IDLES

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Blind Date

Mit „Joy As An Act Of Resistance“ haben IDLES für mächtig Wirbel gesorgt, dementsprechend viel touren die Engländer. Wir griffen Sänger Joe und Gitarrist Marc zum Blind Date ab.

MONTY PYTHON „Always look on the bright side of life“

Joe:
Ein wichtiger Baustein der britischen Kultur.

Könnt ihr über so was lachen?

Joe:
Als ich klein war, ja. Aber heutzutage nicht mehr.

Und die Aussage dieses Songs?

Joe:
Ich bin Optimist, von daher ist das für mich ein guter Inhalt und besser als Songs, die davon handeln, sich selbst umzubringen. Das Lied finde ich jetzt nicht so toll. Die Truppe hat viele intelligente Sachen gemacht. Es gehört zur britischen Mentalität, in den dunkelsten Stunden noch zu lachen.

Kate Bush „Army dreamers“

Joe:
Dieses Lied höre ich auf jeden Fall zum ersten Mal.

Marc: Klingt wie Kate Bush.

Joe: Stimmt. Aber ich kenne es nicht.

Toller Text.

Joe:
Ja, sie hat eigentlich immer überragend gute Texte.

Marc: In jeder Hinsicht eine tolle Künstlerin.

Joe: Leider kann ich keine richtige Leidenschaft für ihre Arbeit entwickeln. Das übersteigt auch meine Aufmerksamkeitsspanne, gerade bei so folkiger Musik bin ich schnell raus.

Sie ist Künstlerin und kein Popstar, was schon mal generell mehr Aufmerksamkeit beansprucht.

Marc:
Sie ist aber auch ein Popstar, einige ihrer Lieder sind schon sehr eingängig und massentauglich.

Joe: Ein guter Popstar muss auch ein guter Künstler sein. Im besten Fall transportiert er seine wichtigen Inhalte so, dass die Massen es trotzdem aufnehmen können, ohne es zu merken. Er hebt auch unauffällig sein musikalisches Niveau oder verändert die Richtung.

Beispiele für gute Popstars?

Joe:
Kate Bush, David Bowie, Stevie Wonder, Freddy Mercury ...

Was ist mit Michael Jackson?

Joe:
Jackson war ein Genie, aber er hat seine Hörer auch nicht wirklich herausgefordert. Er war einer der Besten, aber er hat Kinder sexuell missbraucht und das ist wirklich eine Schande.

Kate Tempest „Europe is lost“

Joe:
Sollen wir uns den Song jetzt echt anhören?

Marc: Magst du das?

Joe: Es ist umwerfend. Ich würde mir niemals das Album reinziehen, aber ich habe von dem Konzept gehört und sie ist unfassbar talentiert, aber ich mag ihre Musik nicht.

Marc: Genau das Problem habe ich mit THE STREETS. Das ist so ein hochgestochenes Englisch und entspricht überhaupt nicht dem Englisch, das ich verstehe.

Joe: In dem Fall setzt sie Form über Inhalt. Das ist wie mit einem Gitarristen, der jede einzelne Note spielt. Es ist nicht genießbar und bringt die Hörer auch irgendwie nirgendwo hin. Die Musik ist scheiße. Aber wie gesagt, eine sehr intelligente Person mit tollen Ansichten und ich würde sie echt gerne mal treffen, das wäre sicher interessant.

FRANK CARTER AND THE RATTLESNAKES „Anxiety“

Joe:
Klingt wie INCUBUS.

Marc: Keine Ahnung, wer das ist ...

Frank Carter ...

Marc:
Was, das ist der? Wo ist sein Akzent hin? Aber ich mag das.

Joe: Ich liebe, was er online tut und wie er anderen Menschen dadurch hilft, dass er offen und ehrlich mit seinen Schwächen, Beziehungen und psychischen Problemen umgeht. Ein sehr mutiger Mensch. Das Lied kenne ich jetzt natürlich nicht im Kontext des Albums, von daher weiß ich nicht genau, worum es geht. Ich hätte ihn nicht erkannt. Ich weiß, dass er immer mit sich selbst kämpft, um so offen wie möglich zu sein, das möchte ich auch erreichen und das habe ich auch von ihm gelernt. Auch von anderen Menschen, natürlich nicht nur von ihm. Diese Art der Offenheit ist schwer zu erreichen, ohne selbstsüchtig zu sein. Tolle Person.

BEASTIE BOYS „Girls“

(Joe wippt und singt sofort mit.)

Ihr kennt den Song, aber nicht die Band?

Joe:
Genau.

BEASTIE BOYS! Wobei das eher nach Handpuppen als nach Rap klingt.

Joe:
Stimmt, genauso klingt er. Ich mag die alten Sachen nicht so, mir gefallen sie mehr, wenn sie mehr HipHop sind, „Intergalactic“, das war top. „Sabotage“ ist für mich der einzige Song in der Musikgeschichte, der Rock und HipHop gut vereint hat. „Walk this way“ ist scheiße und jeder, der es danach versucht hat, ist gescheitert. Man hat immer den Eindruck, dass es gar nicht nötig gewesen wäre, und bei „Sabotage“ musste es so sein.

Marc: Was ist mit RAGE AGAINST THE MACHINE? Die sind doch gut.

Joe: Die sind aber eine Rockband.

Marc: Finde ich nicht.

Joe: Zack de la Rocha hat HipHop gemacht, aber er war trotzdem in einer Rockband.

Es gibt nun PROPHETS OF RAGE, bei denen die Rapper B-Real und Chuck D auch Songs von RAGE AGAINST THE MACHINE live singen.

Joe:
Das klingt schon so richtig scheiße, findest Du nicht? Haha.

Marc: Haha, das klingt echt schrecklich.

Joe: Nichts geht über das Riff von „Sabotage“. Und die haben ja auch die Instrumente gespielt.

Rick Rubin hatte bei den BEASTIE BOYS auch die Hände im Spiel.

Marc:
Man hat das Gefühl, der Typ hängt einfach überall drin.

Joe: Der hat einige richtig gute Sachen gemacht. Ach, die sind so geil.

Ozzy Osbourne „Crazy train“

Marc:
Was ist das denn für ein Typ? Keine Ahnung, wer das ist. (Als die Stimme einsetzt ...) Ah, Ozzy.

Joe: Boah, ist das schrecklich, welches Lied ist das?

„Crazy train“, eines seiner bekanntesten Lieder.

Marc:
Und eines seiner Schlechtesten. Ich bin gerade dabei, mich in BLACK SABBATH einzuarbeiten und die sind unfassbar gut. Die ersten Alben von denen sind nicht von dieser Welt.

Joe: Ich hasse das. Das stresst mich total. BLACK SABBATH oder AC/DC gehören zu den Bands, die einige wirklich richtig große und bedeutende Lieder geschrieben haben. Aber der Großteil ihrer restlichen Lieder sind einfach richtig übel, auch die Texte. Ich stehe eh nicht so auf Rock, aber ich mag THIN LIZZY.

Marc: Wobei das dann auch eine Art entwaffnenden Humor hat. Ein guter Scheißtext ist auch was wert.

Joe: Nee, nicht wirklich. Ganz früher wurde auch echt sexistisch getextet, zum Beispiel über Sex mit Minderjährigen. Das hatte keinen Charme. Pete Townshend ist eine Pädo ... Haha.

Marc: Was soll das?

Joe: Nein, ich mache nur Spaß, haha. Pete Townshend war kein Pädo ... recherchiert einfach mal selbst. Aber fuck THE WHO. Und PINK FLOYD können sich auch ficken.

Marc: Oh ja, die auf jeden Fall.

John Lennon „Imagine“

Joe:
Das kenne ich, der erste Song, den ich auf Anhieb kenne. Das ist John Lennon. Toller Song, aber ein furchtbarer Mann.

Warum?

Joe:
Er war ein gewalttätiger Mobber, hat seine Frau verarscht und später auch seine Kinder. Keine nette Person. Er ist ein Stück Scheiße, was seinen Umgang mit Menschen angeht.

Marc: Neunzig Prozent der Menschheit würden diesem Stück Scheiße trotzdem zuhören.

Joe: Man hat ihn glorifiziert, als ob er ein Heiliger gewesen wäre. Es ist ein wunderschöner Song, aber eine Schande, dass er so zu Menschen war. Das habe ich gehört. Keine Ahnung, eventuell war er auch ein wundervoller Mann, was weiß ich schon? Er sah cool aus und schrieb einige der besten Songs überhaupt. THE BEATLES sind großartig, weil sie einfach alles erfunden haben.

BABYSHAMBLES „Carry on up the morning“

Marc:
Klingt wie Pete Doherty. An der Gitarre hätte man ihn auch sofort erkennen können.

Joe: Sind das THE LIBERTINES? Singen da beide?

Nein, BABYSHAMBLES.

Joe:
THE LIBERTINES sind besser.

Marc: Als ich Teenager war, war er mein Held, ich konnte nicht genug davon kriegen.

Ist er gut, obwohl er Drogen nimmt, oder deswegen?

Joe:
Jeder ist besser, wenn er keine Drogen nimmt. Man verlässt sich auf Chemie, um weniger Verantwortung für sein eigenes Handeln und die Welt zu übernehmen. Er ist heroinabhängig, armer Bastard. Aber er ist deshalb kein besserer Musiker oder Poet, das trifft auf niemanden zu. Das Konzept geht nicht auf. Die denken, dass sie Drogen nehmen müssen, um sich freier zu fühlen. Um frei zu sein, darf man nicht abhängig von Drogen sein. Auf der Bühne sind wir nüchtern am besten.

Marc: Er würde auch bessere Entscheidungen treffen und schneller voranschreiten können, als er es jetzt tut.

Joe: Das Schlimme bei Crack und Heroin ist, dass es dich als Person so bricht und du dich dann ohne Drogen weniger wert fühlst. Es gibt Musiker, die es zur psychedelischen Bewusstseinsveränderung nutzen wollen. Tragisch, wirklich. Ich habe Mitleid mit allen Abhängigen, Drogen zerstören dich. Pete halte ich für ein Genie, auch schon, als er noch jünger war. Ihm gehen die Worte offenbar so einfach von den Lippen, das bewundere ich.