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RICHIES

Why Lie? Need A Beer!

Bestimmte Releases katapultieren einen ganz weit zurück – in diesem Fall nach Mitte der Neunziger: Ich war noch halbwegs gewillt mein Studium zu beenden, das Ox lief ganz ordentlich wegen der boomenden Punk-Szene, und im Nebenjob machte ich Promo für das damals sehr aktive deutsche Punk- und Hardcore-Label We Bite. Und damit war ich auch für das neue, vierte Album der RICHIES zuständig, die von quasi nebenan kamen, aus Duisburg, eine halbe Stunde von Essen. Die RICHIES wiederum kannte ich seit einer der ersten Ox-Ausgaben, als mir Frank Herbst (damals Your Chance, später Plastic Bomb, heute crazyunited.de) deren von ihm veröffentlichte Debüt-7“ „Fish Licence“ zuschickte. Damals, in den Neunzigern, war die CD das Medium der Stunde, Vinyl fast tot, das Internet noch was für Nerds, und CDs ließen sich in relevanten Tausender-Stückzahlen verkaufen, so dass Labels wie We Bite 1995 sogar das Geld hatten, einer Band Studioaufenthalte zu bezahlen und sogar der Flüge dorthin –in diesem Fall nach Tucson, Arizona in den USA, wohin RICHIES-Sänger Axel amouröse Verbindungen hatte. Praktischerweise hatte dort der legendäre Produzent Jim Waters sein Studio (die Story dazu gibt es an anderer Stelle in dieser Ausgabe), und Sulle, Peter und Axel machten sich dorthin auf in ihren schwarzen Lederjacken und Chucks – was mehr Legende als Realität ist, aber die Band wurde damals als „German RAMONES“ gehandelt, was sich musikalisch auch auf diesem Album noch nachvollziehen lässt. Dabei waren auch zig andere Einflüsse vorhanden, dokumentiert durch diverse Coversongs (hier: „Hanging on the telephone“ von ... genau, Jack Lee und „Rocky Mountain high“ von John Denver), wobei der fast größere Einfluss die BEACH BOYS waren, die von allen drei songwriterisch aktiven Musikern vergöttert wurden – was wiederum von der Punk-Community jener Zeit nicht so ganz verstanden wurde. Stramme 18 Songs nahmen die RICHIES damals in den USA auf, der Sound könnte für heutige Verhältnisse etwas krisper sein, aber wirkt durchaus nicht „angegraut“, und ich bin wie damals verblüfft, was für grandiose Pop-Punk-Perlen die damals rausgehauen haben, siehe etwa „Best girl out“, „Grey eyes“ oder „(And) I don’t know what I’m feeling“ – auf dem Niveau lieferten damals eigentlich nur PSYCHOTIC YOUTH aus Schweden ab. Auch 25 Jahre später ist dieses famose, fast etwas verkannte Album die (Wieder-)Entdeckung wert. Gibt es in blauem oder rotem Vinyl (erstmals, damals nur CD) nebst Reproduktion des Originalcovers. Textblatt liegt bei, die Linernotes ... gibt’s in diesem Ox.