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NEW MODEL ARMY

Unbroken

Mit ihrem neuen Studioalbum drehen NEW MODEL ARMY das Rad der Zeit kräftig zurück. Fast so wie im schrägen Ende der Mystery-Serie „Lost“. Die musikalische Zeitmaschine stoppt in den frühen Achtzigern, als die Band gerade am Anfang ihrer Karriere stand. Lange klang ein NEW MODEL ARMY-Album nicht mehr so nach NEW MODEL ARMY wie „Unbroken“. So kraftvoll, so kämpferisch, so wütend und gleichzeitig so zuversichtlich. Der Wind bläst einem wieder kräftig ins Gesicht, am Horizont ziehen dunkle Wolken auf und doch fließt frisches Blut durch die Adern. So wie 1980, als die Geschichte der Band in der britischen Kleinstadt Bradford ihren Anfang nahm, in den Ausläufern der ersten britischen Punkwelle. Lange Jahre prägten Sänger und Gitarrist Justin Sullivan, Bassist Stuart Morrow und Schlagzeuger Robert Heaton den Sound der Band. Später fügte Violinist Ed Alleyne-Johnson noch eine wichtige Klangfarbe hinzu. Mit den ersten fünf Alben „Vengeance“ (1984), „No Rest For The Wicked“ (1985), „The Ghost Of Cain“ (1986), „Thunder And Consolation“ (1989) und „Impurity“ (1990) erspielten sich die Briten eine treue Fanbase, auf die sie bis heute zählen können. Von der Ur-Besetzung ist nur noch Justin Sullivan übrig. Bei ihren Shows werden sie immer noch kultisch verehrt, eine Stadionband sind NEW MODEL ARMY aber nie geworden. Immer wenn Songs wie „51st state“ oder „Vagabonds“ zu populär werden, streicht sie Justin Sullivan für einige Jahre aus dem Programm. Die Band will unabhängig sein und bleiben, gründet ein eigenes Label und baut sich ein eigenes Studio. So gehen über vierzig Jahre ins Land, in denen aber nicht nur großartige Alben entstehen. Alben wie „Today Is A Good Day“ (2009) oder „Carnival“ (2005) sind bestenfalls Mittelmaß. Zuletzt ist „Sinfonia“ erschienen. Eine Produktion mit dem freien Orchester Sinfonia Leipzig, bei der die Briten 21 Klassiker aus der Bandgeschichte in neuem Gewand aufgenommen haben, verstärkt durch den Einsatz von Streichern und Bläsern. Nach diesem aufwändigen Projekt hatte die Band beschlossen, neue Songs aufzunehmen. Das Ergebnis heißt „Unbroken“. Elf Songs, die eigentlich als Demos gedacht waren. Aber Star-Mischer Tchad Blake (CROWDED HOUSE, Suzanne Vega, Tom Waits) fand sie so gut, dass er sie in seinem Full Mongrel Studio in Wales von Rohdiamanten zu Edelsteinen schliff. Im Vordergrund stehen Bass und Schlagzeug, wie bei den frühen Aufnahmen der Band. Und natürlich die charakteristische Reibeisenstimme von Justin Sullivan. Zum Glück hatte sich die Band vor den Aufnahmen von ihrem zweiten Gitarristen Marshall Gill getrennt, denn so besann sich die auf Quartettgröße zurückgeschrumpfte Band auf den Kern des NEW MODEL ARMY-Sounds und vollzog die perfekte Rolle rückwärts. Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?