MOVEMENTS

Foto© by Vincent Grundke

Gleicheit und Respekt

Nach dem Hype um ihr Debütalbum legen MOVEMENTS aus Kalifornien am 18.09.2020 ihre zweite Platte „No Good Left To Give“ nach – eine gelungene Scheibe irgendwo zwischen Indie, Post-Rock und Pop-Punk. Mit Sänger Patrick Miranda sprechen wir über die Entwicklung seiner Band und die Rolle von Frauen sowie People of Color in der Musikbranche. Einen Teil ihrer Erlöse spenden MOVEMENTS nämlich an The Solution Project. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr im Interview.

Ihr habt MOVEMENTS 2015 gegründet und sehr schnell einen Hype um eure Band und vor allem das erste Album „Feel Something“ erfahren. Wie ging es in den letzten zwei Jahren weiter?

Wir hatten eine großartige Zeit, lässt man 2020 und die Pandemie außen vor. Die ersten Jahre mit der Band waren wie ein Wirbelwind. Man hatte uns ins tiefe Wasser geworfen mit den Worten: Schwimmt doch! In den letzten beiden Jahren, als der große Sturm vorbei war, haben wir hart gearbeitet und uns voll und ganz auf das zweite Album konzentriert. 2019 war das erste Jahr für MOVEMENTS, in dem wir mehr Zeit daheim als auf Tour verbracht haben. Das war eine nette Pause, aber ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher, als wieder auf der Bühne zu stehen.

Schaut man sich in den sozialen Netzwerken um, scheinen die Leute sehr erwartungsvoll eurer neuen Platte entgegenzufiebern. Verspürt ihr deswegen Druck?
Tonnenweise. Aber das liegt weniger an dem Erfolg unseres ersten Albums als an meinem Charakter. Ich bin immer aufgeregt, bevor wir unsere Musik anderen Leuten vorstellen. Diesmal bin ich mir aber relativ sicher, dass unsere neue Platte ihren Vorgänger in jeder Hinsicht überbieten wird. Ich selber habe wertvolle Erfahrungen gemacht, gelernt, wer ich wirklich bin, wen ich liebe und was es bedeutet, ein besserer Mensch zu sein. Die Sachen, die mich im Alter von 19 Jahren genervt haben, stören mich heute nicht mehr, ich habe gelernt, die Dinge, Personen und Orte um mich herum wertzuschätzen. Die zunehmende Selbstsicherheit hat sich auch im Songwriting niedergeschlagen. Ich kann mich textlich besser ausdrücken und das Gesamtkonstrukt Band funktioniert viel reibungsloser: Jeder kennt seine Stärken und bringt sie bestmöglich ein.

Dann lass uns einen Blick auf „No Good Left To Give“ werfen. Im Fokus stehen wieder düstere Themen wie Depressionen.
Das ganze Album dreht sich um Verlust, Leere, Einsamkeit. Der Titel stammt aus einem Gedicht, das ich geschrieben habe, und fasst den Inhalt sehr gut zusammen. Wir haben einfach über Themen geschrieben, die uns nahe liegen. Das Thema Depression ist mir aus eigener Erfahrung wichtig, aber es sind nicht zwingend bestimmte Situationen oder Personen, die uns inspirieren. Ja, man könnte sagen, dass es unser düsterstes Album ist. Aber rein musikalisch finde ich, dass wir noch nie Musik geschrieben haben, die großartiger klang.

Der Song „Skin to skin“ fällt dabei etwas aus dem Raster ...
Ja, und genau deswegen ist er mein Favorit des Albums. Er ist sehr catchy, tanzbar und verspielt. Inhaltlich zeigt er eine ganz andere Facette: Seit der Highschool mache ich Scherze darüber, dass sich die erfolgreichsten Songs um Sex drehen – jetzt haben wir auch so einen geschrieben.

Du sagtest mal, dass du dir von euren Fans erhoffst, sie würden mit euch wachsen. Gibt es Bands, mit denen du selber mitgewachsen bist?
Da fällt mir TITLE FIGHT ein. Es klingt wie ein Klischee, aber als jemand, der von der ersten Minute an Fan ist, kann ich sagen, dass ich durch diese Band sehr gewachsen bin. Wie sich ihr Sound von rohem Punk zu einem vielschichtigen, atmosphärischen, grungy Vibe entwickelte, ist inspirierend. Auch wenn unser Style ein ganz anderer ist, hoffe ich, dass unsere Fans trotzdem eine Liebe dafür entwickeln.

Ihr habt angekündigt, einen Teil der Erlöse eures neuen Albums an The Solution Project zu spenden, eine Organisation, die Unternehmen unterstützt, die sich im Kampf gegen den Klimawandel einsetzen sowie Frauen oder People of Color in Führungspositionen haben. Wie erlebt ihr das Thema Gleichberechtigung in eurem direkten Umfeld als Musiker?
Die Musikindustrie war immer extrem sexistisch. Frauen werden in unserer Branche zu Objekten gemacht, nicht ernst genommen und einfach ignoriert. Das Gleiche kann man über People of Color sagen. Mir wurde tatsächlich mal von einem hohen Tier der Branche gesagt: „Keine Sorge, deine Band hat gute Erfolgschancen, ihr seid alle gutaussehend und weiß.“ Es ist furchtbar zu denken, dass MOVEMENTS einen Vorteil haben, nur weil unter den Bandmitgliedern keine People of Color sind. Da sieht man die Privilegien weißer Menschen in Aktion – und das müssen wir unbedingt ändern! Ich habe zwar schon das Gefühl, dass langsam ein Umdenken beginnt, aber es braucht einen viel schnelleren Wandel. Daran müssen wir alle arbeiten.

Was sollten wir tun, um Gleichberechtigung und Umweltschutz zu fördern?
Informiert euch über lokale Bündnisse und Orga­nisationen und engagiert euch. Spendet nicht nur Geld, sondern auch Zeit, indem ihr eure ehrenamtliche Unterstützung anbietet. Es gibt überall etwas zu tun. Und nutzt eure Online-Kanäle, aber auch Offline-Kontakte, um Aufmerksamkeit auf die Missstände unserer Zeit zu lenken. Es ist 2020 und unsere Welt ist in Aufruhr, da ist buchstäblich alles besser als Zuschauen.

Welches Verhalten erwartet ihr diesbezüglich von euren Fans?
MOVEMENTS stehen für Gleichheit und Respekt. Wir glauben an Black Lives Matter. Wir glauben an Frauenrechte. Wir glauben an die Rechte von Transgender. Wir glauben an einen Kampf gegen den Klimawandel. Und, besonders wichtig, wir glauben, wenn du dazu eine andere Meinung hast, dass du unsere Musik nicht hören und dich erst recht nicht unser Fan nennen solltest. Wenn du mit den oben genannten Punkten nicht einverstanden bist, dann brauchen und wollen wir dich nicht.