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GIRLS IN SYNTHESIS

Now Here’s An Echo From Your Future

Nach einer Reihe von 7“s, unter anderem auf X-Mist/In A Car, gibt es nun endlich die Debüt-LP der Londoner Band auf Harbinger Sounds. Was für ein Biest! Ich muss mich tatsächlich zweimal vergewissern, dass hier wirklich nur drei Leute am Werk sind, die diese Soundwände auftürmen. Ein wahnsinniger Parforceritt durch die Paradedisziplinen Post-Punk, Noise, Anarcho-Tugenden, all das wird hier wie eine heilige Messe zelebriert. Ich kann mich nicht entscheiden, wer hier führt, denn es ist weder das exzellente Schlagzeug, das mit seinen komplexen Rhythmen geprügelt, nicht gespielt wird, noch die Gitarre, der Bass oder der manische Sprechgesang, der etwas Hypnotisches hat, sondern vielmehr die perfekte Einheit aus allen Elementen, die um elektronische Noise-Zutaten unglaublich verdichtet wird. Hier greift alles ineinander, die Feedbacks, das druckvolle Schlagzeugspiel und der pulsierende Teppich, der vom Bass bereitet wird. Die Band legt dabei weniger Wert auf den Refrain als auf den eigentlichen Songaufbau, der zumeist soweit geschichtet wird, bis die Explosion und Katharsis unvermeidlich erscheinen. Am ehesten lässt sich das derzeit eigentlich als Bastard aus DIE NERVEN (für den Noisepart) und IDLES beschreiben, nur ohne wie letztere auf den catchy Hitmoment zu schielen, was der Platte eine höhere Halbwertszeit beschert. Soll heißen, dass sich die Songs nicht so schnell abnützen und man auf Konzerten weniger Partyvolk mit einfachem Gemüt antreffen wird. Der Bühnenaufbau ist ähnlich wie bei DIE NERVEN. Gitarre und Bass stehen sich gegenüber und wechseln sich beim Gesang ab, sofern sie nicht gemeinsam ins Mikro bellen, während die Schlagzeugerin ihr Instrument verprügelt. Zur Verdichtung geht man ähnlich vor wie PISSE, mit kleinen elektronischen Geräten, die Spacesounds erzeugen und einem zusätzlich die Nerven strapazieren, weil man, ohne es zu wollen, völlig im Pulsebeat vertieft ist und mitwippt, auch wenn das im bequemen Sessel erfolgt, wie jetzt gerade. Nach den zehn Stücken in gerade mal 31 Minuten sollte man erst einmal tief Luft holen, um ein kleines Päuschen einzulegen, bevor man sich die Ohren mit etwas anderem, weit weniger Gelungenem versaut. Unglaublich, was die Schlagzeugerin hier an Druck erzeugt mit einem Drumset, das lediglich aus Standtom, Snare, Bassdrum und ein paar Becken besteht, andere verbarrikadieren sich da hinter deutlich mehr Equipment, von dem das meiste dann ja doch nur rumsteht oder -hängt. Es hat lange gedauert bis zu dieser LP, dafür katapultiert sich das Trio damit dann aber auch gleich in die erste englische Liga, so dass man sich keine Sorgen um die nähere Zukunft machen muss, wenn es wirklich angepisste Musik wie diese gibt. Auf der Muss-ich-sehen-Liste ganz weit oben, sobald es wieder geht.