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MAD SIN

Unbreakable

„Totgesagte leben länger“, Sänger Köfte deVille besingt auf der neuen Scheibe sein eigenes Dasein – und damit auch das seiner Band. Denn vom Trio aus dem Oktober 1987 ist eben nur er selbst noch verblieben. Wer auch sonst. Und deshalb, überhaupt gar nicht einmal wider Erwarten, ist auch das 13. reguläre Studioalbum ein Meisterwerk geworden. Mit Psychobilly als Fundament und Dach eines solide gebauten, prächtigen Hauses. Probleme mit Gitarristen, die gingen, gegangen wurden oder anders verhindert waren, gehören der Vergangenheit an. Ist das ungerecht, dass eine Band so dermaßen stark am Sänger und Frontmann festgetackert wird, obwohl doch auch hier zwei Gitarristen, der treue Kontrabassist Valle und ein neuer Drummer ihren Beitrag zum Gelingen leisten? IRON MAIDEN und bestenfalls noch AC/DC konnten ohne allzu starkes Grummeln der Fanbase ihren Sänger wechseln, ohne dass dies qualitativ heftig zu Buche schlug. MAD SIN ohne Köfte sind indes völlig undenkbar, denn er ist nicht nur ein dominantes Urgestein, er ist auch vor allem ein herausragender Songwriter. So ist nach zehnjähriger LP-Abstinenz – „Burn And Rise“ kam wirklich schon 2010 – die Band stärker zurück, als man es sich als Fan überhaupt hätte wünschen können. Als Alt-Fan der ersten Stunde weiß ich gar nicht, wohin zuerst ich mein überschwängliches Lob verteilen soll. Zum Song „Hallucinate“ mit der Psycho-Ursuppe aus richtigem Song und Horrorfilm-Musik? „Aggression“, das an „Geisterfahrer“ von der letzten Scheibe erinnert? „Moon over Berlin“, diese Ode an die Heimatstadt mit den vielen Erinnerungsmauersteinen in Chronologie (und mit einem schnell enttarnten STRAY CATS Gedächtnisriff), oder „Shine on me“, diese an Schlager-Country erinnernde Ballade, die einen wirklich packt? Oder das MADNESS-Cover „House of fun“, das das Quintett auch unfallfrei über die Bühne bringt? Seit der MAD SIN-Durchbruchs-LP „God Save The Sin“ von 1996 hat es sich Köfte auf die Fahne geschrieben, jeden weiteren Longplayer mit mindestens 16 Songs zu bestücken. So auch hier. Das mag vorübergehend die Hörerschaft überfordern, aber wer so lange wartet, wird sich eben auch mit der benötigten Hingabe jedes einzelnen Liedes annehmen. Zweimal singt Köfte sogar auf Deutsch, neben erwähntem „Totgesagte leben länger“ brennt sich vor allem „Alles ist schlecht“ ins Gedächtnis, eine heftige, gelungene Abrechnung mit vielen Dingen, die unser Dasein schwer belasten – Nazis, Botox-Geschöpfe, religiöse Fanatiker ... Deutschlands Psychobilly-Flaggschiff sticht also wieder in unruhige See. Mit dem altbekannten Gesicht auf der Kommandobrücke. Und das beflügelt den Alltag eines jeden Fans dieser Band ganz sicher.