VENOM

From The Very Depths

Meine erste Begegnung mit VENOM war im Jahre 1995. Ich las einen Bericht über das Dynamo Open Air, wo das Trio ist seinerzeit mit einer weißen Stretchlimousine am Backstage-Bereich vorfuhr, die ganze Zeit über tierisch einen auf dicke Hose machte und während seines Auftritts deutlich mehr Pyrotechnik verballerte, als auch nur annähernd alle anderen Bands zusammen.

Was genau das eigentlich mit Black Metal zu tun haben sollte, erschloss sich mir nicht wirklich und ich beschloss spontan, VENOM erstmal scheiße zu finden, obwohl ich bis dahin nicht einen einzigen Ton der Truppe gehört habe.

Bis sich das änderte vergingen tatsächlich sogar noch ganze acht Jahre, denn ich hatte seit jeher ein Talent für das völlige Ignorieren einer Band, sollte mir selbige erstmal vollkommen am Allerwertesten vorbeigehen.

Da hatte mich auch das ganze Gequatsche von wegen „Kult“ und „Erfinder eines ganzen Genres“ nicht wirklich interessiert, denn die Entstehung des von mir damals so geliebten Black Metal schrieb ich ohnehin Quorthon (R.I.P.!) und seiner Band BATHORY zu.

Dann kam er doch, der gefürchtete Moment, als es sich nicht mehr vermeiden ließ, einen Song dieser Rumpeltruppe zu hören. Ausgerechnet während eines Urlaubs im niederländischen Zandvoort kam einer meiner Begleiter auf die tolle Idee, „In league with Satan“ zu spielen.

Noch dazu auf einem total abgenudelten Tape, das furchtbar eierte. Ich weiß gar nicht, ob es letztlich nicht vielleicht doch an der nicht gerade geringen Menge bewusstseinserweiternder Substanzen lag, die ich damals gerade zu mir genommen hatte, doch plötzlich machte es „Klick“ und ich liebte diesen räudig rumpelnden Scheiß, der da aus dem kleinen, gammeligen Kassettenspieler quäkte.

Ich verstand plötzlich den Kultfaktor dieses britischen Trios, auch wenn ich die Musik trotzdem nicht mit Black Metal in Verbindung brachte. Heute weiß ich natürlich, dass Cronos und seine Mitstreiter mit dieser Stilbezeichnung mehr den Spirit meinten und weniger ihren musikalischen Output.

Für mich waren VENOM eher eine metallischere Variante von MOTÖRHEAD, eine Meinung, zu der ich im Übrigen noch heute stehe. Nun liegt mit „From The Very Depths“ das 14. Studioalbum vor und überzeugt, so wie alle anderen VENOM-Platten auch, mehr durch das übertriebene Spielen mit Klischees und sympathisch simples Liedgut, denn durch technische Finesse und Virtuosität, wenngleich man heute spielerisch deutlich mehr auf der Pfanne hat als das Aufreißen einer Büchse Billigbier.

Texte an der Grenze zur Fremdscham, die dann doch ein glückliches Grinsen hervorrufen, werden getragen von knackig produzierten Heavy-Metal-Songs, die mit einem Bein bis zum Knie im Hard Rock stehen und die Kuttenträger auf den Festivals dieser Welt sicher in Verzückung geraten lassen werden.