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PASCOW

Jade

2002, als es das erste Interview mit ihnen im Ox gab, hatten PASCOW aus dem Dorf Gimbweiler im rheinland-pfälzischen Zonenrandgebiet zum Saarland gerade erst auf dem bandeigenen Label Kidnap Music die „Richard Nixon Discopistole“-Platte veröffentlicht, erzielten damit das, was man gemeinhin als „Achtungserfolg“ bezeichnet – und waren weit davon entfernt, eine fast schon kultisch verehrte Band und Live-Granate zu sein.

Anfang 2019 sieht das ganz anders aus, gerade erschien das Album „Jade“, ihr sechstes, und im saarländischen Neunkirchen spielten sie vor 1.600 Leuten die dazugehörige Release-Show. Von den Konzerten der Frühjahrstour in Läden mit 400, 500, 600 Zuschauern Kapazität sind schon viele ausverkauft, und es scheint, als würde die Band sich 21 Jahre nach ihrer Gründung zu neuen Höhenflügen aufschwingen.

Warum das so ist? Spekulation beziehungsweise konservative Tugenden: Ehrlichkeit, Authentizität, sein Ding machen, ohne sich anzubiedern oder Trends nachzulaufen. Dass mit „Jade“ ein neues Album erschienen ist, war nicht gesetzt, denn nicht nur mir dürfte die Band um die beiden Brüder Alex und Oliver „Ollo“ Thomé im Kontext ihrer 2017 erschienenen Band-Doku „Lost Heimweh“ einen gehörigen Schreck eingejagt haben, wo sie erzählten, dass es nach „Diene der Party“ (2014) beinahe vorbei gewesen wäre mit PASCOW.

Letztlich wurde die Band rekalibriert, wurden Privatleben und Hobby (das sind PASCOW auch 2019 noch) besser aufeinander abgestimmt, und es konnte weitergehen. Mit einem Ergebnis, das vielleicht das beste PASCOW-Album überhaupt ist.

Ich konnte es mir in den letzten drei Monaten in Dauerrotation geben, ich bin nicht gelangweilt, höre gleich mehrere neue Hits, die auch live zünden werden. Schon der Opener „Silberblick & Scherenhände“, dem ein kurzes Klavierintro vorangeht, will nicht mehr aus dem Kopf weichen, und das Duett von Alex mit Christina aka Frau Wolf (Sängerin der gleichnamigen Band aus Trier, die auch bei einigen Shows live mit dabei sein wird) ist eine Wucht.

Genau wie „Unter Geiern“ auf der B-Seite (davor ein cooles Surf-Intro) mit dem bei CRASS geborgten „Do they owe us a living?“-Refrain und der genialen Textzeile „Der größte Trick des Punkers war es, nicht mitgemacht zu haben“, dem darauf folgenden „Treck der Toten“ und vor allem „Schmutzigrot“, wo Wick von BAMBIX zu Alex’ Duettpartnerin wird.

Auf Seite C (das Album kommt als Doppel-LP mit drei bespielten Seiten und läuft auf 45 rpm) dann das wütende Deutschland-Stück „Heute Jäger, morgen Taucher“, und zum Schluss „Wunderkind“, eine, ja, eine Ballade mit Klavier.

Mit „Jade“ ist Alex, Ollo, Swen und Flo ein durch die Fotos von „Kandy“ auch optisch beeindruckendes Album gelungen. So geht Punk, ohne Klischees, musikalisch spannend, mit Herz und Verstand.

Tut gut.