DYING WISH

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Im Sinne der Gemeinschaft

Die aus Portland stammenden DYING WISH trumpfen auf ihrem zweiten Album groß auf. „Symptoms Of Survival“ ist eine giftige, ruppige Metalcore-Platte, die mehr Melodie und Zugänglichkeit aufweist, als es im ersten Moment scheint. Das US-Quintett präsentiert sich kompositorisch gereift und klar akzentuiert.

Wir haben die Band mit dem Ziel gegründet, dazu beizutragen, dass die Szene in Portland wieder floriert“, erklärt Frontfrau Emma Boster im Rückblick auf die Startphase ab 2018. „Dass wir dieses Niveau oder auch nur etwas Ähnliches erreichen würden, schien uns unvorstellbar. Weil ich schon längere Zeit Shows in Portland buchte, habe ich mich gefragt: Wäre es nicht cool, wenn ich mit all diesen coolen Bands spielen könnte? Vielleicht könnten wir Portland zurück auf die Landkarte bringen? Und jetzt sind wir hier! Es sind nur fünf Jahre und doch ist es für uns bereits eine ziemlich lange Reise.“ Die Corona-Pandemie hat den Aufstieg von DYING WISH nicht ausgebremst, sondern unterstützt: „Zu dem Zeitpunkt, als die Pandemie alles lahmlegte, hatten wir gerade die Aufnahmen für unsere Single ,Innate Thirst‘ beendet. Außerdem waren wir eine Woche lang mit SANCTION auf Tour gewesen und hatten einen Manager eingestellt. Zunächst fühlte sich das nach schlechtem Timing an, aber dann wurden wir von einem Label unter Vertrag genommen und hatten die Zeit, ‚Fragments Of A Bitter Memory‘ zu schreiben, aufzunehmen und zu veröffentlichen.“

Für die Band ist das Glas demnach halb voll und nicht halb leer. Emma Boster und Co. versuchen auch sonst, allen Facetten des Lebens und Musikerdaseins positiv zu begegnen: „Wir schöpfen aus vielfältigen Inspirationen aus allen Arten heftiger Musik“, erzählt die Frontfrau. „Mein Anspruch ist es, dass DYING WISH hart klingen. Außerdem wollen wir mit unseren Texten zum Nachdenken anregen. Deshalb spreche ich über schwierige Themen. Natürlich sind wir primär von dem Sound inspiriert, mit dem wir aufgewachsen sind, doch wir fügen dem unsere eigenen Elemente hinzu.“ Metal-Hardcore respektive Metalcore ist der Stil, der sich für Emma richtig anfühlt: „Der Hauptgrund, warum ich zu aggressiver Musik und speziell zum Hardcore gekommen bin, war, dass ich das Gefühl hatte, endlich meine Gemeinschaft und den Platz gefunden zu haben, an den ich gehöre“, steht für die Sängerin außer Frage. „Für DYING WISH gilt, dass wir unserer Hardcore-Ethik immer treu bleiben werden. Wir schreiben Songs mit Aussage und für einen Zweck sowie im Sinne unserer Gemeinschaft. Soundseitig können wir innerhalb des gesetzten Rahmens das machen, was wir wollen. Unsere Fans nehmen uns so, wie wir sind.“ Mit Blick auf das rege Umfeld hebt die Frontfrau insbesondere eine Band heraus, um anschließend die Alben aufzuzählen, die sie maßgeblich beeinflusst haben: „Neben vielen anderen sind HARM’S WAY aktuell ein großartiges Beispiel für eine Band, die beide Genres weiter verbindet und voranbringt“, freut sich Emma. „Meine fünf Lieblings-Hardcore-Metal-Platten sind ‚Satisfaction Is The Death Of Desire‘ von HATEBREED, ‚This Is Love, This Is Murderous‘ von BLEEDING THROUGH, ‚Brightside‘ von KILLING TIME, ‚October Rust‘ von TYPE O NEGATIVE und „When The Smoke Clears‘ von FOUNDATION. Und es stimmt, dass die Szene – sowohl Hardcore als auch Metal – schon lange nicht mehr so zugänglich und aufregend war. Es ist toll, mit so vielen verschiedenen Bands auf Tour gehen zu können – von HATEBREED über THE DEVIL WEARS PRADA bis hin zu LIMP BIZKIT. Es gefällt mir, dass die Shows wieder vielfältiger sind. Das hat der Szene immer gutgetan.“

Den Schritt aus dem lokalen Underground hinaus zu landesweiten und globalen Touren haben DYING WISH professionell gemeistert: „Neben meiner Tätigkeit als unabhängige Promoterin habe ich in dieser Branche bereits als Bookerin und Produktionsleiterin in einem Club in Portland gearbeitet“, erwidert Emma. „Aus diesem Grund kannte mich mit der Branche auch außerhalb der DIY-Szene aus. Deshalb fällt uns vieles leicht, was andere Gruppen vor Probleme stellt, wenn sie sich am Übergang in die professionellere Richtung befinden. Ich lebe und atme all dies schon seit Jahren. Die einzige Gelegenheit, wo wir wirklich nervös und aufgeregt waren, war die Tour mit LIMP BIZKIT. Zum Glück verfolgen wir ein Motto, das wir ernst nehmen: ‚Keine schlechten Shows!‘“ Vergleicht man das Debüt mit dem Nachfolger, ist der Unterschied dennoch gewaltig: „Die größte Veränderung hat damit zu tun, dass wir heute mehr Selbstvertrauen an den Tag legen“, so die Frontfrau. „Ich selbst übernehme mehr Verantwortung für die Band, aber wir alle treten deutlich mutiger auf.“ Auf „Symptoms Of Survival“ äußert sich das etwa auch im Mehr an Melodie und Cleangesang: „All das passiert mit Absicht“, erklärt Emma. „Bevor ich zu shouten angefangen habe, war ich Sängerin. Wann immer wir Musik schreiben, trainieren wir auch unsere Fähigkeiten im melodischen Bereich, und das wird für uns zusehends selbstverständlicher. Für die Zukunft könnt ihr noch mehr in dieser Richtung erwarten.“ Das Quintett aus Portland ist an seiner zweiten Platte gewachsen: „Ich habe ,Watch my promise die‘ über die Angst vor dem Versagen geschrieben“, verrät die Sängerin. „Der Druck, ein zweites gutes Album abliefern zu wollen, hat zu diesem Gefühl beigetragen. Aber jetzt, da es fertig ist, ist die Weiterentwicklung für mich offensichtlich. Als Individuen und Band haben wir uns seit dem Schreiben des Debüts enorm gesteigert. Das äußert sich in der neuen Identität, die das Album aufzeigt.“ Neben der kompositorischen Qualität fällt gleichzeitig die ernste Thematik der Tracks auf: „‚Symptoms Of Survival‘ dreht sich im Großen und Ganzen um das Spektrum der menschlichen Erfahrung von Schmerz – von Themen wie Krieg, Unterdrückung und Klimawandel bis hin zu eher persönlichen Problemen wie psychische Gesundheit, Traumata und Herzschmerz“, reißt die Frontfrau abschließend an. Der Bandname DYING WISH kommt also nicht von ungefähr.