LET’S WRESTLE

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Königlicher Blödsinn im Punkrock-Gewand

Man kreuze klassischen Punkrock mit schepperndem Garagensound, würze mit einer gehörigen Prise Nonsenstexte, lasse das Ganze von Steve Albini produzieren und heraus kommt „Nursing Home“, ein wahres Ohrwurmmonster im Albumformat. So einfach geht das jedenfalls bei den Jungs aus London, die nach ihrem Debüt „In The Court Of The Wrestling Let’s“ 2009 schon als das „next big thing“ auf der Insel gehandelt wurden. Über den Zusammenhang von LET’S WRESTLE, übermäßigem Alkoholkonsum und der königlichen Hochzeit klärt uns Sänger und Gitarrist Wesley Patrick Gonzalez auf. Über Ernsthaftigkeit und Wahrheitsgehalt aller nachfolgenden Aussagen entscheidet, wie bei Herrn Gonzalez üblich, ein jeder für sich.

Wie viel Ernsthaftigkeit steckt hinter einem Albumtitel wie „Nursing Home“, also „Pflegeheim“?

Unser Bassist Mike hat die Band verlassen, nachdem wir das Album aufgenommen hatten, und als wir noch im Studio waren, war die ganze Situation ziemlich angespannt. Es ging schon in die Richtung, dass wir alle uns am liebsten in unterschiedlichen Räumen aufgehalten hätten. Der einzige Grund, der uns das irgendwie hat durchhalten lassen, war das Album. Das Album war so eine Art Krankenschwester, die drei emotionale Krüppel liebevoll umsorgt.

Bitte vervollständige den Satz: Die Haupteinflüsse auf „Nursing Home“ sind ...

... THE BEATLES, haha – sehr viel sogar, THE BREEDERS, Neil Young, aber auch einige härtere Sachen, FUGAZI oder BIG BLACK, deswegen klingt das Album wahrscheinlich auch verhältnismäßig hart. Daneben habe ich viel Judee Sill gehört und auch sonst einfach alles, was ich in an psychedelischem Drogenkram aus den frühen Siebzigern in die Finger bekommen konnte. Darüber hinaus hat sicherlich auch klassischer Indiepop von den PASTELLS oder DOLLY MIXTURE einen entscheidenden Teil zum Zustandekommen von „Nursing Home“ beigetragen.

Eure Texte sind auch nicht mehr ganz so klamaukig wie bisher.

Na ja, die entwickeln sich halt irgendwie einfach so während des Schreibens. Kein Text den ich je geschrieben habe, war von Anfang als Witz oder so was geplant. Ich war ganz schön sauer, als viele Leute über unser erstes Album gesagt haben, es sei schrullig oder klamaukig. Wenn man mal richtig hinhört, ist eigentlich kein Text so richtig witzig, da gibt es immer eine Art dunkle Seite. Aber es wäre natürlich falsch von mir zu behaupten, dass ich gar keinen Sinn für Humor hätte. Ich kann es einfach nicht ausstehen, wenn Leute immer alles bierernst nehmen. Wahrscheinlich kommt dann bei den Texten auch meine Persönlichkeit zum Vorschein. Dieses Album scheint aber tatsächlich ein wenig reifer zu sein. Oder es fühlt sich zumindest im Nachhinein so an.

Das Cover hast du ja auch dieses Mal wieder selbst gestaltet. David Shrigley ist ein großer Name, der einem dabei schnell in den Sinn kommt. Gibt es da Verbindungen?

Nun, die Band ist nach einem Buch von ihm benannt.

Und deine Covergestaltung hat nichts mit ihm zu tun?

Als Jugendlicher habe ich reichlich Comics gelesen, Sachen von Daniel Clowes, Robert Crumb oder „Love & Rockets“. Eigentlich mochte ich nur die Zeichnungen, die Geschichten waren eher zweitrangig. Dann habe ich irgendwann versucht, mir das Zeichnen selbst beizubringen. Und die Sachen von David Shrigley sind mir später natürlich auch begegnet. Das hat mich zwar auch geprägt, aber ich will kein reines David Shrigley-Plagiat sein.

Ist das selbstgestaltete Cover dann eher ein letztes Überbleibsel des D.I.Y.- und Low Budget-Gedankens, dem sich die Band ja ursprünglich ganz verschrieben hatte? Man denke da nur an eure ersten Videos ...

Wir spielen unsere Instrumente ja schon noch selbst, oder ist das kein D.I.Y.? Aber ich kann eigentlich auch gar nicht so richtig einordnen, ob wir jemals sonderlich an dem D.I.Y.-Gedanken gehangen haben. Ich kann auch nicht sagen, ob wir eine Punkband sind oder eine Indie-Band. Wir machen einfach das, worauf wir Lust haben. Das haben wir schon immer so gemacht. Manche wollen das einfach nicht wahrhaben und spielen sich als Hüter des heiligen Grals auf. Wenn du mit einem großen Produzenten zusammenarbeitest, schlagen die erst mal die Hände über dem Kopf zusammen und schreien „Ausverkauf!“. Aber Steve Albini ist bei genauer Betrachtung der Übervater der D.I.Y.-Kultur schlechthin. Wenn wir das Album jetzt von Brian Eno hätten machen lassen, hätte ich mir meine Gedanken gemacht, aber bei Steve nicht. Der ist doch wohl der König des Punks und hat einige der besten Punk-Alben überhaupt gemacht. Ich bin mit seiner Musik aufgewachsen und mit ihm zu arbeiten ist ein Kindheitstraum, der tatsächlich in Erfüllung gegangen ist. Aber zurück zu D.I.Y.: wir versuchen tatsächlich noch immer so viel wie möglich selbst zu machen, selbst Shows zu buchen und so weiter.

Wie seid ihr an Steve Albini als Produzent geraten?

Eigentlich haben wir einfach bei ihm angefragt, ob er unser nächstes Album produzieren will. Er hat zugesagt, wir sind zu ihm nach Chicago geflogen und los ging’s.

Gab es etwas Besonderes an der Arbeit mit ihm?

Wir mussten ihn erst mal davon abbringen, uns so viele Gemeinheiten an den Kopf zu werfen. So was wie „Es gibt keine guten Bands aus England“. In puncto Musikgeschmack sind wir uns dann auch bis zum Schluss nicht so recht einig geworden. Aber er hat uns einige sehr nutzlose Sachen beigebracht, Billard spielen zum Beispiel. Insgesamt war es schon eine andere Arbeit als in England. Als wir unser erstes Album in London aufgenommen haben, sind wir nach den Aufnahmen erst einmal heimgegangen, haben vielleicht noch ein paar Bier getrunken und zwischendurch auch mal über einen längeren Zeitraum hinweg gar nichts gemacht. Aber dieses Mal sind wir aufgestanden und haben dann direkt angefangen aufzunehmen, das war schon eine Art richtiger Job.

Und wann seid ihr wieder live in Deutschland zu sehen?

In ein paar Monaten kommen wir hoffentlich auch wieder nach Deutschland, im August vielleicht. Genaues steht leider noch nicht fest. Außerdem schmeiße ich da schon mal gerne das eine oder andere durcheinander. Ich freue mich so oder so auf jeden Fall schon auf das Touren. Ein bisschen Spaß muss sein.