PUP

Foto© by Vanessa Heins

Unternehmenskultur

Eingesperrt in eine gespenstische Villa haben die Kanadier ihr neues Album „The Unraveling Of Puptheband“ aufgenommen – und das klingt so abgedreht, wie man vermuten würde. Über Zoom erklärt uns Sänger Stefan, warum aus PUP, der Band plötzlich PUP, das Unternehmen geworden ist, und er verrät, warum das Warten auf ein PUP-Liebeslied vergebens ist.

Ihr habt euer neues Album „The Unraveling Of Puptheband“ genannt – das klingt fast so, als würdet ihr ein ganz neues Kapitel als Band aufschlagen, denn der Titel klingt irgendwie dramatisch.

Wir sind die Meister der dramatischen Titel. Unsere letzte EP hieß „This Place Sucks Ass“, also ... ja, es fühlt sich wirklich wie ein neues Kapitel an. Ich bin aufgeregt.

Und warum heißt es „The Unraveling Of Puptheband“?
Wir haben die Platte in diesem großen alten Haus aufgenommen. Wir waren dort fünf Wochen lang zusammen und haben es nicht verlassen, außer um Lebensmittel einzukaufen, und wir haben sozusagen rund um die Uhr an der Platte gearbeitet. Im Laufe der Wochen begannen wir, ein wenig aus den Fugen zu geraten. Es ist viel, so viel Zeit mit Leuten zu verbringen, die man liebt, aber auch hasst. Wir arbeiten kreativ zusammen und wir respektieren uns alle sehr, aber wir brauchen auch einfach Abstand voneinander und wollen uns auch mal gegenseitig umbringen. Ich glaube, die Songs wurden mit der Zeit immer verrückter. Wir fingen an, Stücke aufzunehmen, weil wir sie lustig fanden, oder es gab Ideen, bei denen wir dachten: Oh, das ist zu dumm, um es nicht zu tun. Es fühlte sich an, als würde die ganze Band völlig durchdrehen.

Die Themen des Albums sind ziemlich düster, deprimierend, fast hoffnungslos – liegt das an der Pandemie?
Nein, haha.

Also einfach am Leben im Allgemeinen.
Ja, ich meine, ich schreibe Songs normalerweise aus einer ziemlich negativen Haltung heraus. Ich bin kein so negativer Mensch, aber wenn ich mich traurig, wütend oder aufgeregt fühle – das sind die Momente, in denen ich inspiriert bin. Ich benutze es als eine Art Katharsis, um mir das von der Seele zu schreiben. Ehrlich gesagt war das schon immer so, aber ich glaube auch, dass wir uns als Band nicht zu ernst nehmen, und so ist es für mich ein großes Ziel, den ganzen dunklen Scheiß aus mir herauszuholen und ihn dann auf eine Art und Weise in die Welt hinauszutragen, die irgendwie Spaß macht und albern ist. Es macht so viel Spaß, mit meinen drei besten Freunden Musik zu machen,, selbst wenn ein Song von einem wirklich dunklen Punkt ausgeht, denke ich, er klingt am Ende ziemlich energiegeladen und lustig. Ich versuche einfach, etwas Negatives in etwas Positives für mich zu verwandeln.

Hilft ein Album dir dabei, diese Gefühle loszulassen, so dass du am Ende vielleicht etwas hoffnungsvoller bist?
Ja, so geht es mir normalerweise immer beim Songschreiben. Ich schreibe selten einen Track, um ein Gefühl oder was auch immer zu beschreiben. Normalerweise fange ich an zu schreiben, weil etwas mit mir nicht stimmt und ich nicht weiß, was es ist. Ich versuche, es herauszufinden, während ich arbeite. Das Schrei­ben von Songs und das Spielen in einer Band waren eine wirklich positive Erfahrung für mich und für meine geistige Gesundheit. Ich meine fast, dass es eine Form der Therapie ist.

„Robot writes a love song“ hat ein ungewöhnliches Thema und eine ungewöhnliche Perspektive. Warum sollte ausgerechnet ein Roboter ein Liebeslied schreiben?
Ich wollte sehen, ob ich ein normales Liebeslied schreiben kann, denn ich glaube, das habe ich noch nie getan. Und die Antwort auf diese Frage ist nein. Ich habe wirklich versucht, ein aufrichtiges Liebeslied zu schreiben, und es klang nur gekünstelt. Es klang einfach nicht nach mir. Wir haben ein paar andere Songs auf älteren Platten, die vielleicht Liebeslieder sind, doch es sind immer welche mit einem Augenzwinkern. Aber bei „Robot writes a love song“ habe ich einfach nur versucht, ein richtiges Liebeslied zu schreiben, und es klang einfach nur beschissen, bis ich die Perspektive geändert habe, und dann fand ich es einfach nur noch lustig, und ich konnte all die beschissenen Klischees unterbringen, die ich verwenden wollte, aber mit einem roboterhaften Twist. Es hat mir Spaß gemacht, diesen Song zu schreiben, aber ich glaube, Humor ist auch ein Stilmittel, das ich oft benutze. Daran arbeite ich – ich würde gerne mal ein wirklich gutes, aufrichtiges Liebeslied schreiben können, aber das ist mir noch nicht möglich.

Ich fand auch euer Video zur Ankündigung des Albums lustig. Es hatte etwas von „graphic design is my passion“. Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege, aber ihr scheint euch über „Sellouts“ oder Firmen lustig zu machen, die aus Bands etwas machen wollen, was sie nicht sind.
Viele der Themen auf dieser Platte handeln von PUP als Unternehmen, einfach wegen der Tatsache, dass wir als vier Freunde angefangen haben, die im Keller ihr Bier getrunken haben, und jetzt sind wir plötzlich vier Freunde, die im Keller Bier trinken, aber auch darüber diskutieren, welche Unternehmensversicherungen wir abschließen sollten. Ich finde das irgendwie witzig, und wir haben uns so weit wie möglich daran orientiert. Ich denke, dass es für viele Bands an diesem Punkt ihrer Karriere sehr schwierig sein kann, weil es das erste Mal ist, dass es um echtes Geld geht, und dieses Zusammentreffen von Kunst und Nullen – das kann ziemlich hässlich werden. Wir sind damit so umgegangen, wie wir es bei jeder Sache tun, nämlich indem wir einen großen Witz daraus gemacht haben und es auf die Schippe nehmen. Es gibt viele Anspielungen auf diese Art von Dingen auf dem Album – darüber, dass wir ein Unternehmen sind und unsere Seelen an den Teufel verkaufen. Man muss das irgendwie anerkennen, wenn man in der Situation ist, in der wir uns befinden. Wir geben es einfach zu, lachen darüber und machen weiter.