass aktuell drei Mitglieder in Kalifornien leben, bot es sich an, die Produktion des Albums dorthin zu verlagern, und so brachte Produzent Jack Shirley (GOUGE AWAY, DEAFHEAVEN) „Famine“ in den Atomic Garden Studios in Oakland unter Dach und Fach.