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RONGEUR

Glacier Tongue

Nach dem die 2013 und 2014 aufgenommenen Demos zusammenfassenden Album „The Catastrophist & As The Blind Strive Demos“ (2015) und „An Asphyxiating Embrace“ (2018) sind die 2012 in Oslo gegründeten RONGEUR nun mit „Glacier Tongue“ beim nach Meinung vieler derzeit renommiertesten norwegischen Label untergekommen – auf Fysisk Format. Unbedingt muss hier auf die Vinylfarbe eingegangen werden: Wer schon einmal in der Nähe eines Gletschers war und diese tiefe Grünblau gesehen hat, der weiß: genau diese Farbe hat das Vinyl, das natürlich passend zum Titel („Gletscherzunge“) ausgesucht wurde. Dag Ole Huseby (bs), Jon Dahl Tveter (dr) und Audun Gjelstad Jakobsen (gt), die alle auch mal singen, sind in gewisser Weise ein „typisch“ norwegisches Bandgewächs insofern als dass sie ein buntes (okay, wir reden von „different shades of black“), aber doch stimmiges Amalgam von Genres intonieren. Hier ist viel niederfrequentes, düsteres Gesludge zu hören (der Art, dass ich zunächst unschlüssig war, ob wir hier bei 33 oder bei 45 sind ...), aber eben auch Post-Metallisches und Post-Hardcoriges, latent Proggiges (aber in akzeptablen Maßen) und fast schon Folkloristisches („Brace“). Seltsamerweise wird in der Bandbio als Inspiration eine norwegische Band erwähnt, die Mitte der Neunziger mal im Ox auftauchte, die ich aber längst vergessen hatte: SEIGMEN. Da wäre zu erkunden, wo einen das heute musikalisch hinführt. Textlich seien RONGEUR auf „trostlosem, misantrophischem, kafkaeskem Terrain“ unterwegs, heißt es, und gut, dass man das im Inneren des glossy Klappcovers erkunden kann: In der Tat sind die Lyrics etwa von „Winning days“, „Kurt’s last will“ oder „Underachiever“ (im HR ein unfassbar toxischer Terminus) so dunkel wie der norwegische Winter. Definitiv das Gegenteil von „uplifting“, aber: es passt zur Musik, und solange aus Richtung NEUROSIS etwa nichts Neues zu erwarten ist, „tröste“ ich mich gerne mit RONGEUR.