EYES

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Minderleister

Manche Bands brauchen nicht viel Anlauf, um zu überzeugen – die werfen einen aus dem Stand um. So eine Band sind EYES aus Dänemark, die 2018 eine erste EP veröffentlichten und gerade mit „Underperformer“ ihr Debüt vorlegten. Vom ersten Takt an ist hier Alarm angesagt, der Puls auf 140, alle Sinne im Fluchtmodus. Rasmus Furbo, Søren Bomand, Kenn Bendtsen, Simon Djurhuus und Victor Kaas kommen aus Kopenhagen, man kennt den einen oder anderen schon von anderen Bands, und Heavy-Riffs, Black Metal und Hardcore sind die Grundbestandteile. Leadsänger Victor Kaas antwortete auf meine Fragen.

Ihr werdet als „fünf junge Veteranen aus der dänischen Metal- und Hardcore-Szene“ vorgestellt. Also, wer ist in der Band und welche anderen Bands gibt oder gab es?

Wir alle, also sowohl unsere Gitarristen Søren und Rasmus, Schlagzeuger Simon, Bassist Kenn wie auch ich, waren irgendwann einmal bei HEXIS, einige von uns in der gleichen Besetzung, einige in späteren Inkarnationen, einige in früheren. Rasmus spielt noch Bass bei LLNN und Gitarre bei AFMAGT, Søren ist bei AFMAGT auch an der Gitarre, ebenso wie bei MASS WORSHIP. NO FEALTY gibt es nicht mehr, aber da hat Søren auch mal gespielt. Ich bin außerdem bei TELOS.

Braucht man mehr als eine Band auf einmal ...?
Nicht unbedingt. Es erfordert schon etwas Koordination, wenn drei von fünf Mitgliedern mehrere Projekte haben. Was mich angeht, denke ich, dass es die Möglichkeit eröffnet, seine Kreativität auf verschiedene Weise auszudrücken, verschiedene Stile, verschiedene Ideen zu erforschen. Natürlich könnte man sagen, dass man ein Tausendsassa ist und Meister in keinem Bereich, aber alle genannten Projekte bleiben im Rahmen der Heavy-Music und haben daher einige Gemeinsamkeiten, klingen in der Praxis aber extrem unterschiedlich und erkunden verschiedene musikalische Felder, sowohl klanglich als auch textlich. Ich finde nicht, dass es darum geht, mehr als eine Band auf einmal zu brauchen, es geht darum, mit verschiedenen Leuten verschiedene Dinge ausdrücken zu können und einfach eine Leidenschaft für das Banddasein zu haben.

Wenn Leute, die bereits in anderen Bands spielen, sich zusammentun, um eine neue zu gründen, dann muss es eine gemeinsame Idee, ein Konzept, einen Plan geben – oder?
Nicht wirklich. Im Falle von EYES war der Grund einfach nur, dass wir uns als Menschen wirklich mögen und auch die Art, wie wir zusammen Musik machen und schreiben. Wir wollten von den Gewohnheiten, die sich bei HEXIS eingeschlichen hatten, wegkommen und uns auf einen mehr von Punk beeinflussten, dynamischen und eingängigen Sound konzentrieren, aber auch noch etwas pures Chaos zuzulassen.

Ihr seid fünf Jungs in dieser Band. Nur Männer. Keine Musikerinnen in der Nähe?
So wichtig ich es auch finde, eine breitere Repräsentation von weiblichen und Trans-Künstlern in den Medien zu haben: eine Band danach zu beurteilen, ob sie rein männlich ist, erscheint mir irgendwie sinnlos, wenn du mich fragst. Wie bereits erwähnt, mögen wir uns einfach und sind wirklich gute Freunde. Wenn du nicht gefragt hättest, hättest du über unsere Intention, die Band zu gründen, nichts erfahren. Es ist ja nicht so, dass wir jemals dagegen gewesen wären, ein weibliches Bandmitglied zu haben, und wenn jemand das glaubt, dann scheiß auf ihn. Davon abgesehen gibt es tatsächlich einen ernsthaften Mangel an Musikerinnen in der dänischen Hardcore- und Metal-Szene – es ist in den letzten Jahren ein bisschen besser geworden, aber es besteht immer noch ein krasses Missverhältnis zugunsten männlicher Musiker. In diesem Sinne: Danke an KONVENT, dass sie so krass abgehen sind und sämtliche Vorurteile und Erwartungen an rein weiblichen Heavy-Bands widerlegen.

„Underperformer“ ist ein schreckliches Wort, es wird von Personalchefs benutzt, um jemanden als Rausschmiss-Kandidat einzustufen. Warum dieser Titel?
Dänische Politiker haben sich in den letzten Jahren bestimmte Reformen des Bildungssystems vorangetrieben, um den Nachwuchs im Schnellverfahren da durchzujagen. Anstatt höhere Bildung um des Lernens oder der Selbstentfaltung willen anzustreben, ist es etwas geworden, das du so schnell wie möglich durchziehen sollst, damit du dir einen Job suchen und arbeiten kannst, bis du siebzig Jahre alt bist. Es war lange Zeit die Norm, es langsam anzugehen und herauszufinden, was man in seinen Zwanzigern tun will, zu reisen, sich nach verschiedenen Jobs oder Universitäten umzusehen, aber das hat sich verändert. Viele junge Leute heutzutage, viele Leute, die ich kenne, mich selbst eingeschlossen, kennen Stress, Angst und Depressionen, weil sie das Gefühl haben, dass sie den Erwartungen, die die kapitalistische Gesellschaft im Spätstadium an sie stellt, nicht gerecht werden können. Und wenn du den Erwartungen nicht gerecht werden kannst, bist du ein Underperformer. Die Texte auf dem Album basieren auf meinen eigenen Erfahrungen und Gedanken in einer Zeit in meinem Leben, in der ich das Gefühl hatte, dass mir etwas fehlt, weil ich nicht wusste, was ich in meinem Leben machen wollte. Das Fazit ist: Es gibt keine Eile. Scheiß drauf, was die Gesellschaft denkt. Tu, was du tun willst, nicht was erwartet wird. Studiere, was du mit Leidenschaft betreibst – oder lerne überhaupt nichts. Was auch immer dich glücklich macht.

Erzähl uns von der Kopenhagener Hardcore-Szene.
Die Kopenhagener Szene ist wirklich klein, aber sehr offen. Shows sind normalerweise relativ klein, aber ich habe das Gefühl, wann immer ich zu einer Show gehe, wird jemand da sein, den ich kenne – es dauert wirklich nicht lange, die Leute in der Community kennen zu lernen. An Veranstaltungsorten mag ich Underwerket in Valby, Stengade und Ungdomshuset in Nørrebro und besonders Loppen in Christiania. Skovbar ist eine ziemlich neue Punk-Bar ich Nørrebro, sehr zu empfehlen. Coole Location, coole Leute, billige Getränke. Ich weiß nicht viel über Tattoo-Läden, aber ich möchte Thomas – auf Instagram endhumanity666 – erwähnen. Wirklich toller Typ, unglaubliche, verdammt düstere Grafik. Und hört euch mal ROT AWAY, WE ARE AMONG STORMS, TVIVLER, DEMERSAL, REGARDING AMBIGUITY und DISILLUSIONIST an.