PRESS CLUB

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Mehr Energie

Mit dem bitter-süßen Kracher „Wasted Energy“ haben die vier Australier gerade ihr zweites Album rausgebracht und touren auch gleich zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate durch Europa. Über Touren, DIY, Zufälle, Entwicklungen und unangenehme Erfahrungen spricht Frontfrau Natalie Foster.

Natalie, ihr seid nun zum zweiten Mal in kurzer Zeit in Europa unterwegs. Was bedeutet euch das?


Bei der ersten Tour waren wir einfach überwältigt davon, wie gut das Feedback war, und dass wirklich viele Leute zu unseren Konzerten gekommen sind, haha. Und jetzt sind wir tatsächlich schon wieder da, das ist einfach großartig. Nach wenigen Monaten schon wieder hierher zurückzukommen, fühlt sich exotisch an.

Siehst du irgendwo Unterschiede zwischen euren europäischen und den australischen Shows?

Ja, schon. Ich habe das Gefühl, hier werden wir irgendwie mehr gewürdigt. Vielleicht, weil wir von so weit hergekommen sind? Die Leute sind auch ein wenig lockerer und können eine Sache anscheinend eher genießen. Nicht dass es das in Australien gar nicht gäbe, wir haben dort auch ein unglaubliches Publikum. Bei allen Unterschieden gibt es eben doch auch ein paar Ähnlichkeiten. Aber All-Ages-Shows in Australien zu buchen, das ist zum Beispiel leider enorm viel schwieriger.

Habt ihr euer eigenes Equipment aus Australien mitgebracht?

Gitarren, Bässe und Pedalboards haben wir schon mitgebracht, den Rest leihen wir uns aus logistischen Gründen vor Ort aus.

An Merch habt ihr auch einiges dabei. Viele dieser Sachen wurden von dir selbst gestaltet.

Ich bin gelernte Grafikdesignerin, ich liebe es einfach, diese Dinge zu machen. Unser Merch und auch unser Coverartwork. Es ist so krass, Leute zu sehen, die von dir gestaltete Sachen anhaben. Die mehrfarbige Splatter-Vinyl-Edition zu gestalten, war aber auch ein großer Spaß. Sie ist so schön geworden!

Bisher habt ihr ja auch sonst nahezu alles selbst gemacht. Hat sich daran nach eurem Deal mit einem europäischen Label etwas geändert?

Nicht so sehr, nein. Wir machen noch immer eine Menge Dinge selbst, treffen unsere eigenen Entscheidungen. Wir sind diesbezüglich wirklich in einer günstigen Position, weil wir da unsere verschiedenen Ausbildungen voll ausspielen können. Ich bin Grafikdesignerin, unser Gitarrist Greg Rietwyk ist Toningenieur. Jetzt ein tolles Label in Europa zu haben, ermöglicht uns darüber hinaus, in Gegenden zu touren, die wir sonst nie zu Gesicht bekommen hätten.

Wie habt ihr als Band zusammengefunden? Das hört sich ja nach der perfekten Mischung an.

Unseren Bassisten Iain Macrae habe ich in einem Musikgeschäft getroffen und Greg habe ich durch meine Mitbewohner in Melbourne kennen gelernt. Frank Lees, unser Drummer, ist mit Iain zur Schule gegangen. Wir haben uns nach und nach gefunden und es hat einfach alles gepasst. Dass wir neben unseren musikalischen Ambitionen noch sich sehr gut ergänzende Talente haben, war uns gar nicht bewusst, haha. Wir haben uns einfach alle für Musik interessiert und so kam eins zum anderen.

Wo hat sich das inzwischen hin entwickelt? „Wasted Energy“ scheint textlich gesehen ja einen etwas desillusionierten Touch zu haben.

Auf unserem ersten Album „Late Teens“ habe ich alles ein bisschen vage gelassen, jetzt wollte ich die Dinge direkter sagen. Es steckt einfach mehr Sinn und Bedeutung dahinter. So etwas entwickelt sich vielleicht erst im Laufe der Zeit.

Siehst du darin den Hauptunterschied zwischen euren beiden Alben?

Das erste Album war einfach auch in Sachen Recording viel roher und ungeschliffener. Wir haben inzwischen eine genauere Vorstellung davon entwickelt, wer wir sind und was wir wollen. Sowohl in puncto Aufnahmen als auch auf unser Songwriting bezogen. Aber einige Dinge sind auch gleich geblieben. Wir nehmen noch immer alles live auf, inklusive meiner Vocals, mit wenigen Takes. Wir sind nur eine Stufe höher geklettert, weil wir jetzt von Beginn an wissen, wohin die Reise gehen soll.

Also habt ihr euch davon verabschiedet, Unmengen an Songs aufzunehmen, aus denen am Ende knapp ein Dutzend ausgewählt werden muss?

Noch nicht ganz. Es gab zwar nicht mehr so viele Tracks wie für „Late Teens“, aber immer noch etwa dreißig, die wir dann auf zwölf runtergebrochen haben. Nur das Beste vom Besten, haha.

Werden wir den Rest irgendwann mal zu Hören bekommen? Das schreit ja nach einer Rarities-Kompilation.

Keine Ahnung, vielleicht werden wir irgendwann wieder darauf zurückkommen. Wäre eigentlich auch cool.

Würdest du „Wasted Energy“ als ein persönliches Album bezeichnen?

Hm, lass mich nachdenken. Jaaaa, schon. Es ist sehr emotional aufgeladen, außerdem sind auch viele Songs dabei, die direkt an bestimmte Personen gerichtet sind. Das ist schon sehr persönlich.

„Thinking about you“ richtet sich beispielsweise direkt an deinen Stalker.

Das war eine sehr unangenehme Erfahrung, die ... zu lange gedauert hat. In jüngster Zeit ist es ruhig geblieben, das ist schon mal gut, aber wenn dich jemand ständig mitten in der Nacht anruft und dir sagt, dass er an dich denkt – das war schon eine sehr beängstigende Zeit.

Aber dir geht es wieder gut? Deine Lyrics haben ja schon irgendwie Anlass zur Sorge gegeben ...

Ja, ich bin soweit okay, haha. Musik und Touren helfen.

Dieses Jahr seid ihr unter anderem auch Teil des Aussie BBQ-Line-ups, einer Veranstaltung von Sounds Australia, in der Aushängeschilder australischer Musik vorgestellt werden.

Sounds Australia ist ein Zusammenschluss aus staatlichen Organisationen zur Musikförderung und verschiedenen Musikinstitutionen. Von ihnen ausgewählt worden zu sein, ist schon sehr schmeichelhaft. Es sind immer wieder großartige Künstler mit dabei und es macht einen Riesenspaß, die anderen zu treffen und Teil davon sein zu dürfen. Außerdem können wir unsere Musik dadurch vor Leuten spielen, die sonst nie auch nur annähernd mit uns in Berührung gekommen wären. Das ist schon eine besondere Herausforderung.

Erhofft ihr euch davon auch ein breiter aufgestelltes Publikum?

Ich halte meine Erwartungen gerne niedrig, haha. Ich glaube, wir haben diesbezüglich noch einen weiten Weg zu gehen. Außerdem haben wir in einigen Orten auch erst vor ein paar Monaten gespielt. Hoffentlich kommen einfach ein paar gute Leute zu den Shows, kaufen ein paar Alben, reden ein wenig mit uns und genießen unsere Musik. Vielleicht finden wir auch ein paar neue Freunde. Damit wären wir schon vollkommen zufrieden. Ich bin einfach wahnsinnig stolz auf dieses Album und wäre noch glücklicher, wenn sich andere genauso dafür begeistern könnten.

 


Under the influence

Wer sich fragt, warum sich der PRESS CLUB-Sound gar nicht so leicht festnageln lässt, wird gleich wissen warum. Ein Flickenteppich an Vorbildern, Namedropping deluxe, grob in Genres kategorisiert (streitbar, aber übersichtlicher), zusammengetragen aus diversen Interviews mit sämtlichen Bandmitgliedern.

Funk: Motown Records, Barrington Levy

Britpop: OASIS

Hardrock/Metal: ANTHRAX, DIO, BLUE ÖYSTER CULT, THIN LIZZY, KISS, CHEAP TRICK

Wave: THE NERVES, DEVO

Rock: VIOLENT SOHO, PRIMAL SCREAM, SHEER MAG, David Bowie, THE WHO, PIXIES, THE SMITHS, FLAMIN’ GROOVIES

Reggae: Peter Tosh

(Post-)Punk: BUZZCOCKS, THE RUTS, HÜSKER DÜ, MISFITS, REPLACEMENTS, WEEZER, WIPERS, THE FALL, OBLIVIANS, ROYAL HEADACHE, BAD BRAINS

Anke Kalau