Foto

BRONX

VI

Wenn beim Weltuntergang Los Angeles die einzige noch von Menschen bewohnte Stadt wäre, es unser aller letzter Abend sein würde, sollten die Songs von THE BRONXs sechstem Album das letzte sein, was wir hören. Vielleicht wird dann am Ende sogar alles gut. Nach zwei Single-, Demo- und Raritätenveröffentlichungen, ein paar fantastischen Alben mit ihrer zweiten Persönlichkeit MARIACHI EL BRONX melden sich die Retter des Punkrock mit einem Augenzwinkern und gehobenen Fäusten zurück. Wer behauptet, dass diese Band jemals stillsteht oder dass es hier jemals an Ideen mangeln könnte, ist ein Lügner und kann jetzt gehen. Dafür ist das, was mit „White Shadow“ und seinen TUBRONEGRO-meets-VAN HALEN-Referenzen beginnt und nach knapp 36 Minuten sowie elf viel zu guten Song schon viel zu schnell zu Ende ist, einfach zu gut. Typisch BRONX halt! Wobei man das ja grundsätzlich gar nicht sagen kann. Typisch BRONX gibt es einfach nicht. Oder ist es diese Spielfreude, die verschmitzten Texte und dieses grundsympathische Auftreten der fünf Punkrocker, die in „Mexican summer“ zum ersten Mal ganz offensichtlich die Grenzen zu ihrem Alter Ego MARIACHI EL BRONX haben verschwimmen lassen? Vielleicht ist es aber auch dieses authentisch und gleichzeitig enorm aufregende hinter den Mannen um Sänger Matt, das hier das Gefühl aufkommen lässt, dass Tollwut und Spielfreude die beste Mischung sein kann. Schön ist auch, dass mit „VI“ ein Album entstanden ist, dass die Lebensfreude Pre-Covid transportiert, schließlich hätten wir es ja eigentlich schon vor einem Jahr gemeinsam abfeiern sollen. So sind die elf Songs jetzt der Tropfen, der das Fass der Vorfreude auf Livemusik und echte Energie fernab von Streams oder Sitzkonzerten, zum Überlaufen bringt. Man merkt den Amerikanern an, dass hier eine weitere Stufe der eigenen Entwicklung erklommen wurde. Jedes Mal nämlich, wenn Eddie Van Halen wahrscheinlich anerkennend im Grab nickt, wie zum Beispiel in „Jack of all trades“, dem ultraguten „Watering the well“ oder dem endgültigen „Participation trophy“. Auch inhaltlich bleibt man sich treu und macht doch gleichzeitig enorm viel anders. Obwohl bereits im Jahr 2019 geschrieben, greifen THE BRONX auf „VI“ auch die Themen auf, die es erst im letzten Jahr wieder in die Schlagzeilen geschafft haben. Wenn es jetzt also unser letzter Abend auf diesem Erdball, den wir ja wie selbstverständlich einfach nur kaputt produzieren und konsumieren, ansteht, hätte ich gerne einen Platz in der ersten Reihe zum letzten Konzert, das nochmal alles aus uns herausholt. THE BRONX werden mit „VI“ zu den Lebensrettern des Punkrock, soviel steht verdammt mal fest! Und wenn dann in zwei Jahren das nächste MARIACHI EL BRONX-Album ansteht, sprechen wir auch noch mal über die Vorbands des Apokalypsenkonzerts.