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BLACKBERRIES

Vorwärts Rückwärts

Ein Großteil der Songs fürs neue BLACKBERRIES-Album ist schon was älter, nicht zuletzt die Pandemie hat die Arbeiten an „Vorwärts Rückwärts“ immer wieder verzögert, der Release wurde immer wieder verschoben. Darin kann natürlich auch eine Chance liegen, denn umso mehr können dann die Aufnahmen verfeinert und getweakt werden. Dabei hat sich das Solinger Quartett zum Glück nicht verzettelt, sondern mit geschickten Produktionskniffen das ohnehin schon bestechend attraktive Songmaterial immer weiter mit zusätzlichen Feinheiten ergänzen können. Eingespielt wurde das Album live im Energiekreis Zuckerhut Studio, und gleich der Opener „Modern musketeer“ zeigt die Band als gewiefte Performer, denn der Song entwickelte sich spontan aus einem Jam heraus. „After the war“, musikalisch womöglich der eingängigste Track, wird mit dem ungeplant zeitgemäßen Text geerdet, während „Time to move on“ sich mit Mellotron-Schüben als eher düstere Nummer auf den Spuren der späten ZOMBIES präsentiert. „Rückwärts“, einer der beiden Titeltracks und längste Nummer, nimmt sich Zeit zum Entwickeln, aber keine Minute ist vergebens, denn die instrumentale Performance trägt, auch bei längeren Solopassagen, zur Dynamik bei. Heimlicher Hit der Scheibe ist vermutlich „Double walker“, eine verträumte Pop-Psych-Nummer mit akzentuiertem E-Piano-Riff und überraschenden Harmonien. Julian, Joscha, Janis und Thomas gelingt es, dem Album auf gesamter Distanz einen Spannungsbogen zu verpassen, sie verlieren dabei ihren roten Faden nicht aus den Augen, und ihre musikalische/songschreiberische Finesse ist allemal beachtlich.