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J.G. THIRLWELL & SIMON STEENSLAND

Oscillospira

Der in Australien geborene James George beziehungsweise J.G. Thirlwell (oder auch Clint Ruin), der zuerst in London ansässig war, machte sich vor allem im New Yorker Noise/No-Wave-Umfeld Anfang/Mitte der Achtziger als Musiker einen Namen und veröffentlichte Platten unter verschiedenen Projektnamen wie YOU’VE GOT FOETUS ON YOUR BREATH, SCRAPING FOETUS OFF THE WHEEL oder FOETUS ART TERRORISM, letztendlich lief alles auf FOETUS hinaus. In zwei Kurzfilmen des Cinema of Transgression war er 1985 ebenfalls als Darsteller anzutreffen, Richard Kerns „Submit To Me Now“ und „The Right Side Of My Brain“, und auch die Musik von FOETUS konnte man in diesen radikalen Underground-Produktionen hören. „Echte“ FOETUS-Alben gab es aber schon länger nicht mehr, stattdessen scheint sich Thirlwell inzwischen mehr auf rein instrumentale Soundtrack-artige Klänge spezialisiert zu haben – bereits 2009 komponiere er die Musik für die Zeichentrickserie „The Venture Bros.“. Sein aktuelles Album „Oscillospira“ (anaerobe Bakterien, die man bei Tieren antreffen kann und die die Gestaltung des Albums geprägt haben), eingespielt mit Simon Steensland, einem schwedischen Multi-Instrumentalisten, der schon seit den Neunzigern Platten mit symphonischen Progrock aufgenommen hat, führt diesen Trend fort. Zwar gibt es keinen Film zu „Oscillospira“, aber jede Menge Reminiszenzen an das Spannungskino der Siebziger Jahre und Komponisten wie Lalo Schifrin, die Steensland und Thirlwell mit Patton’esker Lust am Disharmonischen und KING CRIMSON-Prog-Arrangements zu einer recht unkalkulierbaren Angelegenheit machen, bei der auch der Post-Industrial-Big-Band-Sound von FOETUS herauszuhören ist. Die Soundkulisse von „Oscillospira“ ist dabei gleichermaßen enervierend wie melodisch-zugänglich, eine dieser faszinierend vielschichtigen Formen von dramatisch zugespitztem orchestralen Experimentalrock, der auch von Mike Patton selbst stammen könnte, auf dessen Label die Platte passenderweise erschien.