RADAR STATE

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Musikalische Streuner

Das neue Projekt der beiden GET-UP-KIDS-Sänger Jim und Matt mit dem ANNIVERSARY-Gitarristen Josh und dem THE ARCHITECTS-Schlagzeuger Adam ist aus der simplen Idee entstanden, einfach mal wieder das machen zu wollen, worauf alle Bock haben. Herausgekommen ist dabei, nach einer Handvoll Konzerten und der Debüt-EP, ein ganzes Album, das den treffenden Namen „Strays“ trägt. Warum aus RADAR STATE eine Vorzeige-Punkrock-Band geworden ist und welche Bedeutung sie für das Leben der einzelnen Mitglieder hat, erklärt Jim im Interview.

Jim, das RADAR STATE-Album „Strays“ mit euren GET UP KIDS-Sachen zu vergleichen, ist trotz eures Gesangs kein leichtes Unterfangen. Es scheint, als hättet ihr richtig Lust auf Punkrock gehabt. Würdest du euch selbst als musikalische Streuner bezeichnen?


Ist nicht jeder Musiker ein Streuner? Ich würde schon sagen, dass uns grundsätzlich eine gewisse Unruhe antreibt. Du bist ständig unterwegs und spielst an unzähligen Orten Konzerte. Das übt einen enorm großen Einfluss auf deine Lebensweise aus und beeinflusst deine Denkweise. Musikalisch schlägt sich das auch darin nieder, viele unterschiedliche Dinge zu einem bestimmten Zeitpunkt einfach auszuprobieren. Das haben wir mit den GET UP KIDS auch immer schon so gemacht und nun sind mit Josh und Adam noch zwei neue Einflüsse dazugekommen.

Wie ist eure Aussage, dass ihr die Band auch als eine Reaktion auf das aktuelle politische Geschehen gegründet habt, zu verstehen?

RADAR STATE-Songs sind definitiv politischer als alles, was wir mit den GET UP KIDS veröffentlicht haben. Die eigentliche Idee hinter der Band war es aber zu allererst, dass wir die Musik machen, auf die wir Lust haben. Wir kennen die anderen Jungs schon eine gefühlte Ewigkeit und haben irgendwann einmal diese Schnapsidee in die Tat umgesetzt. Wahrscheinlich ging es vielen anderen Punkrock-Bands genauso in dem Moment, in dem Donald Trump die Wahl zum Präsidenten gewonnen hatte. Wir haben gespürt, dass dadurch eine gewisse Energie freigesetzt wurde. Das hat dazu geführt, dass wir aktiv wurden. Wir wollten Spaß und vor allem als Band Spaß haben. Ein kritischer Unterton schwingt in den Songs aber definitiv mit. Wahrscheinlich wird der Einfluss von Trump auf Punkrock auch das einzig Positive bleiben, was er hinterlassen wird.

Wie seid ihr an die Aufnahmen herangegangen? Waren eure eigentlichen Bands eine Bürde beim Songwriting?

Nein, definitiv nicht. Uns war es wichtig, dass wir unbeschwert an RADAR STATE herangehen. Wir bräuchten die Songs ja nicht schreiben, wenn wir uns nicht gut dabei fühlen würden. Man könnte sagen, dass es schlichtweg Spaß gemacht hat, einfach mal wieder Punkrock zu machen. Niemand hat ja wirklich was von uns erwartet. Der einzige Anspruch, den wir hatten, war es, die Musik zu machen, die wir in dem Moment machen wollten.

Was steckt hinter Songs wie „What’s a rebel?“, „Artificial love“ und „Victims of fashion“?

Zwei dieser Songs hat Josh geschrieben, der dir dazu bestimmt mehr erzählen könnte. „Victims of fashion“ handelt auf jeden Fall davon, wie es ist, im Punkrock-Umfeld älter zu werden. Es geht darum, seinen Platz zu finden, während die neuen Kids dabei sind, die ganze Sache zu übernehmen. Natürlich ist das ein ganz normaler Prozess und auch überhaupt nichts, wovor ich mich fürchten würde. Es ging mir darum zu überlegen, wie ich mit dieser Entwicklung umgehe, wenn ich zur älteren Generation gehöre, gegen die rebelliert wird.

Würdest du sagen, dass es Luxus ist, drei Songwriter und Sänger in der Band zu haben?

Tatsächlich war es uns besonders wichtig, trotz der drei Songwriter als eine Band zu klingen. Klar kenne ich vor allem Matt schon eine Ewigkeit und weiß, wie er arbeitet. Mit Josh waren wir auch von vornherein auf einer Wellenlänge. Und ja, es beschleunigt den ganzen Prozess auf jeden Fall, wenn nicht nur eine Person in der Stimmung sein muss, um Songs zu schreiben. Es war von vornherein klar, wie wir an RADAR STATE herangehen wollten und wir würden jetzt sicher nicht über das erste Album sprechen, wäre uns auf dem Weg das Unbeschwerte abhanden gekommen. Unter uns muss ich auch gestehen, dass durch drei Songwriter eine Art Konkurrenz entsteht. Wenn zum Beispiel Josh mit einem guten Song ankommt, wollte ich das immer überbieten und einen noch besseren Song schreiben, haha.

Alle Mitglieder von RADAR STATE sind mittlerweile Väter geworden. Inwieweit hat das Elternsein deine Sicht auf Punkrock geändert?

Es ändert sich auf jeden Fall die Perspektive auf viele Dinge. Sachen, die vorher noch unglaublich wichtig waren, bekommen mit einem eigenen Kind schlagartig eine andere Bedeutung. Ich sehe vieles mittlerweile viel entspannter und konzentriere mich dafür verstärkt auf anderes. Mir ist vor allem aufgefallen, dass die Zeit irgendwie nur so davonfliegt. Andererseits wächst aber auch die Wut, wenn ich darüber nachdenke, wie die Zukunft vielleicht aussehen wird.

Wie würdest du Punkrock definieren?

Punkrock ist eine Haltung, die du an den Tag legst. Es gibt gewisse Werte, die transportiert werden, genauso wie das Gemeinschaftsgefühl, das die Szene geprägt hat. Jeder kann sein und machen, was er oder sie möchte. Ganz wichtig ist mir dabei aber auch, dass du dich nicht anbiedern musst und schon gar nicht solltest. Wir sind alle unterschiedlich und sollten immer offen für andere sein.