ANDECK BAUMGÄRTEL

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Die DDR von unten

Beim Thema „Punk in der DDR“ wird man immer wieder auf Namen Andeck Baumgärtel stoßen. Sei es bei der Aufnahme der „DDR von unten“-LP mit SAU-KERLE und ZWITSCHERMASCHINE oder den ersten studioähnlichen Kassettenaufnahmen von PARANOIA, KALTFRONT und DIE FIRMA – Andeck war mit seinem Know-how und seinem Mut für die neue Szene da, obwohl er eher aus der traditionellen Rockmusik stammte. Im Juni 2022 treffe ich mich mit ihm in Hermsdorf bei Dresden. Wir unterhalten uns über die Anfänge des Punkrock in DDR. Es geht um Andecks Weg als Musiker, seine Projekte und sein Wirken. Das Zusammenspiel von Rock’n’Roll-Lifestyle und Familienleben. Und natürlich auch um seine schweren Jahre, im Visier der Stasi.

Andeck, du willst diesem Interview etwas vorausschicken ...

Ich habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, immer schon. Konnte den Enkeln auch kaum was vorlesen. Durch viele Umstände ist das noch verstärkt worden und in meiner Schulzeit auch gar nicht beachtet worden. Deutsch vier und fünf ... das war schon ein Handicap. Ich habe mich im Leben zurechtgefunden. Meine Frau Kerstin schreibt alles oder liest mir vor. Na ja, da habe ich mich durchs Leben durchgewurschtelt.

Wir sitzen jetzt also hier in Hermsdorf in deiner musikalischen Wirkungsstätte. Schon von Beginn an?
Genau. Wir haben 1980 das Haus hier gekauft. Und der Plan war sofort: Oben wohnen und unten Musiketage. Und da war sofort nach den ersten Arbeiten, so 1983, das Kellerstudio. Primitiv, aber schon mit zwei Räumen. Da mieteten sich auch Bands zum Proben ein. Das war ein kleiner Verdienst von uns. Ich bin ja 1981 aus dem sozialistischen Arbeitsprozess ausgestiegen und sozusagen freischaffend geworden. Unsere Söhne Thomas und Johannes wuchsen in dem Haus mit sehr viel Musik und vielen Musikern auf. Johannes betreibt jetzt eine Veranstaltungsfirma und Thomas hat das Hip-Gun-Studio.

Und das ging so ohne Probleme?
Na, da gab es viele Probleme. Das war eben schon der Anfang des Punkrockens.

Soweit ich weiß, hast du ja schon eine Weile vor Punk begonnen, Musik zu machen.
Ich habe mit der Musik angefangen so etwa im zehnten Schuljahr. Ein wenig Schlagzeug, zum Unterricht gehen und so bissel schnuppern. Da gab es in meinem Elternhaus einen Partykeller, den haben wir ausgebaut als Jugendliche. Dort wurde eben Westmusik gehört. Das führte auch manchmal zu Skandalen. Weil die Schule sagte: „Beim Andeck wird immer Westmusik gehört. Das geht nicht ... Wenn Jugendliche Musik hören wollen, dann sollen die in den Jugendklub gehen.“ Aber das war eben interessanter. So im Keller mit ’ner Tonbandmaschine, so mit Lindenberg und allem. Wie das eben so war.

Du warst ja auch selber Musiker bei MUSTANG. War das schon vorher oder ging das erst im neuen Haus los?
MUSTANG wurden 1983 gegründet, hier im Haus, als wir hier auch wohnten. Aber das eigentliche praktische Musizieren fing schon mit DOCTOR ROCK an. Bei Gunter Brendel, der nun leider verstorben ist. Der war mein großer Lehrmeister. Da war ich so als Newcomer Drummer bei DOCTOR ROCK, bestimmt drei Jahre, und habe auch den Lkw gefahren. Wie das eben alles so war. Das waren wilde Geschichten, tierischste Konzerte. Das war damals schon eine Profiband. Ich war dann auch von 1984 bis 1987 an der Musikhochschule bei Professor Ludwig. Herr Ludwig von den Dresdner Tanzsinfonikern, der hat an der Musikhochschule Schlagzeug unterrichtet. Da durfte ich als Privatstudent antreten, weil ich ja politisch untauglich war und nicht direkt studieren durfte. Ich war ja nie in der FDJ und war kein beliebtes Subjekt. „Unbeliebtes Subjekt in der DDR“, so stand es sinngemäß im Führungszeugnis.

Wie kam es schließlich doch zu diesem Studium?
Der Herr Ludwig hat dann gesagt: „Andeck, es gibt hier einen Verein. Der fördert Amateurmusiker. Wenn du da einen Beitrag bezahlst, kannst du vier Fächer bis zum Berufsausweis hier machen.“ Das habe ich auch gemacht, habe 110 DDR Mark im Monat bezahlt und konnte an der Musikhochschule ein paar Fächer belegen: Schlagzeug, Musiktheorie, Stilistik und Gehörbildung. Ich bin natürlich öfter aus der Schule geflogen. Da hat der Direktor Schulverbot für mich ausgesprochen. Weil eben die Hosen zu bunt waren. Da fischte mich der Pförtner raus und sagte: „Herr Baumgärtel, heute Schulverbot.“

Ließ sich das dann abwenden?
Da habe ich Herrn Ludwig abends angerufen und gesagt: „Der Direktor hat wieder mal Hausverbot ausgesprochen“. Dann hat der das wieder reguliert: „Herr Direktor, das können wir so nicht machen. Der Andeck, der steht auf Musik, das ist sein Leben. Die politischen Dinge interessieren den gar nicht so. Wie sie das alles immer so interpretieren. Der macht doch auch keine Revolte. Den müssen wir einfach wieder mit ins Boot nehmen ...“ Und dann schrieb er mir eine Karte: „Nächste Woche kannst du wiederkommen, Andeck.“

Das Studium lief dann parallel zu deinem Studio und der Musikertätigkeit.
Genau. Und dann Ende Achtziger, so kurz vor oder während der Wende, hatten dann KALTFRONT und andere Bands aus Dresden hier mal so einen Punkt, wo die von null auf hundert was probieren konnten. Das Equipment stand da. Geheizt war auch. Da kamen die schnell mal vorbei und haben was getestet oder ausprobiert. Auch MCB mit Mike Demnitz. Dann gab es dieses Projekt FREUNDE DER ITALIENISCHEN OPER im Schauspielhaus. Da hat der Intendant gefragt, ob die das hier proben können. Der kam auch nach Hermsdorf und hat das Programm abgenommen. Das war eine revolutionäre Sache damals.

War das nach der Wende?
Na ja, das fiel so genau in die Wendezeit.

Noch mal zurück zu den Anfangszeiten, nachdem ihr das Haus gekauft habt. Was waren die ersten Projekte, die hier so liefen?
DOCTOR ROCK haben hier geprobt. Dann eben auch wir mit MUSTANG. Wir haben da schon echt was aus dem Boden gestampft. Und durch MUSTANG kamen wir so 1984 in Kontakt mit allem, was Rang und Namen hatte. Auch durch die Auftritte vor FEELING B und FREYGANG. Wir waren damals schon eine angesagte Anheizerband. Wir hatten eigene Songs und haben auch gecovert, das war so 50/50. Und dadurch gab es eben den Kontakt mit FEELING B, Aljoscha, Paul Landers, Flake und anderen, wie André Greiner-Pol. Und so wuselte das Rock’n’Roll-Leben eben los.

Die haben auch bei euch aufgenommen, also FEELING B und FREYGANG? Oder haben die nur den Proberaum genutzt?
Alles ... Paul spielte ja mit Flake auch in der Band DIE FIRMA. Mit Tatjana Besson. Und da haben wir, ich glaube 1985, eine Kassette aufgenommen. Das Foto hier, das ist in Weixdorf in dem Kirchgemeinderaum, da haben wir aufgenommen, weil wir merkten, bei mir in Hermsdorf ist nicht genügend Platz. Ich war ein bisschen integriert in die Kirchgemeinde und habe gefragt, ob wir das in Weixdorf machen können. In der Woche. Mal so vier Tage. Das haben die auch mitgemacht. Die wussten nicht, was das alles so darstellte. Da waren Trötsch und alle anderen noch dabei. Auf dem Foto da ist Paul Landers mit meinen Jungs Thomas und Johannes. „Kinder der Maschinenrepublik“ wurde da aufgenommen. Da haben die Jungs auch mitgesungen. Hier das Bild, da ist Paul im Hintergrund mit der Gitarre.

Wusste ich gar nicht, dass du auch DIE FIRMA aufgenommen hast.
Na ja, Aufnahmen waren für uns eigentlich gar nicht die Hauptsache. Das ist ja erst jetzt in den westlichen Jahren zum Beruf geworden. Wir haben ja 1994 die Baumgärtel-Music-GbR gegründet, da war das Recording schon die Haupteinnahmequelle. Ich war zehn Jahre on the road, mit den Bands unserer beiden Jungs. Mit CHICAGO JAZZZ und so. Als Tonmann und Fahrer. Von 1993 bis 2003 waren wir gemeinsam unterwegs.

Daran erinnere ich mich. Ihr wart gut unterwegs.
Genau. Und vor der Wende wurde eben mehr so der Rock’n’Roll gelebt. Und viele von den Projekten waren vor allem von praktischem Tun geprägt. Es mussten auch Autos geschraubt oder Endstufen gelötet werden. Es war ja eine miese Zeit. Ich wusste, dass diese Umstände, wie Autos schrauben, für uns Musiker auch hinderlich waren. SCHLEIM-KEIM strahlten etwas aus und zeigten mir, wohin die Reise gehen kann. Das war schon legendär. Die kamen hier an und hatten auch schon ein bisschen Equipment und hatten vor allem das Feeling, was die Welt offenhält und wo es hingehen soll. Das hat mich auch schwer begeistert. Da wusste ich, die Enge des Ostrock oder die Möglichkeiten hier, die sind begrenzt. Ich muss eigentlich durch dieses Dogma oder diesen Druck, diesen Deckel, den die DDR so politisch hatte. Mit der ganzen Kulturarbeit, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Das war der Hass. Ich wollte es durchbrechen. Unpolitisch, wie ein Überschallflugzeug mit Mut und auch drüberstehen. Das hat zwar immer viel Ärger gebracht und ich musste öfter nach Dresden aufs Rathaus. Da gab es Verwarnungen und ich sollte Richtlinien unterschreiben, die ich einhalten sollte. Die waren bekloppt, aber es hat was gebracht. Ich hatte viele Musiker oder Freunde, die es liebten, wenn man geradlinig war. Und da habe ich auch gelernt, in ganz jungen Jahren, was es heißt, authentisch zu sein. Dann nimmt dir das Publikum auf der Bühne vieles ab. Und der Sinn, authentisch zu sein, ist sich nicht zu verbiegen, wie andere, die eben alles gemacht haben. Sich politisch verkauft haben und dachten, sie gewinnen dadurch etwas. Die haben nichts, im Prinzip gar nichts gewonnen.

Vielleicht bleiben wir da gleich noch mal bei ganzen Sache mit der „DDR von unten“-LP. Das war ja, gerade jetzt im Nachgang, ein großes Ding. Gerade diese Geschichte mit SAU-KERLE alias SCHLEIM-KEIM-. Wie kam es dazu? Lief das über Anderson?
Das ist ganz einfach zu sagen. Ist auch alles nachzulesen. Egon Nauman, also der Ober-IM, der war mein Fast-Schwager. Er lebte unverheiratet mit meiner großen Schwester Mary in Dresden. Sie hatten zwei gemeinsame Kinder. Egon war mit Sascha Anderson, auch IM, oft hier. Unter anderem auch mit Ralf Kerbach, der bis vor kurzem Professor an der Kunsthochschule in Dresden war. Also die gingen hier ein und aus. Und da hat dann die Staatssicherheit einen Plan entwickelt ... SCHLEIM-KEIM sollten definitiv mundtot gemacht werden. Und ROSA EXTRA in Berlin. Ich wurde gefragt, ob ich die Aufnahmen mache. Es gab viel Geld. Die sagten: „Andeck, wir geben dir 900 DDR-Mark.“ Was wirklich viel Geld war. „Und du nimmst dann eine Punk-Platte auf, die ein Sohn von einem Botschafter abholt und nach West-Berlin bringt. Wir besorgen dir eine kleine Bandmaschine.“ Und dann habe ich das auf „Schnürsenkel“ aufgenommen – so nannten wir damals dieses schmale Stereo-Masterband. Ich hatte dafür schon auch kreative Fingerfertigkeiten. Und wirklich auch ein Feeling für solche vagen Sachen. Allerdings kein Gefühl dafür, was für eine hinterhältige Geschichte tatsächlich läuft. Das haben wir erst 2021 erfahren. Ich habe das gemacht, ohne groß zu überlegen. Und dann wurde alles organisiert. Es gab zwei Wochenenden, an denen aufgenommen wurde.

Wie lief das so ab?
Zuerst SCHLEIM-KEIM am Samstag. Sonntag waren ROSA EXTRA mit Spalda und so da ... Das andere Wochenende ZWITSCHERMASCHINE. Da ahnte aber kein Mensch, dass das link ist. Die haben gegenüber SCHLEIM-KEIM übelste Drohungen ausgesprochen. ROSA EXTRA sind dann abgesprungen, die sind auch nicht mit veröffentlicht worden. Die Platte ist definitiv im Westen rausgekommen und ich bin auch angeschrieben worden, dass die an dem und dem Tag auf RIAS vorgestellt wird. Und das habe ich mir auch angehört. Die haben zwar in der Ansage gesagt: „Schrottmusik aus der DDR“. Aber das war für die schon auch lustig. Und der Regisseur, der jetzt den Film über diese ganze Sache dreht, Paul Poet, der war ja zur Recherche auch mehrmals hier. Der hat jetzt auch mit dem Verleger der Platte in West-Berlin gesprochen.

Wahrscheinlich Karl Walterbach, auf dessen Label Aggressive Rockproduktionen die Platte erschien.
Und der meinte, das mit der Stasi war ihm egal, es war für ihn einfach ein interessantes Ding. Den haben politische Sachen gar nicht gejuckt.

Der Sound, den SCHLEIM-KEIM gespielt haben, war ja schon ziemlich krass für damalige Verhältnisse. Konntest du mit diesem Sound etwas anfangen?
Ja, der Sound war meine Vision. Da wusste ich, das ist das, was die Welt braucht. Dann haben wir zum Beispiel MUSTANG vom Sound her auch ein bisschen getunet. Wir hatten da schon die Ahnung, dass die Energie damit übertragen werden muss. Das muss aber auch die PA hergeben. Ich wusste einfach dadurch, wo es hingehen sollte. Das konnten ja andere gar nicht mitentwickeln, weil die das nie erlebt hatten. Ich hatte das ja alles hier. Ich war paarnzwanzig und das prägt einen natürlich. Das wusste ich, wo der Weg hinführen soll. Und trotz der ganzen Hudelei, es war ja nie so, dass ich groß darüber nachgedacht hatte. Aber was Kerstin, die Jungs und ich immer beibehalten haben, ist diese Offenheit und Geradlinigkeit. Das hatte sich auch gelohnt. Nach der Wende wurde das Kreiskabinett für Kulturarbeit aufgelöst. Wir gehörten damals zum Kreis Dresden-Land und der Sitz dieser Behörde war in Dresden im Rathaus. Und dann lag wirklich in den Monaten nach November 1989 ein Scheck im Briefkasten über 1.000 DDR-Mark. Der war von der Kulturchefin. Und da stand drauf: „Lieber Andeck, für euch, weil du durchgehalten hast.“ Dann hat 1993/94, über den Bernd Gürtler, die Landesregierung 20.000 DM gegeben. Wir hatten so um die Wende kaum Geld. Wir haben uns gerade so fröhlich über Wasser gehalten. Kerstin hatte einen guten Job im öffentlichen Dienst. Und der Minister, von dem ich dann eingeladen wurde, meinte: „Damit wir uns auch mal erkenntlich zeigen. Sie haben mit Geschichte geschrieben.“ Das war dann praktisch der Start. Die 20.000 DM haben wir genommen, um dieses MUSTANG-Studio, dann schon zusammen mit den Jungs, auszurüsten. Da gibt’s heute noch viele Geräte und Mikros, die noch in Betrieb sind. Das war schon eine Anerkennung, weil der Punkrock oder dieser Rock’n’Roll oder dieses ganze Lebensgefühl das war, was ich verwirklichen wollte. Was aber überhaupt nicht den DDR-Dingen entsprach. Wir waren ja auf der anderen Seite von Situationen im Leben geprägt, die zwar nicht musikalisch, aber anders genauso verschärft waren.

Zum Beispiel?
Ich erzähle da mal kurz was, ob du das verwendest oder nicht ... Das ist politisch heutzutage wieder aktuell. Hier am Ort entlang verläuft die B97. Von Plauen und Königsbrück, wo sich das große Russenlager befand, war das eine Verbindungsmagistrale. Da wurde zum Beispiel das Kerosin nach Plauen gefahren, unter anderem für den Russenflugplatz. Genau da war in den Achtziger Jahren – ich sage mal, es war 1984 –, also auch in der Zeit von der Platte mit all dem Aufbruch, die Sowjetarmee in Not gekommen. Da hat ein Riesentransporter – das könnt ihr euch nicht vorstellen, was das für Giganten waren – mit einem T-34-Panzer, hier vor Hermsdorf, eine Straße blockiert. Die sind betrunken in den Straßengraben gefahren. Da war auf einmal kein Verkehr und ich habe zu den Jungs nach der Schule gesagt: „Wir gehen da mal hin. Irgendwas muss passiert sein.“. Und dann sahen wir das Dilemma. Die Straße war blockiert. Da war bloß noch eine schmale Durchfahrt für Pkw. Der Transporter mit dem T-34, der wiegt über 60 Tonnen, der hing dort so schräg in dem Graben. Dann war dieser Offizier, der war völlig von den Socken, das war derjenige, der verantwortlich war für die Versorgungsmagistrale. Wir konnten ja ein bisschen Russisch und haben gefragt, was los ist. Und da sagte er, dass sein Funkgerät nicht geht und dass er in Schwierigkeiten ist. Da habe ich gesagt: „Zeig mir mal das Funkgerät!“ Ich bin dann wieder hierher, ich hatte ja so Messinstrumente da. Ich habe das Funkgerät wieder in den Gang gebracht. Und dann hat Kerstin abends Essen gekocht. Die haben sich zum Übernachten eingerichtet. Am nächsten Morgen hatte der von Dresden so zwei Bergungspanzer geholt. Dann haben wir Stahlseile gespannt. Aber die Bergungspanzer haben dieses Geschoss nicht aus dem Graben gekriegt. So zu Dreiviertel die Straße blockiert, aber der Panzer hing im Graben auf dem Auflieger. Dann ging das eben hin und her. Und das wurde eben nüscht.

Wie ging das weiter?
Am dritten Tag vormittags, kam ein Gottwald-Kran. Der sollte in Schwarze Pumpe was Großes bewegen. So ein Riesenklopper von Gottwald-Kran. Da sagte der Offizier: „Andeck, nimm mal bitte mit dem Fahrer den Kontakt auf.“ Weil der Kran ja auch nicht vorbeikam. Da haben die den angehangen. Und wie der dann an dem Gottwald-Kran hing, kam Putin. Der war ja Chef vom KGB in Dresden, hatte dort politisch alles geleitet, war praktisch das Oberhaupt von Dresden. Es gab aber auch ein Dilemma, denn es kam auch die Stasi, es wurde dann plötzlich alles total blöd. Das Stasi-Urteil für mich hieß danach: „Lächerlichmachen des Kalten Krieges.“ Ich sollte im Nachhinein beweisen, dass es keine Fotos davon gab. Der T-34 war ja die heilige Waffe der Russen. Dass der eben am Gottwald-Kran mit westdeutschem Nummernschild hing, das ging gar nicht. Das haben wir aber mit Putin ganz gut geregelt in der Kommandantur und das ist alles noch ganz glimpflich abgegangen. Aber die DDR-Behörden, die waren bekloppt. Der Kalte Krieg war in den Achtziger Jahren furchtbar. Das haben die alles so verbissen gesehen. Das hat mich aber auch geprägt Vor drei oder vier Jahren klopfte es bei uns an der Tür. Da bin ich raus und da war da ein Russe. Der sagte: „Du, Andeck, ich bin der Offizier, der damals mit dir diese Panzergeschichte erlebt hat. Und ich wohne jetzt hier in Ottendorf im Nachbarort. Ich bin damals nach der ganzen Sache, weil da ist viel schiefgelaufen, hier geblieben. Ich wollte dir mal guten Tag sagen und gucken, wie dir es geht.“

Eine verrückte Geschichte.
Mit dem Mann haben wir ganz guten Kontakt und der lebt hier. Das zählte ja damals als Hochverrat. Der Kalte Krieg war ja eine total sinnlose Scheiße. So was war aber auch Rock’n’Roll. Nicht unbedingt musikalisch, aber trotzdem irgendwie im Geiste.

Ende des ersten Teils