CHAOSTAGE

We Are Punks!

Vor einem Jahr, am 3. Oktober 2008, fand in Hannover die Kinopremiere von „Chaostage“ statt, nebst Party mit Sekt und Schnittchen im Nobelhotel für die Punk-Prominenz, sowie Mini-Chaostagen mit echter Polizei und echter Gewalt auf der Straße für den Pöbel.

Konsequent wäre es gewesen, dieses unterhaltsame Begleitprogramm noch in den Film einzubauen – Kerkeling hat bei „Isch kandidiere“ gezeigt, wie man sowas macht. Nun, an jenem Abend in Hannover hatte ich meinen Spaß mit Tarek Ehlails Film, der damit die Romanvorlage des einstigen Zap-Fanzine-Machers Moses Arndt adaptierte, wobei Moses selbst vor dem Premierenkino stand und mich warnte: „Geh da nicht rein, das ist voll der Scheiß!“.

Nein, „voll der Scheiß“ ist der Film nicht, sondern ein trashiges Punk-Dokument, das zwar sicher nicht so schnell Legendenstatus erreichen wird (Lustig in diesem Zusammenhang das beiliegende Schreiben von Ehlail an die „große“ Presse ...), aber es schon mal geschafft hat, den Widerwillen der FSK zu erregen: „Ab 18“ steht auf dem Cover, was den Verkauf der DVD nicht einfacher macht, aber mal ehrlich, Herr Ehlail, ein anderes als das FSK-Urteil „...

eine Aneinanderreihung sinnloser Gewalt- und Sexszenen“ hätte sie doch enttäuscht, oder? Und genau genommen ist es das ja auch, spielt die Story der Buchvorlage doch eher eine Nebenrolle.

Der Film ist zweigeteilt: Zum einen besteht er aus Interviewsequenzen mit „Helden“ der deutschen Punkszene wie etwa Karl Nagel, Babette Vageenas, Archie Alert, Willi Wucher, Tommy Molotow oder Wölfie Wendland, was einen wirklich guten dokumentarischen Charakter hat.

Zum anderen sind da die Spielfilm-Szenen, die sich grob am Buch orientieren – irgendwas mit Polizisten, Alkohol, Sex, Chaostagen und so, aber das ist eigentlich egal, denn hier beginnt der recht sinnfreie Trash, an dem sich Dank der Überzeugungskraft von Tarik Ehlail unter anderem auch Martin Semmelrogge, Ralf Richter, Rolf Zacher und Helge Schneider beteiligten.

Auch beim wiederholten Anschauen wird die Story nicht besser, aber scheiß drauf, dieser Film sollte nie ein cineastisches Meisterwerk werden, an ihm ist vielmehr bemerkenswert, dass er überhaupt auf die Beine gestellt werden konnte und jetzt zusammen mit guten Freunden und viel Alkohol genossen höllisch Spaß macht.