FEELGOOD MCLOUDS

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Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist

Die Irish-Folkpunks FEELGOOD MCLOUDS kommen daher, wo sich nicht jeder unbedingt auskennt: aus dem Saarland. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum war 2017 schon ein Schmuckstück. Und mit „Life On A Ferris Wheel“ beweisen sie nun erneut, dass man auch in einem zwar unfassbar beliebten, an vielen Stellen aber leider ob musikalischer Totnudelei auch schon ziemlich strapazierten Genre noch Neues und Gehaltvolles und Spannendes zustandebringen kann. Wir sprachen mit Gitarrist Ben.

Ben, warum zur Hölle passt das eigentlich so gut – Deutschland und Irish Folk respektive Irish-Folkpunk?

Ich bin mir nicht sicher, ob das zwingend etwas mit Deutschland zu tun hat. Klar, viele wirklich gute Irish-Folkpunk-Bands kommen von hier. Aber die ganzen „großen“ stammen ja eher aus anderen Ecken der Erde. Nimm zum Beispiel THE RUMJACKS, THE MOORINGS oder die DREADNOUGHTS. Das kann man also nicht so genau einschränken, denke ich. Auch in anderen Ländern ist die Szene ja groß. Wir haben beispielsweise im vergangenen Jahr bei einem schottischen Festival in einer tschechischen Brauerei nahe Prag gespielt. Himmel, da waren Menschen! Ich denke also, das wird überall abgefeiert.

Das ist richtig. Ich frage ja auch, weil ich einfach generell den Eindruck habe, dass es weltweit kaum ein anderes Subgenre des Punk gibt, das derart beliebt ist und vor allem derart viele Bands hervorbringt. Bei FLOGGING MOLLY, DROPKICK MURPHYS und Co. sind die Hallen stets voll. Worin liegt die Faszination bei dieser Musik?
Da magst du recht haben. Und ich glaube, das liegt daran, dass man im Irish Folk einfach die Möglichkeit hat, durch viele verschiedene Folk-Instrumente das Bandgefüge aufzubrechen. Das geht anderswo nicht. Bei uns beispielsweise gibt es mittlerweile Banjo, Dudelsack, Mandoline, Akkordeon und Flöten – zusätzlich zu dem klassischen, wenn du so willst, Power-Trio aus Gitarre, Bass und Schlagzeug. So zu spielen, das macht schon Spaß und ist eben für viele sicherlich auch so reizvoll an dieser Art von Musik. Und es schwingt zudem eine unglaubliche Lebensfreude und Feierlaune mit – auch wenn die Themen, von denen die Songs handeln, durchaus mal ernster oder kritischer sein sollten. So was gibt dir beim Hören schon direkt ein ganz anderes, ein gutes Gefühl.

Eure neue Platte heißt „Life On A Ferris Wheel“. An welcher Stelle dieses Riesenrads, was „Ferris Wheel“ ja auf Deutsch bedeutet, befindet ihr euch gerade, wenn es für eure Karriere steht?
Eine schwierige Frage ... Wir sind ja alle keine Berufsmusiker und sehen uns eher im semiprofessionellen Bereich. Aber nichtsdestotrotz sind wir als Band momentan schon im Aufschwung, würde ich sagen. Auch wenn die Fahrt nach oben gerade natürlich etwas durch die Corona-Situation gebremst wird.

Braucht gerade die aktuelle Situation mit Virus-Angst und Lockdown vielleicht genau ein solches Album wie eures?
Auf jeden Fall braucht man auch jetzt neue Musik, so viel ist sicher. Ob es in dieser Situation nun genau unser Album braucht? Ich möchte nicht so arrogant sein, dies zu behaupten. Aber sicherlich muss es zur Zeit schon Musik sein, die das Leben bejaht und feiert. Von daher passt das schon.

Das neue Album ist euer zweites. Nummer eins wurde ziemlich abgefeiert. Also war Nummer zwei – wie das ja meist der Fall ist – eine echte Herausforderung, oder?
Schon. Aber der Gedanke an diesen Umstand hat uns auf keinen Fall behindert oder gestört. Wenn er denn überhaupt da war, dann hat er uns eher angespornt. Also: Ja, eine Herausforderung. Eine gute Herausforderung.

Wie geht man an eine solche heran?
Indem man versucht, locker zu bleiben und zuerst einmal neue Songs für sich selbst zu schreiben. Klar, jede Band will in irgendeiner Art und Weise Erfolg mit ihrer Musik haben. Und man schreibt definitiv keine Songs nur für sich. Da kann mir auch niemand was anderes erzählen. Aber in erster Linie machen wir Musik, die zunächst mal uns gefallen muss und mit der wir Spaß haben können. Das nimmt viel Druck und Stress raus. Alles weitere ergibt sich dann von selbst.

Was habt ihr anders gemacht im Vergleich zum Debüt?
Dadurch, dass sich neue Instrumente eingeschlichen haben, hat sich auch unser Songwriting geändert. Es brauchte andere Songs, um Banjo und Akkordeon wirken zu lassen. Damit zu experimentieren, war übrigens weniger Herausforderung als vielmehr Spaß! In solchen Situationen entdeckt man immer mehr neue Möglichkeiten. Außerdem war es uns wichtig, nicht nur die typischen Folkpunk-Klischees zu erfüllen. Das fängt bei der Farbgebung des Artworks der Platte an – da siehst du nur wenig irisches Grün. Und es zieht sich thematisch durch die Songs, in denen es eben nicht mehr nur um Bier und ums Feiern geht. Auf der Platte wird es durchaus auch mal politisch, was in unserem Genre mit den entsprechenden Texten ja eher seltener passiert.

Das Saarland, eure Heimat, ist jetzt bundesweit nicht allzu bekannt für seine große kulturelle Szene oder speziell seine Musikszene – oder ...?
Das stimmt so nicht. Das Saarland hat sogar eine ziemlich große Bandszene! Und das Schöne daran ist, dass hier einfach jeder jeden kennt. Wie auf dem Dorf – nur eben als Bundesland. Von daher gibt es unter vielen Bands gute Freundschaften und man unterstützt sich, wenn möglich. Das ist eine wirklich schöne Sache. Es existieren auch wirklich tolle Läden. Clubs für Konzerte aller Genres. Von Jazz bis Punk ist viel dabei.

Angesichts von Corona und dem generellen Wahnsinn dieser Welt: Vor was haben sogar derart optimistische und lebensfrohe Irish-Folkpunks wie ihr Angst?
Klare Antwort: Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist. Wissen wir doch alle, haha.