PROPER.

Foto© by Milla Belanich

Kein Fänger im Roggen

Der große amerikanische Roman ist ein fester Bestandteil der Literatur und damit auch der Kultur der USA. Welcher Blickwinkel dort aber fehlt, erklärt uns Sänger und Gitarrist Erik der New Yorker Band PROPER.

Euer Album heißt „The Great American Novel“ – inwiefern wird das Album durch diesen Titel repräsentiert?

Das gesamte Album ist eine Dekonstruktion dieses Konzepts. Ich wollte eigentlich meinen eigenen großen amerikanischen Roman schreiben, aber ich habe nicht die Geduld, die es braucht, um ein ganzes Buch zu schreiben. Ich wollte absichtlich die üblichen Themen einfließen lassen, die man dort findet: ein amerikanischer Mann, der vom Glück verlassen ist und versucht, es zu schaffen, aber schließlich sollte jemand anders als die üblichen Holden Caulfields oder Tony Sopranos im Mittelpunkt stehen.

Eines der Merkmale des großen amerikanischen Romans ist die Auseinandersetzung mit den Fragen des Nationalcharakters Amerikas – ein ziemlich ehrgeiziges Unterfangen.
Amerika ist völlig charakterlos. Ich habe mich bewusst bemüht, das so oft wie möglich in diesem Album zu sagen. Es ist frustrierend, das „reichste Land der Welt“ zu sein, und trotzdem bei grundlegenden Menschenrechten wie bezahltem Mutterschaftsurlaub und Gesundheitsfürsorge so schlecht dazustehen. Nachdem ich drei oder vier einmalige Ereignisse miterlebt habe, wurde mir sonnenklar, dass Amerika nie großartig war und auch nie großartig sein wird.

Die meisten der großen amerikanischen Romane wurden von weißen Männern geschrieben. Hast du das Gefühl, dass all diesen Geschichten eine bestimmte Sichtweise fehlt? Wie kann ein Roman oder ein Album, eigentlich jedes Kunstwerk, repräsentativ für ein so großes und vielfältiges Land wie die USA sein?
Ich habe es einfach satt, immer wieder die gleichen wohlhabenden weißen Männer zu sehen, die vom Leben enttäuscht sind. Das gilt auch für berühmte Autoren, nicht nur für ihre Figuren. Ich will einfach nicht mehr hören, wie ein reiches Privatschulkind poetisch von irgendetwas schwärmt. Das Album ist unser Versuch, endlich etwas Vielfalt in dieses Genre zu bringen, vor allem da es in einem Land entstanden ist, das von sich behauptet, ein Schmelztiegel der Kulturen und Identitäten zu sein.